Giacomo Puccini, Madama Butterfly
Tragedia giapponese in drei Akten
Libretto von Luigi Illica und Giuseppe Giacosa
Sächsische Staatskapelle Dresden
Sächsischer Staatsopernchor Dresden
Omer Meir Wellber, Dirigent
von Brigitte & Olaf Barthier
Giacomo Puccini hat seine Oper „Madama Butterfly“ fünf Mal überarbeitet, nachdem die Uraufführung am 17. Februar 1904 in der Mailänder Scala ein absolutes Fiasko war. Im Dezember 1906 kam aus Paris die Meldung, dass „Madama Butterfly“ nun auf dem Triumphzug sei.
Die Semperoper hatte auf dem Spielplan 2020/21 eine Premiere der „Madama Butterfly“, die leider wegen der Pandemie ausgefallen ist. Alternativ hatte man sich dazu entschieden, eine gekürzte konzertante Version auf die Bühne zu bringen. Unter dem Motto „die Semperoper traut sich etwas Großartiges“, berichtete ich von dieser wunderbaren Veranstaltung am 27. September 2020.
In diesem Jahr stand neuerlich die Premiere „Madama Butterfly“ auf dem Spielplan; Termin war der 2. April 2022. Wieder schlug das Schicksal zu und die Premiere mußte erneut wegen Corona abgesagt werden. Neuer Termin war der 6. April, da wir diesen Termin nicht wahrnehmen konnten, erlebten wir am 8. April 2022 mit großer Erwartung die neue Inszenierung der „Madama Butterfly“ an der Semperoper.Die angekündigten Solisten und die musikalische Leitung versprachen eine gelungene Aufführung. Am Pult stand ein in Dresden sehr willkommener Gastdirigent, Omer Meir Wellber. Dieser Perfektionist, welchen wir sehr schätzen, schaffte es mit der Sächsischen Staatskapelle, Puccinis wunderbare Komposition aus italienischen Klangbildern und japanischen Folkloreklängen miteinander zu verweben und eine angedeutete Exotik beinahe träumerisch darzustellen.
Die Protagonisten waren durchweg alle brillant. Onkel Bonzo wurde gesungen von dem Bass Nicolai Karnolsky. Fürst Yamadori gab Sebastian Wartig seine Stimme, ein ausgezeichneter junger Bariton aus dem Ensemble der Semperoper. Aaron Pegram interpretierte die Figur des Goro, ein begeisterter Buffotenor mit einer ausgeprägten Leidenschaft zum Spiel. Der amerikanische Konsul wurde gegeben durch Gabriele Viviani, ein gebürtiger Italiener mit einem sehr differenzierten und präsenten Bariton. B.F. Pinkerton, die Worte reichen nicht, um diese Stimme von Freddie De Tommaso zu beschreiben. Dieser Heldentenor mit britischen und italienischen Wurzeln hatte genau das richtige Timbre für diese Rolle. Vom ersten bis zum dritten Akt überzeugte er und begeisterte uns in hohem Maße. Die Figur der Kate Pinkerton ist bekanntlich sehr undankbar, was wiederum von Nicole Chirka, Mitglied des Jungen Ensemble der Semperoper, eindrucksvoll bewältigt wurde.
Nun zur wunderbaren Suzuki, gespielt und gesungen von der großartigen Mezzosopranistin und Kammersängerin Christa Mayer. Es ist immer wieder fantastisch und bewundernswert, mit welcher Vielfältigkeit und Tiefe Christa Mayer die verschiedensten Rollen ihres Faches ausfüllt.
Eindeutiger Star des Abends war Kristīne Opolais als Cio-Cio-San (Butterfly). Die in Lettland geborene Sopranistin überwältigte uns mit ihren vielfältigen Stimmmodulationen. Im ersten Akt noch zart und jugendlich, im zweiten Akt eher bestimmt und selbstbewußt, im dritten Akt verzweifelt aber willensstark. Ihr Timbre war warm, konnte auch tief sein. Nicht nur mit ihrer gesanglichen Interpretation, sondern auch in der Gestik ihres Spiels konnte sie ihre Leidenschaft vorzüglich darstellen.
Die Oper „Madama Butterfly“ von Giacomo Puccini und die Oper „Die Afrikanerin“ von Giacomo Meyerbeer haben viel gemeinsam: Bei beiden sind es Männer aus der westlichen, sich dominant fühlenden Gesellschaft, und diese „nehmen“ sich Frauen aus anderen Ländern, die meist sehr vertrauensselig und gutmütig sind und machen sich diese zynisch zu Nutze.
Nun zur Inszenierung von Amon Miyamoto. Kurz gesagt, eine Inszenierung, die man nicht braucht. Ich glaube, Harry Kupfer fing damit an, Richard Wagners Holländer aus der Sichte der Senta zu erzählen. So auch hier: die Aufführung begann, indem während des Vorspiels aller drei Akte wir in ein Krankenzimmer blickten, wo ein Mann, Pinkerton, sich dem Lebensende nahte, und seinem Sohn mit einem Brief die Geschichte über sich und seine leibliche Mutter Butterfly erzählte. Die Figur des erwachsenen Sohnes war, wie ein Beobachter, während der gesamten Aufführung mit auf der Bühne präsent.
Die Geschichte der Butterfly war in einem japanisch assoziierten Kontext eingebunden und alle Klischees wurden bedient. Klassisch kleines Gartenhaus, die Damen operettenhaft wie Geishapüppchen mit Trippelschritt. Die Gestik, besonders der Butterfly, scheinbar historischen japanischen Holzschnitten entnommen, wirkte in diesem Kontext manchmal eher wie eine Karikatur. Der Schluss erinnerte uns stark an Tristan und Isolde. Nach dem Selbstmord von Butterfly erschien sie im Krankenzimmer von Pinkerton und beide gingen im weißen Gewand in ein weißes Licht von der Bühne ab. Dieses versöhnliche Ende entspricht in keiner Weise dem tragischen Ende der Oper.
Brigitte & Olaf Barthier, 11. April 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Giacomo Puccini: Madama Butterfly (konzertant in 90 Minuten) Semperoper Dresden, 26. September 2020
Giacomo Puccini, Madama Butterfly Wiener Staatsoper, 7. September 2020