Festtage-Konzert Staatskapelle Berlin in der Berliner Philharmonie © Stephan Rabold
Mit einem spannenden und allesamt exzellent gespieltem Konzertprogramm sorgen die Berliner Staatskapelle und Anne-Sophie Mutter für feierliche Osterfeststimmung am Karsamstag. Die Dirigentin Simone Young ließ vor allem bei Pierre Boulez ihre Begeisterung für diese Musik durch den Saal strahlen!
Staatskapelle Berlin
Simone Young, Dirigentin
Anne-Sophie Mutter, Violine
Jeanine De Bique, Sopran
Werke von Alban Berg, Pierre Boulez und Gustav Mahler
Philharmonie Berlin, 20. April 2025
von Johannes Karl Fischer
Parsifals und Passionen gibt es in diesen Tagen im Überfluss, nicht aber solch spannende Karsamstagskonzerte wie heute mit der Berliner Staatskapelle. Eingeklemmt zwischen zwei Aufführungen von Wagners Bühnenweihfestspiel brachte vor allem Simone Youngs dynamisches Dirigat eine feurige Festtagsstimmung in diese sonst musikalisch doch eher besinnlich gestimmte Karwoche. Die zugegeben manchmal etwas fragmenthaft komponierten Melodien von Berg und Boulez ließ sie eifrig im Saal aufkochen, die Musiker legten sich sichtbar begeistert in ihre äußerst fordernden Stimmen und füllten den Saal mit den funkelnden Klängen diese wunderbaren, post-tonalen Klangwelt.
Anne-Sophie Mutter brilliert ausdrucksstark mit Berg
Für das Violinkonzert von Alban Berg, eines der eindrucksvollsten und tiefsinnigsten Werke des Konzertrepertoires, hatte man keine geringere Solistin als Anne-Sophie Mutter engagiert. Die mittlerweile seit über 40 Jahren auf dieser Bühne stehende Ausnahmegeigerin meisterte auch diese extrem fordernde Solopartie bravourös mit ihrer beispiellosen technischen Brillanz. Flott und flockig schwebte sie über die pfeifenden Flageolett-Töne und ließ ihre Läufe ausdrucksvoll in den Saal perlen. Das berühmte Bach-Choral-Zitat ließ sie wie in einem Kirchenchor von den Saiten singen, die brennende Passion aus ihrer violinistischen Seele in den Saal strahlen.
Leider alles ein wenig zu ausdrucksvoll… stellenweise klang das mehr wie enttonalisierter Brahms statt nach strömenden, tief ins musikalische Herz stechenden Melodien der zweiten Wiener Schule. Natürlich greift gerade Berg immer wieder auf die leidenschaftliche Passion seiner musikalisch-tonalen Vorgänger zurück und lässt seine Musik von verdeckten Zitaten eigentlich nur so wimmeln. Ein ganz wenig fehlte es dem Werk aber an Biss, an der fast schon radikalen Energie dieser Klänge.
Zu einer Sternstunde der solistischen Violinkunst wurde indessen die Zugabe, ganz obligatorische natürlich Bach. Hier legte sie sich mit inbrünstiger Leidenschaft in die Melodien und rührte das Publikum mit ihrer instrumental gesangsvollen Geigenstimme fast zu Tränen.

Young entschlüsselt Boulez
Ähnlich begeisternd dirigierte Simone Young Pierre Boulez’ Notations für Orchester. Hier schwebten und fegten die teils wohl atmenden, anderswo reißend-umhauenden Klänge mit voller Wucht durch die Philharmonie. Die akrobatischen Marimbastimmen im ohnehin sehr großzügig besetzten Schlagwerk sausten mit atemberaubender Virtuosität über die Bühne, alles stets wohl platziert am rechten Ort. Vor allem im Schlusssatz spürte man Frau Youngs brennenden Eifer für diese vielschichtige Musik durch das Publikum tanzen!
Mahler verzaubert in Festtagsstimmung
Nach der Pause verzauberte das Orchester mit Mahlers vierter Sinfonie. Auch zwischen diesen im Vergleich zu seinen anderen sinfonischen Mammutwerken eher leichter gestimmten Melodien glänzte die volle Intensität der Mahler’schen Emotionen. Im lustig-kecken Charakter des Scherzos jonglierte Konzertmeisterin Jiyoon Lee ihre Stimme völlig mühelos zwischen den zwei unterschiedlich gestimmten Geigen, eher das Orchester im langsamen dritten Satz auch das Publikum in ihrer vereinten musikalischen Seele mitatmen ließ und am Ende die volle Wucht des Mahler-Klangs im Saal noch einmal regelrecht explodierte.

Die musikalische Krone des Abends setzte die Sopranistin Jeanine de Bique mit ihrer strahlenden, ausdrucksvoll leuchtenden Stimme auf den vierten Satz. Wie auf einer siebten Engelswolke schwebend ließ sie die grenzenlose Freude dieser Melodien zum Abschluss sonnenhell in den Saal segeln, als würde sie den holden Lenz mit dem warmen Herzen eines wohlschmeckenden Osterfrühstücks willkommen heißen. Ein krönendes Finale eines äußerst stimmigen Festtagskonzerts, fulminanter Applaus war die verdiente Folge!
Johannes Karl Fischer, 20. April 2025 für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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