Foto: Foto: © Marcus Ebener
Staatsoper Unter den Linden, Berlin, Alter Orchesterprobensaal, 20. Januar 2020
Annelies Van Parys / Claude Debussy, Usher
David Ostrek Roderick Usher
Martin Gerke L’Ami
Ruth Rosenfeld Lady Madeline
Dominic Kraemer Le Medecin
Philippe Quesne Inszenierung, Bühnenbild, Licht
Marit Strindlund Dirigentin
von Peter Sommeregger
In der Musikwelt ist allgemein bekannt, dass der Komponist Claude Debussy neben seiner Oper „Pelléas und Mélisande“ noch weitere Bühnenwerke geplant hatte. Am weitesten gediehen war das Projekt, die Erzählung „Der Untergang des Hauses Usher“ von Edgar Allan Poe zu vertonen. Was Debussy aber letztlich hinterließ, war ein Fragment von nicht viel mehr als 20 Minuten Musik sowie mehrere Textentwürfe.
Die belgische Komponistin Annelies Van Parys hat dieses Material als Grundlage für ihre Kammeroper Usher genommen, es aber in völlig eigenständiger Weise weiterentwickelt. Auffällig ist die Sensibilität mit der sich Van Parys dem Stil Debussys anpasst, es ist kein Bruch in der musikalischen Linie erkennbar. Das Resultat, eine etwa 90-minütige Kammeroper, wurde 2018 im alten Orchesterprobensaal der Staatsoper Unter den Linden erfolgreich uraufgeführt und nun im Januar wieder aufgenommen.
Die Szenerie ist nur angedeutet, das klein besetzte Orchester und die vier Darsteller bewegen sich auf einer Ebene, ein Tisch, eine Couch und einige Bildschirme für die Video-Installationen reichen für die Aufführung. Aber schnell gerät man in den Sog dieser unheimlichen Geschichte, die sich in dem kleinen Raum schnell zu einer bedrückenden Atmosphäre verdichtet, die man mit steigender Spannung verfolgt. Die Grenzen zwischen der Musik Debussys und Van Parys‘ sind fließend, die zeitgenössische Komponistin hat mit äußerster Sensibilität im Sinne Debussys an dem Stoff weitergearbeitet.
Gesungen wird in französischer Sprache, aber durch dezente Übertitel kann man den Text in deutscher Übersetzung verfolgen. Nicht sehr sinnstiftend sind die Videoinstallationen, aber die sind im Zweifelsfall leicht zu ignorieren. Martin Gerke gibt die Rolle de L’Ami, des Jugendfreundes von Roderick Usher, den David Ostrek mit der dunklen Schwermut dieser Rolle ausstattet. Ruth Rosenfeld ist die in Wahnsinn abdriftende Lady Madeline und Dominic Kraemer verkörpert glaubwürdig den unheimlichen Medecin, der in diesem Libretto gegenüber dem Original Poes stark aufgewertet ist.
Für die Aufführungen des Werkes stehen jeweils nur wenige Plätze zur Verfügung, das Publikum sitzt praktisch mitten im Geschehen, was beträchtlich zur Intensität des Geschehens beiträgt. Musiktheater einmal wirklich hautnah erlebt!
Marit Strindland dirigiert ein nur ein gutes Dutzend umfassendes Ensemble aus vorwiegend jungen Mitgliedern der Staatskapelle Berlin mit spürbarer Kompetenz, sie war bereits die Dirigentin der Uraufführung im Jahr 2018
Peter Sommeregger, 21.Januar 2020, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at