Als einem der prägenden Dirigenten Berlins sollte ihm ein bleibendes Gedenken sicher sein.
von Peter Sommeregger
Der 21. April dieses Jahres ist der 150. Geburtstag des Dirigenten und Komponisten Leo Blech. Aus diesem Anlass soll an dieser Stelle einmal mehr an seine große Bedeutung für das Berliner Musikleben des vergangenen Jahrhunderts erinnert werden. Kaum eine andere Musikerbiographie des 20. Jahrhunderts kennt so viele Höhen und Tiefen, während der Nazi-Diktatur musste Blech sogar um sein Leben fürchten.
Aber der Reihe nach: Leo Blech wird 1871 in Aachen als Sohn eines Bürstenfabrikanten geboren. Früh zeigt sich sein musikalisches Talent und bereits mit sieben Jahren hat er seinen ersten öffentlichen Auftritt. Mit Anfang zwanzig wird er nach kurzem Studium in Berlin in seiner Heimatstadt zweiter, bald schon erster Kapellmeister und führt dort mit zweiundzwanzig Jahren seine erste Oper „Aglaja“ auf. Privat studiert er weiter bei Engelbert Humperdinck.
Im Jahr 1899 tritt er ein Engagement am Deutschen Theater in Prag an. Dort erarbeitet er sich ein breites Repertoire, leitet auch einige Uraufführungen. 1906 ruft man ihn an die Berliner Hofoper, zu deren Generalmusikdirektor man ihn 1913 auf Lebenszeit ernennt. Nach Differenzen mit dem Intendanten Max von Schillings verließ Blech vorübergehend das Haus, wurde zwischenzeitlich Chef am Deutschen Opernhaus in Charlottenburg, danach leitete er die Große Berliner Volksoper, ehe er 1926 an sein Stammhaus zurückkehrte.
Ab 1933 wurde die Situation für Leo Blech wegen seiner jüdischen Herkunft problematisch. Inzwischen hatte er aber eine derartige Wichtigkeit für die Staatsoper erlangt, dass es dem Generalintendanten Heinz Tietjen gelang, ihn bis 1937 in seinem Amt zu halten. Über die Jahre hatte Blech an dem Haus über 2800 Vorstellungen dirigiert.
Blech emigrierte mit seiner Frau Martha, einer Opernsängerin, die er während seiner Prager Zeit geheiratet hatte, zunächst nach Riga, wo er bis 1941 als Gastdirigent wirkte. Als deutsche Truppen 1941 Riga besetzten, geriet das Ehepaar Blech in höchste Gefahr in das Rigaer Ghetto deportiert zu werden, was den sicheren Tod bedeutet hätte.
Durch die Hilfe Heinz Tietjens wurden die Blechs in einer Nacht-und-Nebel-Aktion über Berlin und Saßnitz ins sichere Schweden transportiert. Dort wurde Blech an der Königlichen Hofoper, an der er auch schon in Friedenszeiten gastiert hatte, eine reiche Alterskarriere ermöglicht.
Bald nach Kriegsende zog es Blech zurück nach Berlin, nach dem Scheitern erster Versuche holte ihn 1949 Heinz Tietjen als Generalmusikdirektor der Städtischen Oper Charlottenburg endgültig nach Berlin zurück. Sein auf Versöhnung und Verzeihung ausgerichtetes Verhalten und sein treffsicherer Humor machten ihn erneut zu einer zentralen Figur des Berliner Musiklebens der schwierigen Nachkriegszeit. Erst 1953 gab er diese Tätigkeit auf und lebte bis zu seinem Tod 1958 in Berlin.
Neben seiner Dirigententätigkeit hatte sich Blech auch als Komponist einen Namen gemacht. Er schrieb mehrere Opern, seine erfolgreichste „Versiegelt“ wurde sogar an der Metropolitan Opera in New York gespielt.
Das Land Berlin widmete Blech nach seinem Tod ein Ehrengrab auf dem Friedhof Heerstraße in Charlottenburg, im Jahr 2013 wurde das Grab aber neu belegt, weil der Status des Ehrengrabes nicht verlängert worden war. Eine Initiative mehrerer Musikjournalisten, darunter der Autor dieses Artikels, nahm dies zum Anlass, zu seiner „Ehrenrettung“ eine Monographie in der Reihe „Jüdische Miniaturen“ zu veröffentlichen und bei verschiedenen Veranstaltungen an ihn zu erinnern. Unweit seiner Grabstelle wurde der ursprüngliche Grabstein als Gedenkstein wieder aufgestellt. Als einem der prägenden Dirigenten Berlins sollte ihm ein bleibendes Gedenken sicher sein.
Peter Sommeregger, 21. April 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at