Dancing Postmodernism von Merce Cunningham © Anna Schnauss
Ich darf ganz nah dran sein an den Tänzerinnen und Tänzern. Aus der Nähe erkenne ich, wie vergleichsweise einfach eine Ballettbewegung ist im Gegensatz zum Halten einer Figur unter Spannung. Das geht unter meine Haut. Wow!
Dancing Postmodernism | Merce Cunningham
„How To Pass, Kick, Fall and Run“ (1965)
„Museum Brandhorst Event“
Choreographie Merce Cunningham
Inszenierung und Arrangement Daniel Squire
Text John Cage gesprochen von Alfred Schreiner
Ballett Compagnie des Gärtnerplatztheaters München
Museum Brandhorst, München, 8. Mai 2025
von Frank Heublein
An diesem Abend führt die Ballett Compagnie des Münchner Gärtnerplatztheaters zwei Choreographien von Merce Cunningham auf: „How To Pass, Kick, Fall and Run“ aus dem Jahr 1965 und „Museum Brandhorst Event“.
Das ist eine Zusammenstellung aus mehreren Choreografien, die die Idee Events aufgreift. Im Jahr 1964 erhielt die Merce Cunningham Dance Company eine Einladung zu einem Auftritt im Museum des 20. Jahrhunderts in Wien. Dieses „Museum Event No. 1“ war das erste „Event“ der Compagnie und Events werden heutzutage lizensiert vom Merce Cunningham Trust.
Die Aufführung findet im Rosen-Saal des Museums statt, der großformatige Rosenbilder Cy Twomblys ausstellt. Sie ist Teil des kombinierten Ausstellungskonzepts „5 Freunde. John Cage, Merce Cunningham, Jasper Johns, Robert Rauschenberg, Cy Twombly“, die das Schaffen der fünf Künstler und deren gegenseitige Beeinflussung in den Mittelpunkt stellt.

Die Beeinflussung wirkt sich auch in dieser Aufführung aus, da der Tanz „ganz automatisch“ einen rosalen Twombly Hintergrund gewinnt.
In „How To Pass, Kick, Fall and Run“ liest Ausschnitte aus John Cages Text „Indeterminacy“. Ab und an hält er inne. Eine echte Interaktion zwischen dem Gesagten und Getanzten entsteht wenigstens in mir nicht. Das Stück hat laut Programminformation einen spielerisch-sportlichen Charakter. Unterschiedliche Formationen, solistische bis zu zwei Paaren lösen einander ab. Bewegungen werden mehrfach wiederholt, in mir entsteht durch die Wiederholung eine Verdichtung der Empfindung. Zugleich beobachte ich genauer, achte auf Details wie die Streckung eines Beins etwa. So nah sehe ich die konzentrierte Spannung der Körper sehr genau.

Für die Musik oder sollte ich eher sagen Geräuschabfolge, die ich im Museum Brandhorst Event höre, gehört nach meinem Gehör ein präparierter Flügel. Dieser wird mit allerlei Werkzeugen bearbeitet. Wenn die dabei entstehenden Geräusche länger andauern, wird mein Hören schmerzhaft. Das Tanzen hingegen wirkt hier im Gegensatz zum ersten Stück gemeinschaftlicher. Erneut faszinieren mich insbesondere die Details, die ich den tanzenden Körpern abschauen kann.

Den Cunningham Style in reiner Form habe ich so vom Gärtnerplatz Ballettensemble noch nie gesehen. Mit diesem Projekt fügt sich die Compagnie eine zusätzliche, weitere Art zu tanzen hinzu. So wird dieser Abend zu einem aufmerksamen glücklichen Erleben der gewohnten Energie der Truppe auf eine neue mir unbekannte tänzerische Art.

Ich darf ganz nah dran sein an den Tänzerinnen und Tänzern. Aus dieser großen Nähe erkenne ich, wie – vergleichsweise – einfach eine Ballettbewegung ist im Gegensatz zum Aus-Halten einer Figur unter Spannung. Das geht unter meine Haut. Wow!
Frank Heublein, 09. Mai 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Operninstallation mit Matsukaze Utopia, München, 3. Mai 2025
Thomas Larcher, Das Jagdgewehr Cuvilliés-Theater, München, 2. Mai 2025