Philharmonie Berlin, © Schirmer
Vladimir Jurowski und das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin erwärmen die Herzen des Berliner Konzertpublikums.
Philharmonie Berlin, 3. November 2019
Heinrich Schütz Psalm 84 für achtstimmigen Chor SWV 29
„Die mit Tränen säen“ Motette für fünfstimmigen Chor SWV 378
Johannes Brahms Ein Deutsches Requiem op.45
Maria Bengtsson Sopran
Matthias Goerne Bariton
Cantus Domus (Einstudierung Ralf Sochaczewsky)
Chor des jungen Ensembles Berlin (Einstudierung Vinzenz Weissenburger)
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Vladimir Jurowski Dirigent
von Peter Sommeregger
Mit dem gewöhnlich unfreundlichen und tristen Novemberwetter kommt die Zeit, in welcher der Mensch trostbedürftig und besonders empfänglich für spirituelle Musik ist. Wie nur wenige Werke seiner Art ist das Deutsche Requiem von Brahms stets ein Labsal für die Seele. Vielleicht liegt es mit daran, dass es ein deutscher, und damit jedem verständlicher Text ist, den Brahms vertonte. Vor allem aber ist es das musikalische Genie des Komponisten, das dieses Werk zu einem der am häufigsten aufgeführten sakralen Musikstücke gemacht hat.
Brahms baute selbstverständlich auf kirchenmusikalischen Traditionen auf, und so war es eine sinnvolle Ergänzung dieses Konzertprogrammes, zwei reine Chorwerke von Heinrich Schütz dem Requiem voranzustellen. Trotz des zeitlichen Abstandes von ca. 200 Jahren waren strukturelle Ähnlichkeiten durchaus erkennbar.
Als Gesangssolisten waren Maria Bengtsson und Matthias Goerne zu hören. Bengtsson, die über eine der derzeit kostbarsten Sopranstimmen verfügt, setzte ihren glasklaren und glockenreinen Sopran mit großer Pianokultur und Höhensicherheit ein. Goerne, von jeher eher ein Konzert- als Opernsänger verfügt nach wie vor über einen kräftigen, samtenen Bariton, den er in vielen Farben leuchten lässt. Auch er versteht es, sich zurückzunehmen und mit dem Chor zu verschmelzen.
Die große Chorbesetzung durch den Chor des jungen Ensembles Berlin und den Cantus Domus verlieh dem Werk gleichermaßen die Wucht und die Zartheit, die beide in der Partitur angelegt sind. Vladimir Jurowski am Pult dirigierte das komplexe Werk mit feinen Schattierungen, nahm den großen Apparat auch immer wieder zurück, so dass man eine äußerst differenzierte Aufführung erlebte, die neben aller Monumentalität auch Raum für intime Momente ließ.
Großer, begeisterter Schlussapplaus in der ausverkauften Philharmonie Berlin. Beim Verlassen des Hauses schien der Himmel auf einmal gar nicht mehr so dunkel, der Nieselregen gar nicht mehr so trostlos zu sein.
Peter Sommeregger 4. November 2019 für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at