Die SONNTAG-PRESSE – 7. NOVEMBER 2021

Die SONNTAG-PRESSE – 7. NOVEMBER 2021

Foto: ISBN 10: 3254001664 ISBN 13: 9783254001665
Verlag: Schott, 1993

Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden:
Die SONNTAG-PRESSE – 7. NOVEMBER 2021

Sommereggers Klassikwelt 111. Gwyneth Jones wird heute 85
An diesem Sonntag, dem 7. November, wird die aus Wales stammende Opernsängerin unglaubliche 85 Jahre alt. Geboren in Pontnewynydd, einem Ort, den korrekt auszusprechen wohl nur Walisern gegeben ist, entschloss sie sich frühzeitig für ein Musikstudium. Nach vier Jahren Gesangstudium am Royal College of Music in London setzte sie ihre Gesangsausbildung in Italien und in der Schweiz fort.
Ursprünglich als Mezzosopran ausgebildet, debütierte sie als Cipra in Johann Strauß’ „Zigeunerbaron“ am Stadttheater Zürich. Bereits nach kurzer Zeit wechselte sie ins Sopranfach und profilierte sich schnell im jugendlich-dramatischen Repertoire mit Partien wie Aida und Leonora in Verdis „Trovatore“. In dieser Phase ihrer Karriere wurde das Londoner Royal Opera House Covent Garden ihr Stammhaus, aber bereits in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre entwickelte sich eine internationale Karriere, die sie an praktisch sämtliche bedeutenden Opernhäuser führte.
Klassik-begeistert.de

Spiegelisch: André Campras IDOMENÉE an der Staatsoper Unter den Linden
Mozart kannte den älteren Neptun-Schocker von André Campra vermutlich nicht (nur sein Librettist Varesco verwurstete das französische Textbuch), also muss man auch nicht den Idomeneo kennen, um Campras Idomenée zu sehen. Der brutale Schluss zu eleganten Klängen dieser Barockoper, die jetzt Premiere an der Staatsoper Unter den Linden hatte (vermutlich die deutsche Uraufführung überhaupt), knallt hart, auch wenn man nicht weiß, dass er das Gegenteil des Mozartschlusses ist.
https://hundert11.net/spiegelisch/

Berlin
Zum ersten Mal in Berlin: Campras „Idomenée“ an der Staatsoper
Àllex Ollé von La Fura dels Baus gelingt eine Visualisierung, die etwas vom Geist dieses barocken Theaters in unsere Zeit führt.
Berliner Zeitung

Wie ein Deutscher Musikkritiker das Corona-Halbjahr in der Schweiz genoss
In die Schweiz der Kunst und Freiheit wegen? Durchaus! Unser Autor erlebte vom Tessin bis nach St. Gallen viele grossartige Aufführungen, residierte günstig in Luxushotels und sah tolle Ausstellungen. Impressionen aus der jüngeren Corona-Vergangenheit.
Aargauerzeitung.ch

München
Eindringliches satirisches Panoptikum: Schostakowitschs Nase in München
Ich kann mich diesem atemlosen satirischen Panoptikum nicht entziehen. Ein zwingender Abend, in dem Jurowski mit seinem Bayerischen Staatsorchester durchgehende energetische Spannung erzeugt.
von Frank Heublein
Klassik-begeistert.de.

Die ambitionierten Umbaupläne der Salzburger Festspiele
Der Festspielbezirk soll bis 2030 vollkommen saniert sein. Sorge wegen bauhistorischer „Überraschungen“.
Der Standard.at

Wien
„Poppaea“ bei Wien Modern als Blut-Rausch
Salzburger Nachrichten

Netzzeit bei Wien Modern mit „Kontrollverlust“
Cyborgs, Populismus und heiterer Untergang: Die Gruppe Netzzeit verabschiedet sich endgültig mit dem Musiktheaterfestival „Out of Control“.
Der Standard.de

Linz
Warum muss sich Kunst rechtfertigen?
Feierliche Übergabe der Bruckneruni-Rektorenkette an Martin Rummel.
https://www.nachrichten.at/kultur/warum-muss-sich-kunst-rechtfertigen;art16,3485376

Stuttgart
Premiere der Brecht-Dessau-Oper Die Verurteilung des Lukullus – weitere Vorstellungen im November
RF-News.de

Opernbusiness
Optischer Wandel in der Opernwelt: Was ist aus den dicken Primadonnen und Tenören geworden?
https://www.tagblatt.ch/kultur/klischees-optischer-wandel-in-der-opernwelt-was-ist-aus-den-dicken-primadonnen-und-tenoeren-geworden-ld.2210339

CD
Psychologie am Hof des Kaisers (Bezahlartikel)
Die junge österreichische Sopranistin Maria Ladurner erschließt mit Szenen und Arien aus Opern von Johann Joseph Fux ein vergessenes Kapitel des Wiener Barock.
https://www.diepresse.com/6057061/psychologie-am-hof-des-kaisers

CD der Woche: Alexandre Tharaud spielt Schubert
NDR.de

Links zu englischsprachigen Artikeln

London
English National Opera 2021-22 Review: HMS Pinafore
https://operawire.com/english-national-opera-2021-22-review-hms-pinafore/

The week in classical: HMS Pinafore; 12 Ensemble – review
The Guardian.com

New York
Review: Michael Tilson Thomas, a Podium Hero, Returns
The eminent conductor appeared with the New York Philharmonic, his first public performance since brain surgery this summer.
The New York Times

Tilson Thomas returns to lead the Philharmonic in a dazzling “Eroica”
thenewyorkclassicalreview

San José
BWW Interview: Elkhanah Pulitzer of DIDO AND AENEAS at Opera San José
Sees Opportunities for Renewal and Rejuvenation in the Pain of Tragedy
broadwayworld.com

Dallas
A downsized chorus makes for a daring “Requiem” from Dallas Symphony
Fabio Luisi led the Dallas Symphony Orchestra in Mozart’s “Requiem” on Thursday at Meyerson Center
texasclassical.review

Los Angeles
Review: Los Angeles Opera imports a starry Handel extravaganza from London
latimes.com

Tannhäuser at Los Angeles Opera
sandiegoreader

Recordings
Opera Album Review: The Great Polish National Opera “Halka” Gets a Spirited and Shapely New Recording
artfuse.org

Anna Netrebko, Sabine Devieilhe, Dawn Upshaw & Asmik Grigorian Lead New CD/DVD Releases
operawire.com

Classical home listening: Lea Desandre’s Amazone; Rossini’s Petite messe solennelle
The Guardian.com

Feuilleton
Opera Quiz: How Well Do You Know Wagner’s “Die Meistersinger von Nürnberg?”
operawire.com

Ballett/Tanz

Berlin
„Wir müssen die Mottenkiste durchbrechen“
Staatsballett lud zur Debatte um Macht an Theatern
Berliner Zeitung

London
BWW Review: GISELLE, Royal Opera House
Sir Peter Wright’s classic production returns to the Royal Opera House.
broadwayworld.com

Rock/Pop

Brasilien trauert: Latin-Grammy-Gewinnerin. Marília Mendonça starb bei Flugzeugabsturz
Die brasilianische Star-Sängerin Marília Mendonça (26) ist bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Staatschef Bolsonaro und Fußballer Neymar sind schockiert- 100.000 Menschen bei Trauerfeier erwartet.
Kleine Zeitung

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Unter’m Strich

Spiegelneuronen: Schlüssel zu Empathie und Sympathie
Gefühle können ansteckend sein. Schuld daran sind die sogenannten Spiegelneuronen: Jemand lächelt Sie an – Sie lächeln unwillkürlich zurück; der Kollege gegenüber gähnt – und Sie müssen sofort mitgähnen; jemand stößt den Musikknochen am Ellenbogen – und plötzlich fühlen auch Sie den Schmerz… Spiegelneuronen in unserem Gehirn sind dafür verantwortlich, dass wir derart mitfühlend und empathisch auf unsere Mitmenschen reagieren und empfinden, was sie empfinden. Kurz: Spiegelneuronen machen uns zu einem sozialen Wesen. Vor einem Vierteljahrhundert entdeckt, weiß die Wissenschaft allerdings bis heute nur wenig über diese Nervenzellen. Dabei sollen Sie maßgeblich sein für Empathie und Sympathie…
Gefunden von TTT
https://karrierebibel.de/spiegelneuronen/

Djokovic: „Ihr verbreitet Propaganda für die Elite“
Tennis-Star Novak Djokovic sorgt in Paris für Wirbel. Der Serbe ließ sich zu einer Wutrede gegen die Medien hinreißen.
Heute.at

Was die neuen 2-G-Regeln für die Drittimpfung bedeuten
Für ein gültiges „G“ muss man sich neun Monate nach der Zweitimpfung die Auffrischung holen.
Kurier.at

Branche alarmiert – 2G-Regel in Gastro „kommt einem Lockdown gleich“
https://www.krone.at/2548495

Virologe Nowotny: „Wäre für kurzen, harten Lockdown“
Die Infektionszahlen schnellen in die Höhe. Virologe Norbert Nowotny spricht sich zeitnah für einen zweiwöchigen Lockdown für alle aus.
Die Presse.com

Deutschland
Und was wird aus mir?
Gelb und Grün streiten über Posten und Inhalte. Wie lange dauert es vom ersten gemeinsamen Selfie bis zur ersten mittelschweren Krise? Nach Lage der Dinge: ungefähr fünf Wochen.
Die Zeit.de

INFOS DES TAGES (SONNTAG, 7. NOVEMBER 2021)

INFOS DES TAGES (SONNTAG, 7. NOVEMBER 2021)

Quelle: onlinemerker.com

ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR MUSIK (Hanuschhof, 1010 Wien)

Im Zeichen der Moderne

Prof. Oswald Panagl, em. Univ. Professor der Univ. Salzburg,  stellt am 8. 11. sein Buch „Im Zeichen der Moderne“ vor.
Sein Gesprächspartner ist Dr. Clemens Hellsberg, pens. Wiener Philharmoniker, Vorstand des Orchesters, Musikwissenschaftler.

Der Eintritt ist frei, Gäste sind herzlich willkommen.

Derzeit ist die 3-G-Regel noch in Kraft. Sollte sich dies ändern, dürfen wir nur Geimpfte und Genesene akzeptieren.

Bitte melden Sie sich an: oder telefonisch (Anrufebeantworter, Nr. siehe unten).

Wir freuen uns über Ihren Besuch!

Mit den besten Grüßen
Dr. Carmen Ottner
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Omer Meir-Wellbe © jensgerber

Über sein Arbeitspensum staunt man immer wieder: Omer Meir Wellber ist Chefdirigent des BBC Philharmonic Orchestra, Musikdirektor des Teatro Massimo in Palermo, erster Gastdirigent an der Semperoper in Dresden, daneben absolviert er Dirigate an wichtigen Häusern wie der Metropolitan Opera in New York, der Fenice in Venedig, der Israeli Opera in Tel Aviv, in München, Berlin, Mailand. Ab der kommenden Spielzeit tritt er darüber hinaus als Musikdirektor der Volksoper Wien an. Zusätzlich schreibt er Bücher, engagiert sich in Vermittlungs- und Sozialprojekten und lernt Sprachen. Und findet Zeit für Interviews, wie mit Oliver Láng, der mit dem 1981 in der Wüstenstadt Be’er Sheva geborenen Dirigenten über sein arbeitsintensives Leben, seine Beziehung zu Carmen und über Grenzen im Leben sprach.

KARTEN für „CARMEN“

Zum Interview der Wiener Staatsoper (Oliver Láng)

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HEUTE AN DER WIENER STAATSOPER: FAUST

Es gibt noch KARTEN

Dazu passend das Interview mit Étienne Dupuis (Renate Publig)

Étienne Dupuis: Für mich ist der psychologische Bogen einer Rolle wichtig!

Interview mit Renate Publig / Oktober 2021

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Étienne Dupuis. Foto: Agentur/ Bettina Stöß

2021 ist das Jahr von Étienne Dupuis an der Wiener Staatsoper: Im April feierte der in Montreal/Kanada geborene Bariton sein Debüt als Valentin in Charles Gounods Oper „Faust“. Im September erlebten wir ihn in der Titelrolle von Gioachino Rossinis „Il barbiere di Siviglia“, Ende Oktober kehrte er als Valentin zurück. Und im Januar 2022 singt er an der Seite seiner Frau Nicole Car in Giacomo Puccinis „La Bohème“ den Marcello. Dupuis schloss sein Gesangsstudium an der McGill University sowie als Mitglied von L’Atelier Lyrique de l’Opéra de Montréal ab.

Herr Dupuis, willkommen zurück in Wien! Im September sahen wir Sie in der Neuproduktion von Gioachino Rossinis „Il barbiere di Siviglia“. Herbert Fritsch bietet dabei eine bunte Inszenierung gänzlich ohne Requisiten, dafür mit umso mehr Action auf der Bühne. Diese Produktion wirkt insgesamt wie eine Mischung aus Stand-up-Comedy und Commedia dell’arte.

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Dupuis als „Barbiere“ in Wien. Foto: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

Die Commedia dell’arte ist im 16. Jahrhundert entstanden, geboren aus der Notwendigkeit, einen Ausweg aus der Ernsthaftigkeit der Kunst zu finden. Das Publikum wollte für ein paar Stunden unterhalten werden. Hier setzt Herbert Fritsch an: Bei der Allgegenwärtigkeit von Politik könnte man auf der Bühne ständig politische Anspielungen bringen. Fritsch stellte sich bewusst dagegen und brach mit dieser Inszenierung aus dieser Welt aus, schuf ein eigenes kleines Universum, in dem alle ihren Spaß haben dürfen. Er riss die „vierte Wand“ in Richtung Publikum nieder, damit wir mit den Zuhörer*innen direkt kommunizieren und sie zum Lachen bringen können.

Anders als die Inszenierung von Gounods „Faust“, in der wir Sie ebenfalls erlebten!

Frank Castorf, der Mentor von Herbert Fritsch, bevorzugt es, ständig politische Statements und kritische Bezüge einzubauen. In der Inszenierung von „Faust“ ist der Algerien-Krieg thematisiert, die konstante Gegenwart von Werbung, TV, Zeitungen und sozialen Medien.

Zurück zu „Il barbiere“: Diese Produktion erfordert neben Gesangstechnik und Schauspielkunst körperliche Fitness, wobei alles mühelos wirken soll. Ist neben den gesangstechnischen Qualifikationen die physische Fitness mittlerweile eine der Grundvoraussetzungen für Sänger*innen?

Allerdings! Diese Partie habe ich oft gesungen, in diese Rolle hat man, egal, in welcher Produktion, ein enormes Bewegungspensum. Früher war ich am nächsten Tag wieder fit, doch nun schmerzten die Beine. Singen könnte ich diese Partie in alle Ewigkeit. Aber spielen? Es ist wirklich anstrengend! (lacht) Essentiell ist vor allem die psychische Fitness. Man muss überzeugt sein, eine herausfordernde Regieanweisung zu schaffen!

Auf YouTube ist ein Video der „Don Carlo“-Produktion aus Paris von 2019 zu sehen, Ihre intensive Interpretation von Posas Tod. Sie schaffen diese kräfteraubende Arie auf berührende Weise… am Boden robbend.

Eine feine Zusammenarbeit mit dem Regisseur Krzysztof Warlikowski: Seine ursprüngliche Idee, in dieser Szene am Boden zu kriechen, ging nicht auf. Also richtete ich mich etwas auf den Ellbogen auf, das verlängerte die Atemsäule, ich hatte wieder Spannkraft, konnte den Dirigenten sehen – perfekt.

…es wirkte realistischer… der sterbende Posa würde versuchen, sich aufzubäumen…

Das Gegenteil zu zeigen ist stets am effektvollsten. Um Trauer darzustellen, ist es eindrucksvoller, Tränen zurückzuhalten, als zu weinen. Oder einen Betrunkenen zu spielen – ständig zu torkeln und zu lallen ist eine Karikatur. Stattdessen ständig zu wiederholen, dass man nicht betrunken ist und übertrieben gerade zu stehen, um dann aus dem Gleichgewicht zu geraten, das ist viel stärker. Dieses Aufbäumen Posas selbst im Angesicht des Todes unterstreicht seine Stärke. Wobei generell der vierte und fünfte Akt von Don Carlo für mich eine der genialsten Kompositionen darstellen. Dieser kompositorische Spannungsbogen! Zuerst Filippos Bass-Arie, dann das Bassduett mit dem Großinquisitor, danach das Quartett – ohne Tenor! –, darauf die Szene von Posas Tod, die Arie der Elisabetta, und endlich dieses dreiteilige Duett zwischen Tenor und Sopran. Unglaublich.

Außerdem zählt „Don Carlo“ – neben u. a. „Don Giovanni“ und „Evgenij Onegin“ – zu den psychologisch tiefgründigeren Opern Ihres Repertoires. Durch die Veränderung der Interpretation von lediglich einer der Figuren kreiert man einen komplett neuen Plot.

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Eugen Onegin. Foto: Agentur/ Bettina Stöß

Genau dem Ansatz ging Ivo van Hove nach, er skizzierte Giovanni als Soziopathen, der einzig seine Befindlichkeit in den Fokus rückt, ohne Verständnis für die Gefühle und Bedürfnisse anderer Menschen. Die Bühne war komplett in Grau gehalten, die Kostüme waren schwarz, und erst nach Giovannis Tod kamen die Farben zurück. Filme wie „Schindlers Liste“ oder „Citizen Kane“ bedienen sich dieser Technik. Eine unglaublich starke Inszenierung! Sie kam jedoch nicht bei allen im Publikum an… In Diskussionen versuche ich, einzulenken – vielleicht gibt es einen Grund für eine ungewöhnliche Inszenierung?

Und Regisseur*innen, die bloß unreflektiert gegen den Strich bürsten, „because I can”…?

Wenn es nur um den Powertrip geht, kann nichts Kunstvolles entstehen. Es evoziert keine Gefühle, keine Kommunikation. Regisseure, die so vorgehen, zerbrechen die Verbindung zwischen Publikum und Bühne. Doch ein stimmiges Gesamtkonzept regt es zum Nachdenken an. Unsere Produktion von „Barbiere“ – wir haben keinerlei Bühnenbild, keine Requisiten – also müssen wir alles darstellen. Das ist genial, man bleibt fokussiert! Keine Ablenkung, nur die Musik, die Geschichte.

Mögen Sie konträren Sichtweisen? Vor kurzem sangen Sie eine Produktion von „Le Nozze di Figaro“ in München, inszeniert von Christof Loy, mit einer ungewöhnlichen Darstellung des Grafen Almaviva.

Wenn es Sinn ergibt, breche ich gerne aus dem Konventionellen aus. Christof Loy hat einen von Schwäche gezeichneten Grafen kreiert. Das Konzept fand ich schlüssig, viele Menschen überspielen mit ihrer Machtdemonstration in Wahrheit ihre Schwächen. Zudem durfte ich meine eigenen Mittel wählen, um die Schwäche des Grafen darzustellen. Da bin ich in meinem Element: Nicht einstudierten Bewegungen abzuspulen, sondern ein Gefühl, eine Haltung auf meine Weise darzustellen. Mit eingespielten Partnern zu improvisieren und im Augenblick Neues entstehen zu lassen, ist wundervoll.

Als Bariton stellt man oft ambivalente Partien dar, Figuren, die vielfältige Deutungen zulassen. Umgekehrt ist es keine geringe Herausforderung, Komödie wie den „Barbier“ überzeugend zu spielen. Welche Rollen liegen Ihnen Sie besonders?

Mir geht es weniger um den Charakter meiner Rollen. Für mich ist der psychologische Bogen, die Entwicklung einer Figur entscheidend. Wenn ich mit einer Figur am Ende der Oper exakt dort stehe, wo ich am Anfang war, ist es wenig spannend.
Posa beispielsweise opfert sich für sein Land. Dabei appelliert er an die menschliche Seite des Königs und ist bewegt, als er kurz dessen verletzliche Seite zu Augen bekommt. Diese Dimensionen darzustellen, macht eine Figur sehr gehaltvoll. Rigoletto liebt seine Tochter über alles und verabscheut Politik. Er ist eine traurige Figur mit tragischem Ende. Er ist geistreich – sonst wäre er nicht Hofnarr! Sein Geist lässt ihn vieles um ihn herum wahrnehmen, was andere nicht sehen, weil sie nur vor dem Grafen zu Kreuze kriechen. Das macht ihn zynisch. Oder Onegin – der zu Beginn meint, alles gesehen zu haben, bis er am Ende erkennt, dass er rein gar nichts verstanden hat. Solche Partien faszinieren mich.

Viele Aufführungen in den letzten 18 Monaten wurden gestrichen, eine Stimme muss jedoch fit bleiben. Wie schwierig ist es, sich ohne Projekte zum Trainieren zu motivieren?

Eine riesige Herausforderung. Man bleibt leichter fokussiert, wenn man auf ein Ziel hinarbeitet. Was es zusätzlich erschwert: Wir bereiten uns auf eine Produktion vor – die dann wieder und wieder verschoben wird, bis sie unter Umständen komplett abgesagt wird. Die Vorbereitung war also umsonst. Je öfter das passiert, umso mehr verliert man den Glauben daran, dass irgendwann wieder Aufführungen gezeigt werden. Meine Frau Nicole Car ist ebenfalls Opernsängerin, es gab Momente, in denen wir uns gefragt haben, ob wir jemals wieder singen werden. Jeder Funken Hoffnung wurde sofort wieder weggespült.

Natürlich hängt vieles von der persönlichen Einstellung ab. Wir haben eine Familie, ein Kind, einen Hund, es geht uns gut. Andere Menschen hingegen leiden vielleicht an Einsamkeit. Oder umgekehrt, sie müssen eine große Familie erhalten und erleben dadurch enorme Existenzängste.
Andererseits war das Ausruhen Gold für die Stimme. Ruhe ist essentiell, um gesund zu bleiben. Und ich hatte Glück, ich erhielt das Angebot aus München, den Almaviva zu spielen, mit meiner Frau gaben wir ein paar Konzerte, und ich nahm „Werther“ in der Bariton-Version auf.

Hat sich das Publikum an die Streamingangebote gewöhnt, oder kommt es wieder in die Vorstellungen?

Ich bin ein positiver Mensch. Wir erleben oft Entwicklungen, die von einem Extrem ins andere pendeln. In der Musik überschwemmen stets neue Technologien den Markt! Kinos mussten ebenfalls die Bedrohung durch die diversen Streaming-Plattformen hinnehmen. Wie praktisch, man kann jederzeit unterbrechen, hat keine nervenden Nachbarn. Aber einen Film im Kino zu sehen, mit Riesenleinwand und Dolby Surround Anlage ist ein viel unmittelbareres Erlebnis! Das gilt ebenso für die Oper. Alles passiert im Moment, nichts kann wiederholt werden, dadurch wird das Spiel der Darsteller*innen plastischer – das packt das Publikum. Abgesehen vom Live-Klang, mit dem keine Anlage der Welt mithalten kann!

Einen positiven Effekt von Live-Streams sehe ich: Viele Menschen äußern sich abfällig über Oper, ohne je eine gesehen zu haben. Weil es cool ist, darüber zu lästern. Streaming bietet die Möglichkeit, in diese Welt hineinzuschnuppern. Das kann bewirken, dass Menschen sich in die Oper wagen – und dann von den Sitzen gefegt werden. Weil sie feststellen, dass das Streamingerlebnis weder akustisch noch emotional an eine Live-Vorstellung heranreicht.

Vielen Dank für das Gespräch und auf ein baldiges Wiedersehen auf der Bühne der Wiener Staatsoper!

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Linz: „# EINS MAHLER 5“ – Konzert des Brucknerorchesters im Brucknerhaus Linz unter Markus Poschner, Großer Saal, 06. 11.2021

Werke von Gerald Resch und Gustav Mahler

Der 1975 in Linz geborene Gerald Resch möchte „in seiner Musik klar, prägnant und überraschend sein“; dass er in einem Stück die Satzüberschriften „Genauigkeit, Leichtigkeit, Anschaulichkeit, Vielschichtigkeit, Schnelligkeit“ verwendet hat, will er als Programm seiner Ästhetik verstanden wissen (www.geraldresch.at). Seine am 29. September 2016 in Bukarest uraufgeführten „Inseln“ eröffnen das Konzertabonnement 2021/22 des Linzer Brucknerorchesters, das als Höhepunkt der Saison das Verdi’sche „Requiem“ im kommenden März vorsieht.

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„Die rote Couch“. Foto: P & H Huber

Seit Anbeginn der Brucknerorchester-Konzertserien gibt es ein einleitendes Gespräch; daher traf man sich auch diesmal wieder 45 Minuten vor Veranstaltungsbeginn auf der „roten Couch“ – künstlerischer Direktor Norbert Trawöger holte sich den auch musikalisch aktiven Chef des Hauptsponsors (um ‚keine Sorgen‘ zu haben), und dann Gerald Resch und den Dirigenten des Abends. Nette verbindende Idee zum Programm: Nicht nur die „Inseln“, sondern auch die Mahler-Symphonie wurden vom Blick aufs Wasser inspiriert – der Hofoperndirektor schrieb diese Symphonie während seiner Aufenthalte am Wörthersee…

Zum Bericht von P & H. Huber
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BRÜNN/ JANÁČEK-THEATER: GRIECHISCHE PASSION von Bohuslav Martinů. Kurzbericht 5. November 2021

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Foto: Janáček-Theater

BRÜNN/Janáček Theater:

Am 5.11. 2021 präsentierte das 1965 errichtete und vor einigen Jahre renovierte, also nun in neuem Glanz erstrahlende Janáček-Theater in Brno, die „Griechische Passion“ von Bohuslav Martinů. Die Premiere war wegen Covid 19 mehrfach verschoben worden, geriet nun aber zu einem großartigen Erfolg! In der Inszenierung von Jiří Herman nehmen äußerst beeindruckende Bühnenbilder von Dragan Stojčevski mit zeitgenössischen Kostümen von Alexandra Gruskoná in einer spannenden Lichtregie den Betrachter und Zuhörer ein, dem zudem die glutvolle Musik Martinůs von dem blendend und mit viel Herz und Verve spielenden Orchester des Janáček Theaters unter der kompetenten und ruhigen Leitung von Robert Kruzík dargeboten wird. Die zudem perfekte Personenregie macht das Stück auch ganz ohne Videos – man atmet richtig auf – somit zu einem nachhaltigen Erlebnis. Endlich mal wieder Oper und nicht Opernkino!

Peter Berger als Gast ist ein einnehmender Manolios und damit Christus mit kraftvollem, etwas gutturalem Tenor, Pavla Vykopalová eine engagierte Katerina mit leuchtendem Sopran, Jan Štáva ein souveräner Priester Grigoris mit prägnantem Bass und David Szendiuch als Gast ein ebenso bemerkenswerter Fotis und Führer der völlig in Schwarz auftretenden und sehr homogen wirkenden griechichen Flüchtlingen. Einen enormen Eindruck macht der riesige Chor, der zudem sehr phantasievoll choreografiert wird.

Am 7. November 2021 gibt es die erste Reprise. Den nahen Wiener Opernfreunden sei empfohlen herzukommen. Nur 1,5 Stunden mit dem Railjet!

(Ausführliche Rezension in Kürze)

Klaus Billand aus Brünn

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Manolios und Lenio, die unbedingt heiraten will. Foto: Janáček-Theater

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Manolios wird von Grigoris für die Rolle des Jesus ernannt. Foto: Janáček-Theater/Marek Olbrzymek

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Foto: Janáček-Theater/Marek Olbrzymek

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Brno: Janáček-Theater: Foto: Dr. Klaus Billand

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Nachher im Foyer. (unserer Premierenberichterstatter ist rechts im Bild).  Foto: Marek Olbrzymek
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