von Alina Fischer
„Als ernster Komponist ist er nie weiter gekommen, als bis zu einem bestimmten Punkt. Aber er hat mit seinen für ihn charakteristischen Stücken etwas geschaffen, was nur er schaffen konnte: so frisch, neu und lebendig – ein Ohrenschmaus.“ So heißt es im Nachruf der New York Times über einen Komponisten, der am 11. Juli vor 80 Jahren verstarb. Er begann als ein Hilfspianist und wurde bald durch sein eigenwilliges Spiel berühmt.
Am 26. September 1898 wird Jacob Gershovitz als zweites von vier Kindern eines russisch-deutschen Einwanderers in New York geboren. 1914 legt er sich den Namen George Gershwin zu, da ist er als Begründer des „Symphonic Jazz“ bereits erfolgreich in der musikalischen Szene etabliert.
Am Anfang ist der musikalisch begabte Junge ganz auf sich alleine gestellt sein Talent auszubauen. Jahrelang übt George Gershwin heimlich Klavier bei einem seiner Klassenkameraden. Erst als er zwölf Jahre alt ist, kaufen seine Eltern ein Klavier – doch nicht für ihn, sondern für seinen Bruder Ira. Als das Instrument geliefert wird, überrascht der junge Musiker seine Familie mit seinem Spiel und bekommt endlich den langersehnten professionellen Klavierunterricht.
Der sonst eher lernfaule junge Gershwin, der die Schule schon mit 15 Jahren verlässt, nimmt von nun an alle Chancen wahr, um seine musikalischen Fähigkeiten zu verbessern. So nimmt er sich ganze sechs Jahre Zeit, um die Kunstform der Oper zu studieren und lebt einen Sommer lang bei den Farbigen im Süden. Dies tut er alles für eines seiner bedeutendsten Werke, die Oper in drei Akten „Porgy and Bess.“ Diese Komposition wird im Jahre 1935 uraufgeführt. Die Opernarie „Summertime“ ist bis heute weltberühmt und gehört zu den meistgesungenen Jazzliedern.
In dieser Oper thematisiert Gershwin das Leben der Afroamerikaner in der Siedlung Catfish Row in Charleston um 1870. Das Werk basiert auf dem Schauspiel „Porgy“ von Du Bose Heyward. Gershwin sieht das Stück als „ein interessantes Beispiel dafür, was mit Talent trotz schlechter Umstände getan werden kann. Mit einem Libretto, das niemals akzeptiert werden sollte, auf ein Thema, das niemals gewählt werden sollte, schrieb ein Mann, der es niemals versuchen sollte, ein Stück mit einer so beträchtlichen Macht.“
Begegnungen mit berühmten Komponisten wie Igor Strawinsky und Maurice Ravel prägen George Gershwin sehr. Der Amerikaner beeindruckt die Komponisten mit seinem eigenwilligen Stil. So fragt Ravel den Komponisten eines Tages, wozu er ein zweitklassiger Ravel sein wolle, wenn er doch ein erstklassiger Gershwin sei.
Im Bereich der Komposition versucht sich Gershwin schon in den Jugendjahren. Mit 16 Jahren, als er seine Arbeit als Gutachter für Unterhaltungsmusik aufnimmt, beginnt er Lieder und Tänze zu komponieren. Mit seinem Werk „Rhapsody in Blue“, das Gershwin für zwei Klaviere verfasst und das Ferde Grofé für Orchester instrumentiert, gelingt dem Komponisten sein großer Durchbruch im Jahre 1924. Mit „Rhapsody in Blue“, das sich durch eine Synthese von klassischer Musik und Jazzelemente auszeichnet, wird Gershwin als der Begründer des „Symphonic Jazz“ gefeiert.
Schwer zu glauben, dass Gershwin anfangs das Stück nicht schreiben wollte und es erst auf Drängen von Paul Whiteman tat, der das Werk für sein Jazzorchester haben wollte. „Es dauerte drei Wochen um ‚Rhapsody in Blue’ zu schreiben. Ich wollte schon immer etwas Trübsinniges komponieren, und Paul Whiteman inspirierte mich dazu“, sagte Gershwin.
Mit dem Musical „Lady, Be Good“ gelingt dem Komponisten auch der erste große Erfolg auf dem Broadway. Für dieses Werk arbeitet er mit seinem Bruder Ira Gershwin zusammen, der für ihn die Texte schreibt. Diese Zusammenarbeit bleibt in den nächsten Jahren bestehen, sodass die Brüder zu einem der erfolgreichsten Song-Writer-Teams des Broadways werden.
Allen seinen Werken ist eines gemeinsam: Man hört Gershwins Liebe zum Jazz, die er in enger Verbindung mit Amerika sieht. „Jazz ist das Ergebnis der Energie, die in Amerika gespeichert wurde“, sagt Gershwin. „Es ist eine sehr energische Musik –laut, grob und auch vulgär. Eines aber ist sicher: Jazz hat in Amerika einen dauernden Wert bekommen, weil er dieses Land selbst ausdrückt. Er ist eine original amerikanische Errungenschaft, die andauern wird, nicht als Jazz vielleicht, aber er wird in der zukünftigen Musik seine Spuren in irgendeiner Form hinterlassen.“
Wie jeder andere Künstler hat auch Gershwin negative Erfahrungen im Musikbusiness gesammelt. So schreibt er ab dem Jahr 1931 auch Musik für Filme, doch schon bei seiner zweiter Filmproduktion „Shall we Dance“ im Jahre 1937 wird seine Musik willkürlich verändert, womit er erst lernen muss, umzugehen.
Gershwin beweist immer wieder aufs Neue, dass ein guter Musiker in erster Linie fleißig sein muss, denn „das Schreiben von Musik ist nicht so sehr ein Produkt von Inspiration als von harter Arbeit“. Somit findet der Komponist neben den ganzen Kompositionsaufträgen auch noch Zeit für ein weiteres Projekt: seine Radiosendung „Music by Gershwin.“ Im Jahre 1934 moderiert er zweimal wöchentlich eine 15-minütige Sendung, in der er seine Kompositionen vorstellt und berühmte Gastmusiker und Komponisten zu Interviews einlädt.
Am 11. Juli 1937 stirbt der Gershwin mit nur 38 Jahren an den Folgen eines Gehirntumors und hinterlässt der Menschheit zahlreiche Werke und den Grundstein für einen besonderen Musikstil. George Gershwin zeigte, dass zum Komponieren mehr gehört als nur Talent, Inspiration und harte Arbeit – man muss sein Leben der Musik anpassen. Er tat es und lebte den Jazz, denn „das Leben hat viel vom Jazz: es ist am besten wenn man improvisiert“, sagte Gershwin.
Alina Fischer, 10. Juli 2017,
klassik-begeistert.de