Foto: www.wartburg.de
Richard Wagner, Parsifal
Ausschnitte aus „Parsifal“ auf der Wartburg bei Eisenach, 25. Mai 2019
Felix Spreng, Klavier
Zurab Zurabishvili, Parsifal
Astrid Weber, Kundry
Andriy Maslakov, Klingsor und Amfortas
von Peter Sommeregger
Der prächtige, im 19. Jahrhundert im Stil des Historismus rekonstruierte große Saal der Wartburg ist immer wieder Schauplatz von Konzerten, seit geraumer Zeit auch immer wieder von halb szenischen Aufführungen von Wagners „Tannhäuser“, der dann hier an seinem Originalschauplatz zu erleben ist. An diesem sonnigen Maitag findet aber ein anderes, reizvolles musikalisches Experiment statt: der größte Teil des zweiten Aktes von Richard Wagners „Parsifal“, umrahmt vom Vorspiel zum ersten Akt, und der Schlußszene des dritten Aktes wird lediglich mit Klavier und Gesangssolisten dargeboten.
Initiatorin dieser ungewöhnlichen Unternehmung war die charismatische Hilde Lutz vom Augsburger Wagner-Verband. Was auf dem Papier etwas gewagt klingt, gelingt in der praktischen Umsetzung beeindruckend. Sicher, ein Flügel kann kein Wagner-Orchester ersetzen, aber spätestens, wenn die Sänger ins Spiel kommen, entsteht das nötige klangliche Volumen. Unverdeckt von orchestralen Wogen können die Solisten Worte und Notentext viel deutlicher artikulieren, es entsteht eine brennende Intensität, die trotz nur angedeuteter Interaktion zwischen den Solisten eine große atmosphärische Dichte erzeugt.
Als Klingsor, am Ende auch als Amfortas setzt der ukrainische Heldenbariton Andriy Maslakow seine große Stimme wirkungsvoll ein. Sein beachtliches Stimmvolumen setzt er äußerst differenziert ein, auch die Textverständlichkeit lässt nichts zu wünschen übrig. Es gelingt ihm auch, die beiden Rollen mit unterschiedlichen Nuancen zu versehen.
Die bereits Bayreuth-erfahrene Sopranistin Astrid Weber singt an diesem Abend ihre erste Kundry. Diese Rolle, vielfach auch von Mezzosopranistinnen interpretiert, liegt ihr ausgesprochen gut. Sie darf an diesem Abend als Einzige ihre Rolle beinahe vollständig singen, und wird der Dramatik dieser Partie auch in den exponiertesten Stellen gerecht. Schon der Dialog mit Klingsor sieht die beiden Sänger auf Augenhöhe, der Monolog „Ich sah das Kind“ mit seiner dramatischen Steigerung gelingt hervorragend, in den folgenden Ausbrüchen, speziell dem berüchtigten „….und lachte“ kann die Sängerin erneut punkten und lässt endgültig vergessen, dass es sich „nur“ um eine konzertante Aufführung handelt.
Dem georgischen Tenor Zurab Zurabishvili, vielfach auch im italienischen Fach zu hören, fällt an diesem Abend die Aufgabe zu, sich als Parsifal zwischen den beiden großen Stimmen seiner Partner zu behaupten. Sein kräftiger, heller Tenor verfügt durchaus über die nötige Strahlkraft für die Titelpartie, gerne würde man die gesamte Rolle von ihm hören.
Den drei Sängern gelingt es über weite Strecken, das Fehlen der Bühnenaktion, von Kostümen und dem großen Orchester vergessen zu machen und der starke, lange anhaltende Applaus aus dem großen, fast ausverkauften Saal bestätigt das Gelingen dieses interessanten musikalischen Experiments.
Peter Sommeregger, 26. Mai 2019 für
klassik-begeistert.de