Foto: © Uwe Arens (Zuschnitt)
von Ulrich Poser
Der „Unterzeichner“, hier absichtlich einmal nicht als Rezensent, sondern eher seinem Beruf entsprechend als Anwalt (hier: des Guten und Schönen) bezeichnet, hatte das Glück, die Castorf-Ring-Inszenierung mehrmals in Bayreuth live sehen und hören zu dürfen. Viele, die anfangs über die frechen Einfälle des Regisseurs mit Berliner Schnauze laut schimpften, lernten im Laufe der Jahre, die kontrovers diskutierte Umsetzung des damaligen Berliner Volksbühnen-Chefs zu lieben. Er hat das mit Abstand größte Werk der Opernliteratur durchwegs spannend, witzig sowie mit Pfiff und Herzblut inszeniert: Über 14 Stunden Action ohne Plattitüden und Langeweile. Dass er den zeitbedingt wenigen verbliebenen Ewig-Gestrigen und Hans-von-Wolzogen-Anhängern hier und da eine rechte Schelle gegeben hat, tat und tut einfach gut.
Der uneingeschränkte Star dieser Walküre-, Siegfried- und Götterdämmerung-Aufführungen war unangefochten Catherine Foster als Brünnhilde. Sie avancierte in dieser Zeit zum Publikumsliebling auf dem Grünen Hügel. Mein Gott, was für ein Weltklasse-Sopran! Sie überzeugte schon damals mit ihrer das Festspielhaus mit Leichtigkeit aus- und raumfüllenden Stimme, berauschenden Höhen und einer für eine Britin unglaublich perfekten Beherrschung der deutsch-wagnerschen Sprache. Der Hörer spürt jede Sekunde ihres Vortrages, dass Maestra Foster die Rolle der ungehorsamen Göttertochter darüber hinaus oder nebenbei höllischen Spaß macht, der das Gesamtkunstwerk der Britin schließlich als i-Tüpfelchen krönt.
Der Unterzeichner hat Frau Foster schon einige Male als Brünnhilde hören und sehen dürfen; zum wiederholten Male auch in einer Bayreuth-Aufzeichnung der Götterdämmerung aus dem Jahre 2013 am 28. Juli 2020 auf NDR-Kultur im Radio. Der Zauber, den Wotans Lieblingskind entfacht, ist auch im Radio ungebrochen. Er basiert also keineswegs nur auf ihrer sehr ansehnlichen sympathischen Live-Erscheinung, ihrer einmaligen Bühnenpräsenz und ihrem hervorragenden Schauspiel, sondern in erster Linie auf ihrer einzigartigen Jahrhundertstimme. Die Radioübertragung stellte das Vermutete eindeutig unter Beweis.
Der Unterzeichner kennt übrigens einige Weltklasse-Brünnhilden: Birgit Nilsson, Régine Crespin und Jeannine Altmeyer, um nur einige zu nennen. Kraftvoller, schöner, treffsicherer, einfühlsamer, dynamischer und damit insgesamt meisterlicher singen die anderen die Partie der Brünnhilde auch nicht, so dass sich Catherine Foster zweifellos in die Reihe der Weltbesten mühelos eingereiht hat. Dort steht sie jetzt und da gehört sie auch hin. Brava! Kein Wunder, dass sich die Intendanten weltweit folgerichtig um Catherine Foster reißen.
Ach ja, die eingangs gestellte Frage muss noch beantwortet werden: Catherine Foster ist Brünnhilde; da gibt es keine zwei Meinungen.
Und dem Schöpfer im Himmel sei gedankt, dass er die gelernte Krankenschwester in letzter Sekunde aus dem Kreißsaal geholt und ihr den Weg auf die Bühne des Bayreuther Festspielhauses und anderen Bühnen der Welt geebnet hat.
Ulrich Poser. 28. Juli 2020, für
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