Foto: Herwig Prammer (c)
Wolfgang Amadeus Mozart, Così fan tutte
Theater an der Wien in der Kammeroper, 15. Mai 2018
Stefan Vladar, Musikalische Leitung
Valentin Schwarz, Inszenierung
Andrea Cozzi, Ausstattung und Video
Franz Tscheck, Licht
Sumi Hwang, Fiordiligi
Anna Marshania, Dorabella
Juan Henao Gonzalez, Ferrando
Matteo Loi, Guglielmo
Florian Köfler, Don Alfonso
Carolina Lippo, Despina
Wiener KammerOrchester
von Mirjana Plath
Am Dienstagabend feierte Mozarts Oper Così fan tutte Premiere an der Wiener Kammeroper. Knisternde Vorfreude auf die neue Inszenierung erfüllt die Besucher, überall werden köstliche Häppchen verspeist und prickelnder Sekt geschlürft. Wenn das Publikum im Saal Platz nimmt, bleiben die Türen noch eine Weile offen stehen. Unruhig sehen sich die Zuschauer um – wann mag das Stück wohl beginnen? Plötzlich rennt eine gehetzte Regieassistentin in den Raum, sieht sich verzweifelt um und läuft wieder hinaus. Dann erscheint sie auf der Bühne, gibt dem Dirigenten ein Zeichen und die Musik setzt ein.
Regisseur Valentin Schwarz lässt schon vor der Ouvertüre seine Inszenierung beginnen. Er arbeitet mit Videoeinblendungen, die bereits während des Vorspiels eine Einführung in sein Bühnenkonzept geben. Così fan tutte vermittelt einen düsteren Blick auf die Liebe. Zwar umspielt Mozarts unbeschwerte Musik frohlockend die Gefühlswelten der Protagonisten. Dennoch endet die Handlung in einer Katastrophe. Zwei Männer müssen erkennen, dass ihre geliebten Frauen Treueschwüre leichtfertig brechen. Sie lassen sich von anderen Männern verführen und legen sich nicht auf einen Partner fest. Diesen Konflikt problematisiert Schwarz noch mehr, indem er Wirklichkeit und Fiktion auf der Bühne vermischt.
Der intrigante Don Alfonso, der in der Oper Zwietracht sät und die zwei Liebespaare auseinander bringt, ist hier ein Regisseur, der auch im echten Leben mit den Gefühlen seiner Mitmenschen spielt. Die gehetzte Regieassistentin ist gleichzusetzen mit dem Hausmädchen Despina. Die zwei Liebespaare sind für Schwarz Schauspieler, die eine miserable Aufführung von „Così fan tutte“ geben. Sie sind auch im echten Leben miteinander verbandelt, zweifeln jedoch an der Treue ihrer Partner. So springt die Handlung ständig zwischen Spiel im Spiel und gespielter Wirklichkeit hin und her. Manchmal ist es dabei schwer nachzuvollziehen, in welcher Ebene sich das Stück gerade befindet. Schwarz fordert viel Konzentration von seinem Publikum.
Für die musikalische Leitung ist der gebürtige Wiener Stefan Vladar verantwortlich. Meist müssen Opern für das kleine Haus am Fleischmarkt für ein reduziertes Orchester bearbeitet werden. Für Così fan tutte bleibt die Musik allerdings in großen Teilen unangetastet. Nur auf den Chor verzichtet die Inszenierung. Vladar dirigiert das Wiener KammerOrchester kraftvoll, die Musik schallt satt in den Zuschauerraum hinein. Schon in der Ouvertüre treten die Holzbläser positiv aus dem Orchester hervor, sie zeigen sich facettenreich in ihrer Melodieführung.
Die grandiose Sopranistin Sumi Hwang ist der Star des Abends. Sie singt die Partie der Fiordiligi mit einer Leichtigkeit, die ihresgleichen sucht. Kaum zu glauben, dass sie bei der Premiere nur als Ersatz für die kurzfristig erkrankte Anna Gillingham auf der Bühne steht. Mühelos deckt sie alle Tonlagen ab, die die Rolle abverlangt, und klingt dabei immer hell und voll in der Stimme.
Ebenfalls gut singt Annna Marshania. Die russische Mezzosopranistin hat eine dunklere Stimmfärbung als Sumi Hwang. Sie verleiht der Musik dadurch viel Volumen. In Parallelführungen der beiden Frauenstimmen harmonieren Hwang und Marshania wunderbar miteinander.
Julian Henao Gonzalez als Ferrando ist ein spritziger Tenor. Er hat viel Kraft in seiner Stimme. Der italienische Bariton Matteo Loi spielt seinen Bühnenfreund Guglielmo. Er klingt im Gegensatz zu Gonzales viel zahmer in der Interpretation seiner Partie, obwohl er doch die verwegenere Rolle mimt.
Florian Köfler (Bass) singt sehr jugendlich. Er lässt eine Reife missen, mit der man den weltbewanderten Don Alfonso verbinden würde. Für die Rolle des spielerischen Regisseurs, die er in Schwarz‘ Inszenierung zusätzlich erhält, passt er immerhin etwas besser. Seine Komplizin Despina mimt die Sopranistin Carolina Lippo. Sie präsentiert fidel und lebhaft eine listige Regieassistentin und besticht auch durch ihre schauspielerischen Fähigkeiten.
Am Ende der Vorstellung ernten die Darsteller tosenden Applaus. Auch der Beifall für den Regisseur fällt überschwänglich aus. Nur ein einzelner „Buh“-Ruf sticht missbilligend aus den vielen „Bravos“ hervor.
Mirjana Plath, 16. Mai 2018
für klassik-begeistert.de