© Barbara Pálffy/Volksoper Wien
Volksoper Wien, 27. April 2019
The Sound of Music (Musical)
Ein berührender Abend ging am Samstag an der Volksoper Wien zu Ende. Das Musical „The Sound of Music“ von dem Hitduo der Musicalwelt, Richard Rodgers und Oscar Hammerstein, wurde in einer erfrischenden Inszenierung, die ohne überladene Klischees auskommt, aufgeführt. Dennoch gelingt es, dass weder das heimisch-städtische Publikum, das mit Alpenlandschaft und Jodler wenig gemeinsam hat, noch Gäste aus dem Ausland, die mit dieser Erwartungshaltung in das Musical gehen, enttäuscht sind.
Bereits zu Beginn wird auf die vielen Gäste eingegangen, indem die bekannte Textzeile „the hills are alive with the sound of music“ in Englisch gesungen wird. Das stimmt auch die Besucherin aus den Staaten neben mir in den Abend ein, und ich werde ebenso an den erfolgreichen Film mit Julie Andrews in der Hauptrolle aus dem Jahr 1965 erinnert. Vielen Österreichern ist nicht bewusst, wie sehr das Bild Österreichs im Ausland von diesem Film geprägt wird, der an den Kinokassen 70 Millionen Dollar eingespielt hat. Von diesem Geld sah die van-Trapp-Familie übrigens keinen Cent, denn Maria van Trapp verkaufte die Buchrechte ihrer Memoiren, die dem Film als Grundlage dienten, für nur neuntausend Dollar. Bereits in der bekannten Nummer „Das Lied der Berge“ überzeugt Barbara Obermeier mit sowohl ihrer gesanglichen als auch schauspielerischen Leistung. Während der gesamten Aufführung ist kein Makel festzustellen, und sie spielt die Rolle mit der richtigen Portion an Naivität, Durchsetzungskraft und Humor.
Ebenso überzeugend ist Ulrike Steinsky als Mutter Oberin. Mit „Climb Ev’ry Mountain“ und dem großen Finale Ultimo, das die van-Trapp-Familie bei ihrer Flucht über die Alpen begleitet, hat sie die dramatischsten Nummern zu singen und meistert diese bravourös. Durch ihre stimmliche Kraft wird die Dramatik, die das Musical letztendlich mit sich bringt, unterstrichen und kommt trotz Alpenromantik zum Vorschein. Auch geben alle sieben Kinder des Kapitän van Trapp eine tolle Leistung ab. Besonders die kleine Gretel, in dieser Vorstellung gespielt von Talina Niermann, entzückt das Publikum und beweist schon mit ihren sechs Jahren eine große Begabung für die Bühne.
Auch die Inszenierung und das Bühnenbild sind zu loben. Auf mobilen Leinwänden werden die verschiedensten Kulissen wie Alpenlandschaft, Wohnzimmer, Kloster projiziert, vor denen die Darsteller spielen. Vor Allem die bergige Landschaft ist gelungen und bringt eine Tiefe in die Bühne, sodass es tatsächlich so aussieht, als würde die van Trapp-Familie in den Bergen spazieren. Die Inszenierung bringt sehr wohl ländliche Volkstänze sowie auch Walzer auf die Bühne, hält sich jedoch angenehm zurück, sodass es nie in das Klischeehafte hineinrutscht.
Besonders gelungen ist der Stimmungswechsel im zweiten Akt nach dem Anschluss an das Deutsche Reich. Das Bühnenbild zeigt nun eine große Hakenkreuzflagge und SA-Soldaten betreten den Zuschauerraum und bewachen die Bühne. In dieser beklemmenden Atmosphäre hat die van-Trapp-Familie ihren letzten Auftritt, bevor sie über die Alpen mit Hilfe der Klosterschwestern fliehen kann. Axel Herring als Kapitän Georg van Trapp begeistert am Schluss mit einer Sanftheit in seiner Stimme, die den Wechsel in seiner Persönlichkeit vom harten Marineoffizier zum Flüchtigen unterstreicht. Merkbar hat sich die Stimmung auch auf das Publikum übertragen, spätestens als die SA-Soldaten den Zuschauerraum nach der Familie van Trapp durchsuchen und mit ihren Taschenlampen die Besucher anleuchten, überkommt einen ein beunruhigendes Gefühl.
Umso erleichternder der Schlussapplaus nach einem emotional geladenen Finale der Mutter Oberin. Das Alpenpanorama erscheint ein letztes Mal und die van Trapps flüchten über die Berge. Der Vorhang fällt, das Publikum tobt und wird noch mit einer Zugabe, bei der das Mitklatschen sogar gestattet ist, und einer Mitsingrunde von „Edelweiß“ belohnt.
Anna Ploch, 28. April 2019, für
klassik-begeistert.at und klassik-begeistert.de