Bewährtes Team

Martha Argerich, Staatskapelle Berlin, Daniel Barenboim  Philharmonie Berlin, 8. September 2021

Martha Argerich und Daniel Barenboim bescheren dem Berliner Musikfest einen Höhepunkt.

Philharmonie Berlin, 8. September 2021

Martha Argerich, Klavier
Staatskapelle Berlin
Daniel Barenboim, Dirigent

Robert Schumann:
1. und 2. Sinfonie
Klavierkonzert a-moll

Foto: Beitragsbild: © Casa Rosada (Argentina Presidency of the Nation)

von Kirsten Liese

Ist sie wirklich schon 80? Man will es kaum glauben. Gleich mit den majestätischen Akkorden, mit denen Robert Schumanns Klavierkonzert eröffnet, macht Martha Argerich eine klare Ansage: Sie ist immer noch die „Löwin“ und keineswegs kraftloser als pianistische Jungspunde, gar zunehmend aktiver im fortgeschrittenen Alter und seitens ihrer warmen, edlen Klangkultur eine Grande Dame mit Sonderklasse. Vital kommen das  Allegro affettuoso und der Finalsatz mit seinem herrlichen Ohrwurm daher, den so manche Konzertbesucher noch in der Pause vor sich hin pfeifen. Vor allem aber versteht sich  La Argerich ganz und gar auf den träumerisch versponnen Ton der Romantik, nicht zufällig fühlt sie sich Schumann unter allen Komponisten  am meisten verbunden.

Das wird besonders im zweiten Satz ohrenfällig, der dank des sensiblen Dialogisierens mit der Solo-Klarinette über weite Strecken betörend filigran anmutet. Zärtlich leise umspielt sie da mit ihren Girlanden die Holzbläser mit einer Intensität an den Tasten, die andere prominente Kolleginnen und Kollegen im Piano vermissen lassen.

In solch einem  feinen, intimen Spiel zeigt sich freilich eine größere Könnerschaft als im imposanten Tastengewitter.  Die viele Kammermusik, auf die Argerich ihren Schwerpunkt mehr und mehr verlegt hat –  seien es nun Klavierwerke zu vier Händen mit Daniel Barenboim oder Trios mit anderen Koryphäen wie Mischa Maisky und Gidon Kremer- hat gewiss ihren Teil daran.

Auch diesmal ist Barenboim, mit dem die Musikerin in den vergangenen Jahren häufig aufgetreten ist, an ihrer Seite, diesmal vom Pult aus. Sympathisch, wie unaufdringlich er sich im Hintergrund hält, seinen Dirigierstil könnte man mittlerweile fast als minimalistisch bezeichnen. Manchmal hört er versonnen zu, wenn sie ihre solistischen Kadenzen ganz ohne Orchester beseelt gestaltet, nur selten einmal holt er zu großen Bewegungen bei den Tutti aus, wenn das Orchester in das Hauptthema einstimmt. Kurzum, er macht eine ganz und gar uneitle Figur und stellt sich in den Dienst der Musik und seiner Klavierpartnerin.

Auch, dass er Argerich beim Auf-und Abtritt an der Hand führt, gehört längst zum festen Ritual dieses bewährten Teams. Nur dass –  wenn Er am Klavier nicht dabei ist –  eine Zugabe entfällt. Reine Solostücke spielt sie eben nicht mehr, das wissen wir ja.

Umrahmt wurde das Klavierkonzert an diesem reinen Schumann-Abend von den ersten beiden Sinfonien des Komponisten.

Die Erste, die „Frühlingssinfonie“, kam – bei allem  herrlichen Schwelgen im opulenten Klang – angelegentlich noch etwas wuchtig daher, wenngleich eine gewisse Breite, die Barenboim vor allem den ersten beiden Sätzen verordnet, dieser Musik gut tut. Die Zweite rührte trotz eines leicht verhetzten Scherzos noch stärker an. Am schönsten gelang das berühmte Adagio mit seinen schmerzvollen Seufzermotiven, wunderbar feinfühlig erkundet auf zartem Streicherteppich von Solo-Klarinette, -Flöte und –Fagott.

Herzlicher Beifall.

Kirsten Liese, 9. September 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Martha Argerich Festival, Konzert #5, Laeiszhalle, Hamburg, 23. Juni 2021

Anne-Sophie Mutter, Mischa Maisky, Martha Argerich Laeiszhalle Hamburg, 21. Juni 2021

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