Staatstheater Gärtnerplatz 2025/26: „Mit Leidenschaften ist nicht zu spaßen“

Spielzeit 2025/26 „Mit Leidenschaften ist nicht zu spaßen“  Staatstheater Gärtnerplatz, München, 9. Mai 2025

Foto:  Sophie Rennert (Carmen) und Flamencotänzerinnen © Markus Tordik

Doderer, Johann Strauss, Borodin, Lehár, Verdi, von Einem sind die Komponisten und die Komponistin der Opern und eines Ballettmärchens der Premieren in der Spielzeit 2025/26 des Gärtnerplatztheaters in München. Dazu kommt ein Rock-Ballett. Und: Konzerte in großer und Kammerformation. Und: sogenannte Extras, als da wären gesprochene Oper auf Bayrisch, Sing-a-long. Und: neben dem von Tänzerinnen und Tänzern selbst choreografierten Ballettabend Sparks meine heiß geliebte Dancesoap Minutemate.

Staatstheater Gärtnerplatz, München, 9. Mai 2025

von Frank Heublein

Das Motto der Spielzeit 2025/26 am Gärnterplatztheater heißt
„Mit Leidenschaften ist nicht zu spaßen“ und ist vom Schriftsteller und Theaterautor Luigi Pirandello. Josef E. Köpplinger nennt sich selbst Langzeitintendant, er ist In seiner „hätte mir das nicht träumen lassen“ (O-Ton Köpplinger) vierzehnten Spielzeit am Haus. Sein Auftreten versprüht Energie, die dem Spielzeitmotto gerecht wird. Theater könne die Welt nicht retten, aber bunter machen. Debatte sei wichtig, Buhs müsse man ertragen. Die Woke Bewegung sieht er dann kritisch, wenn diese Meinungen vorschreiben oder gar die Person in Frage stellen würde. Anstatt auf Triggerwarnungen setzt er auf Informiertheit und Verantwortung von uns, seines Publikums.

Köpplinger betont einmal mehr, dass das Gärtnerplatztheater ein Ensembletheater ist. Vierzig feste Sängerinnen und Sänger, vor wenigen Jahren durchs Opernstudio aufgestockt, stemmen ca. 250 Aufführungen, fünf Premieren und neunzehn Wiederaufnahmen. Ja, es kommen Gäste und ja, die Sängerinnen und Sänger sollen und dürfen gastieren, etwa bei den Salzburger Festspielen. Das Ensemble hat nur einige wenige Änderungen. Denn, so Köpplinger, den Emsemblemitgliedern gefällt es am Haus. Mir auch.

Josef E. Köpplinger, Rubén Dubrovsky, Karl Alfred Schreiner © Anna Schnauss

Als musikalisches Zuckerl werden zwischen Vorstellung und den Fragen und Hinweisen der anwesenden Zuschauer aus der anstehenden Premiere von Donizettis Liebestrank das Duett Carlo elisir sei mio und die Tenorarie una furtiva lagrima vorgetragen. Das Orchester unterstützt Sopran Jennifer O’Loughlin als Adina und den jungen Matteo Ivan Rašić als Nemorino. Mehr gespielt als konzertant. Wunderschön gesungen!

Fünf Musiktheater-Premieren stehen an. Hinsichtlich fehlender Musical Premieren verweist Köpplinger auf den Erfolg, das heißt: immer ausverkauften Vorstellungen, bestehender Produktionen und einem Rechtding. Denn bei Les Misérables wird nur ein kürzerer Zeitraum der Spielberechtigung eingeräumt.

LES MISÉRABLES Florian Peters (Marius), Merlin Fargel (Enjolras), Ensemble © Markus Tordik

Die Operettenneuproduktion ist Franz Lehárs Der Graf von Luxemburg. Die musikalische Leitung übernimmt Michael Brandstätter, Regie führt Peter Lund. Ab März 2026. Nur eine? Alles andere Opern? Ich finde, der Mix haut hin, denn da gibt es ja auch noch die Ballettneuproduktionen, die musikalisch aktiv (zum) Strauss beitragen. Später mehr davon.

Die erste Opernpremiere der Saison ist eine Uraufführung. Johanna Doderer komponiert Musik für Turrinis Theaterstück Der tollste Tag. Wer die Geschichte Die Hochzeit des Figaro kennt, kennt den Ausgangspunkt der Geschichte dieses Stücks. Ich bin gespannt, was dem Grafen widerfährt. Im Oktober 2025 werde ich es erfahren. Es dirigiert Michael Brandstätter, Josef E. Köpplinger übernimmt die Inszenierung, seine einzige in der nächsten Spielzeit. Es folgt Fürst Igor von Alexander Borodin im Februar 2026. Die endgültige musikalische Gestalt übernahmen nach dem Tod des Komponisten die beiden Komponistenkollegen Nikolai Rimski-Korsakow und Alexander Glasunow. Die Oper wird in russischer Originalsprache aufgeführt. Ein Kriegsdrama und damit von aktueller Bedeutung. Chefdirigent Rubén Dubrovsky leitet das Orchester, Roland Schwab führt Regie.

Einer der Klassiker, die wie die Faust aufs Auge zum Spielzeitmotto passt, ist La Traviata. Das Spielzeitbuch weist auch jeder Premiere ein Motto zu, hier „Liebe bis der Arzt kommt“. Aufgeführt wird in italienischer Sprache – Amore finché non arriva il dottore (Dank an DeepL) im Mai 2026. Die musikalische Leitung hat Rubén Dubrovsky, Isabel Ostermann inszeniert. Die letzte Premiere im Juli 2026 wird Der Besuch der alten Dame sein. Gottfried von Einem hat Dürrenmatts Stück in Musik gesetzt. Der Autor selbst sorgte fürs Libretto. Uraufgeführt wurde die Oper 1971 an der Wiener Staatsoper in der Regie von Otto Schenk und der musikalischen Leitung von Horst Stein. Im Gärtnerplatztheater steht Michael Balke am Pult, Nikolaus Habjan führt Regie. Auch diese Story harmoniert exzellent mit dem Spielzeitmotto.

Das Ballett sorgt zweimal zugleich für musikalischen Wind. Aschenbrödel wird ein Ballettmärchen mit Musik von Johann Strauss (Sohn). Die Grimm-deutsche Cinderella-Story wird im November 2025 das Licht der Bühne erblicken. Ballettdirektor Alfred Schreiner choreografiert. Im April 2026 wird mit Rock to Heaven ein Rockballett auf die Bühne gebracht. Den dreiteiligen Abend choreografieren Jacopo Godani, Frédérick Gravel und Karl Alfred Schreiner. Nicht das Schreiner Köpplinger endlich weichgekocht hätte. Der Deal geht so: Das Orchester und einige Stimmen sind in Japan auf Tournee. Ohne Orchester vor Ort darf Schreiner es rocken lassen im Gärtnerplatztheater. Dazu kommen im Juli mit Sparks Choreografien der Tänzer und Tänzerinnen des Ensembles und an drei Abenden im März die drei Akte der Dancesoap Minutemade. Vier Choreografen und Choreografinnen haben eine Woche Zeit zu Choreografieren und müssen ans Ende der voran gegangen Choreografie anschließen. Ich sag’s Ihnen, darauf freu ich mich sowas wie.

Das Opernstudio wurde 2025 neu besetzt. Bedeutet: Zwei der „alten“  Riege werden ins Ensemble übernommen. Über die neue Riege, vier neuen Stimmen und eine Pianistin, erfahren Sie hier mehr. Ein Saisoneröffnungskonzert im Oktober 2025, eins zum Spielzeitende im Juli 2026 plus zwei Meisterklassenkonzerte im November 2025 und Mai 2026.

Das Orchester begibt sich wie vorher geschrieben auf Japan Tournee. Daneben sind drei Orchesterkonzerte, ein Neujahrskonzert (am 6.1.26) und sechs Kammerkonzerte geplant. Das junge Theater setzt auf drei bereits sehr erfolgreiche bisher stets ausverkaufte Produktionen: Peter und der Wolf, Der kleine Prinz und Alice im Wunderland. Eine Mozartwoche im März 2026 lässt Opern und Orchsterklänge Mozarts aus dem aktuell reichen Fundus im Repertoire erklingen.

Vorfreuen darf ich mich auf einen Opern-Maskenball im Mai 2027. In der Fragensession sagt Köpplinger zu seinem Theaterverständnis, wenn ich ins Theater gehe, soll ich keine Vorbildung brauchen. Ich soll (einfach so) verstehen können, was da gesprochen, gespielt und gesungen wird. Oder wie er zu Anfang des Abends sagt: „wenn Tosca drauf steht, muss Tosca drin sein“.  Wohltuend.

Leidenschaften / Der Keks zur Spielzeit (c) Frank Heublein

Zwei – Lehárs Operette hatte UA 1909 – der fünf Musiktheater-Neuproduktionen sind aus dem 20. Jahrhundert, eine Uraufführung ist dabei. Köpplinger nennt sein Haus „Gemischtwarenladen“ oder auch eins mit „vier Gängen: Oper, Operette, Musical und Tanz“ oder spricht von „europäischer Hausmannskost auf höchstem Niveau“. Aha. Ich denke er untertreibt. Da sind mindestens einige Leckerbissen dabei. Was das Gärtnerplatztheater ausmacht: für alle Gemüter und Remütslagen ist was dabei. Reichlich! Soweit also stimmt das mit der Hausmannskost.

Köpplinger motiviert, auch das Repertoire zu entdecken. Probieren Sie es aus. Seien Sie schnell. Die Auslastung aktuell in der Saison liegt bei 98,44 Prozent verkündet Köpplinger stolz. Aber er wäre nicht er selbst, wenn er uns nicht motivierte, doch die 99 Prozent anzugehen. Sein Käppi bleibt auf, wahrscheinlich hat er sich eine extra Batterie drunter eingebaut. Keine Werbung hier, denken Sie an den Batterie-Hasen-Trommler. Ich hoffe, Josef E. Köpplinger nimmt mir diesen Vergleich nicht übel, ich meine es als großes Lob der Nimmermüdigkeit.

Frank Heublein, 10. Mai 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Uraufführung Ballettoper „Amors Fest“, Gärtnerplatztheater, München, 14. Oktober 2021

Eric Idle und John Du Prez, „Monty Python’s  Das Leben des Brian“ Gärtnerplatztheater München, Premiere am 15. Juli 2021

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert