„Fantasie ist das Auge der Seele“ – Die neue Intendantin der Semperoper Dresden verspricht eine anregende Liaison aus Tradition und Gegenwart

Spielzeitheft 2024/25 © Semperoper Dresden

Spielzeit-Präsentation 2024/25

Semperoper Dresden, 14. März 2024

von Pauline Lehmann

Emphatisch hat die „Fantasie“ die Fackel der Begeisterung in ihrer Hand emporgehoben. Die Allegorie und die Musen der Theaterkünste, die auf dem Schmuckvorhang des Hauses zu sehen sind, stechen auf dem Cover des neuen Spielzeitheftes grellbunt ins Auge. „Stell dir vor,“ kündet das Motto, mit dem die designierte Intendantin, Nora Schmid, und ihr Team die kommende Opernsaison in der sächsischen Landeshauptstadt bewerben und an die Vorstellungskraft des Publikums appellieren. „Spielzeit-Präsentation 2024/25
Semperoper Dresden, 14. März 2024“
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Thielemanns Dresdner „Tristan“: Wie mezza voce die Leidenschaft bremst

Christian Thielemann © Matthias Creutziger

Richard Wagner
Tristan und Isolde

Tristan    Klaus Florian Vogt
Isolde    Camilla Nylund
König Marke    Georg Zeppenfeld
Brangäne    Tanja Ariane Baumgartner

Dirigent    Christian Thielemann

Livestream aus der Semperoper Dresden, Februar 2024

von Peter Sommeregger

Im Januar und Februar 2024 fand an der Dresdner Semperoper eine Aufführungsserie von Richard Wagners „Tristan und Isolde“ statt. Christian Thielemann, scheidender Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle, nutzte diese für ein spektakuläres Finale seiner langjährigen Tätigkeit in Dresden.

Ein Großteil der Rezensionen dieser Aufführungen fiel reichlich euphorisch aus. Nachdem nun, vorab zu einer Veröffentlichung auf Bildträgern, im Stream die Aufführung erlebbar ist, ergibt sich die Möglichkeit selbst zu einem Urteil zu kommen. So ganz möchte man die große Begeisterung vieler Kritiker nicht teilen. „Richard Wagner, Tristan und Isolde
Livestream aus der Semperoper Dresden, Februar 2024“
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Gedenkkonzert 13. Februar in Dresden: Dunkel und wunderbar anmutig erklingt Brahms – verpasste Revolution?

Christian Thielemann © Sächsische Staatskapelle Dresden / Matthias Creutziger

Extrem laute Bässe wummern, man hört Polizeidurchsagen, hier und dort explodiert ein Böller. Der Weg durch die Altstadt zur Semperoper ist am 13. Februar in Dresden jedes Jahr aufs Neue ein durchaus stressiges Unterfangen – ist dieser Tag doch der gesellschaftlich in seiner Deutung am stärksten umkämpfte Tag der sächsischen Elbmetropole. Den politischen Grabenkämpfen Kunst entgegenzusetzen, hat sich die Staatskapelle neben vielen weiteren Dresdner Kulturinstitutionen zur Aufgabe gemacht. Mit dem Brahms’schen Requiem gelingt der Sächsischen Staatskapelle unter Christian Thielemann ein vorzüglicher Abend, der in seiner interpretatorischen Deutung jedoch nicht konsequent zu überzeugen vermag.

 

Johannes Brahms
Ein deutsches Requiem

Christian Thielemann, Dirigent
Sächsische Staatskapelle Dresden
Sächsischer Staatsopernchor Dresden

Semperoper Dresden, 13. Februar 2024

von Willi Patzelt

Die Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945 hat Dresden und seine Bürgerschaft wohl wesentlicher geprägt als jede andere – bis zum heutigen Tage. In vier Angriffswellen britischer und amerikanischer Luftstreitkräfte wurde das Zentrum der Barockstadt an der Elbe, die sich dort bis dato seit den Tagen Augusts des Starken kaum bis gar nicht verändert hatte, als Folge der deutschen Angriffskriege auf das Heftigste zerbombt und kostete damit circa 25.000 Dresdner das Leben.

„Johannes Brahms, Ein deutsches Requiem
Semperoper Dresden, 13. Februar 2024“
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Mit einem grandiosen Brahms-Requiem gedachten Christian Thielemann und die Sächsische Staatskapelle der Zerstörung Dresdens am 13. und 14. Februar 1945

Christian Thielemann © Matthias Creutziger

So sehr ich das konzentriert lauschende Publikum in Dresden schon immer geschätzt habe: So ergriffen wie an diesem Abend habe ich es selten erlebt. Am Ende stand der ganze Saal, verbunden  in Gedanken an jenen Tag, an dem Dresden unterging. In aller Stille. Es war das letzte denkwürdige Gedenkkonzert Thielemanns an diesem Ort, aber hoffentlich nicht das letzte überhaupt.

6. Symphoniekonzert

Johannes Brahms: Ein deutsches Requiem  op. 45

Julia Kleiter, Sopran
Markus Eiche, Bariton

Sächsische Staatskapelle Dresden
Sächsischer Staatsopernchor Dresden (Leitung: André Kellinghaus)
Musikalische Leitung: Christian Thielemann

Semperoper, Dresden     13. Februar 2024

von Kirsten Liese

Was lässt sich noch über einen genialen Dirigenten sagen, der alle bedeutenden Werke seines Repertoires aus dem Kopf abrufen kann, sogar  Opern wie vor zehn Tagen Wagners Tristan? Eigentlich ist das unvorstellbar, keiner macht das Christian Thielemann nach.

Nach dem jüngsten Konzert in Dresden lässt sich tatsächlich noch etwas hinzufügen: Der Berliner hat als Einziger mit dem gebotenen Ernst ein ehrenwertes Gedenken an den 13. Februar 1945 ermöglicht – ein Datum, das wie kaum ein anderes für die Sinnlosigkeit von Krieg und Gewalt steht. „6. Symphoniekonzert, Johannes Brahms: Ein deutsches Requiem op. 45
Semperoper, Dresden 13. Februar 2024“
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Thielemanns letzter Tristan in Dresden: Einfach genial!

Tristan 2024, Dresden, Camilla Nylund, Klaus Florian Vogt © JF

Mit dem jüngsten Dresdner Tristan hat sich Thielemann selbst noch einmal übertroffen. Seit 20 Jahren habe ich keinen so rundum vorzüglichen Tristan mehr erlebt. Vielleicht ist dies mein letzter, einen mittelmäßigen will ich nach diesem jedenfalls nicht mehr erleben.

Richard Wagner
Tristan und Isolde
Handlung in drei Aufzügen
Libretto vom Komponisten

Musikalische Leitung: Christian Thielemann

Inszenierung und Bühnenbild: Marco Arturo Marelli
Kostüme: Dagmar Niefind-Marelli

Chor: André Kellinghaus

Tristan: Klaus Florian Vogt
Isolde: Camilla Nylund
König Marke: Georg Zeppenfeld
Brangäne: Tanja Ariane Baumgärtner
Kurwenal: Martin Gantner
Melot: Sebastian Wartig

Ein Hirt: Attilio Glaser
Ein Steuermann: Lawson Anderson
Ein junger Seemann: Attilio Glaser

Sächsische Staatskapelle Dresden und Sächsischer Staatsopernchor

Dresden, Semperoper, 3. Februar 2024

von Kirsten Liese

Es ist vielleicht von Vorteil, dass Christian Thielemann den Tristan nicht allzu oft – und schon längere Zeit nicht mehr dirigiert hat.

Dieser Musik kann man sich nicht alle Tage hingeben, andernfalls bestünde wohl die Gefahr, gegen ihre narkotische Wirkung resistent zu werden – unvorstellbar bei einem solchen Bekenntnismusiker wie Thielemann, der sich für Wagners Musik verzehrt. „Richard Wagner, Tristan und Isolde
Dresden, Semperoper, 3. Februar 2024“
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Tristan in Dresden: (K)ein Vollrausch

Christian Thielemann © Matthias Creutziger

Wenn Thielemann auf dem Programmzettel steht, tritt regelmäßig ein, was vorher bereits zu erwarten ist: absolute Perfektion – Klangmagie vom Allerfeinsten. Doch gleich dem Lächeln des nach dem Tageskampf verstorbenen „Helden ohne Gleichen“ ist Thielemanns Tristan in Dresden über weite Strecken ein milder und ein leiser, und dabei jedoch ein nicht minder klangmagischer. Um das fulminante Rollendebüt von Klaus Florian Vogt als Tristan und die herrliche Lokalmatadorin Camilla Nylund erreicht eine perfekte Sängerbesetzung das absolute Maximum an Qualität. Mit einer wunderbaren Inszenierung gelingt ein Gesamtkunstwerk vom Allerfeinsten. Und dennoch: Die abgründig-perversen Seiten des Tristan bleiben an diesem Abend unbefriedigt.

Richard Wagner

Tristan und Isolde
Handlung in drei Aufzügen, Libretto vom Komponisten

Christian Thielemann, Dirigent
Sächsische Staatskapelle Dresden
Marco Arturo Marelli, Regie und Bühnenbild    

Semperoper Dresden, 21. Januar 2024

von Willi Patzelt

Christian Thielemann kokettiert mit nahezu allem, was er macht. Vor einigen Jahren noch sprach er grinsend davon, wie „pingelig“ er – getrieben von seinem „Preußen-Fimmel“ – beim Proben wäre. Heute geriert er sich offensiv als weiser, väterlicher und nicht mehr so dickköpfiger, ja als ein höchst gediegener Kapellmeister. Als solcher bezeichnete sich der nun scheidende Chef der Dresdner Kapelle immer schon – stets darauf verweisend, dass der „Kapellmeister“ nicht ein langweiliges Pendant zum hochinspirierten „Dirigenten“ sei. Und seit Jahren setzt Kapellmeister Thielemann mit dieser Herangehensweise Maßstäbe. Nicht um den breiten Pinsel ginge es bei der – wie sie Thielemann augenzwinkernd nennt – „Kapellmeisterei“. Vielmehr hat der Berliner ein feinsinnig-farbenreiches klangmalerisches „Finetuning“ komplexer Partituren perfektioniert.

„Richard Wagner, Tristan und Isolde
Semperoper Dresden, 21. Januar 2024“
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Dresden: Klaus Florian Vogt vollendet seinen Wagner-Zyklus und triumphiert auch als Tristan

Tristan 2024, Dresden, Camilla Nylund © JF

Die Lohengrin-, Stolzing- und Siegfried-Szene hat Klaus Florian Vogt längst im Griff, jetzt mischt er auch noch den Tristan mächtig auf. Dieser Tenor singt nicht gegen, sondern mit Camilla Nylunds allmächtiger Isolde.

Tristan und Isolde
Musik und Libretto von Richard Wagner

Semperoper Dresden, 21. Januar 2024

von Johannes Karl Fischer

Es ist vollbracht. Klaus Florian Vogt schließt die letzte Lücke seines Wagner-Fachs, von Lohengrin bis Parsifal hat er jetzt alle großen Rollen durch. Auch den Tristan singt er sanft wie Stolzing-Lieder, Vogt bleibt eben Vogt. Völlig mühelos schwebt er durch die endlosen Kraftakte von Wagners wohl forderndster Tenorpartie, selbst den von vielen Spitzensängern gefürchteten dritten Aufzug bewältigt er ganz ohne Müh’. Er steht einfach da, der Körper des schwer verwundeten Tristans zittert durch die stark verschmutzte Kulisse, und singt. Nicht mehr, nicht weniger. „Tristan und Isolde, Musik und Libretto von Richard Wagner
Semperoper Dresden, 21. Januar 2024“
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Dresden: D’Espinosa dirigiert einen fulminanten Figaro

Christoph Pohl (Il Conte d’Almaviva), Alexander Hajek (Antonio), Sarah-Jane Brandon (La Contessa d’Almaviva), Emily Dorn (Susanna), Zachary Nelson (Figaro) © Semperoper Dresden/Matthias Creutziger

Die schönsten Opernabende sind oftmals jene, die auf dem Spielplan zunächst recht unscheinbar daherkommen und dann zum phänomenalen Erlebnis werden. Zumal jene klassischen Repertoire-Abende auch nicht selten nach „Dienst nach Vorschrift“ klingen, was einem Repertoirebetrieb auch nicht zum Vorwurf zu machen ist. Doch dann gibt es jene Abende, an denen alles nicht nur – wie es an der Dresdner Semperoper ohnehin der Regelfall ist – sehr gut funktioniert, sondern darüber hinaus alle förmlich über sich hinauswachsen, und der Abend gleichsam abzuheben beginnt. Mit der „Hochzeit des Figaro“ unter der Leitung von Gaetano D’Espinosa gelingt ein ebensolcher Abend. Mozart at its best in Dresden!

Wolfgang Amadeus Mozart
Le nozze di Figaro

Opera buffa in vier Akten                                Libretto von Lorenzo Da Ponte nach dem Schauspiel »La folle journée ou le Mariage de Figaro« von Pierre Augustin Caron de Beaumarchais

Gaetano D’Espinosa, Dirigent
Staatskapelle Dresden

Johannes Erath, Regie
Katrin Connan, Bühnenbild

Semperoper Dresden, 18. September 2023

von Willi Patzelt

Es ist schon sehr bemerkenswert: Nur wenige Meter entfernt proben zeitgleich die restlichen Kapell-Musiker mit Christian Thielemann den Strauss’schen Zarathustra für das anstehende Jubiläumskonzert zum 475. Gründungstag der Sächsischen Staatskapelle Dresden. Ein Orchester, das sich zeitgleich einen Figaro und einen Zarathustra personell leisten kann, muss ohnehin schon als Ruhmesblatt einer Kulturstadt gelten! „Wolfgang Amadeus Mozart, Le nozze di Figaro
Semperoper Dresden, 18. September 2023“
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Die Dresdner „Pique Dame“ ist ein musikalisches Glücksspiel

Vida Miknevičiūtė (Lisa), Christoph Pohl (Fürst Jelezkij) © Semperoper Dresden/Ludwig Olah

Semperoper Dresden, 15. Juli 2023

 

Pjotr I. Tschaikowsky, Pique Dame

Oper in drei Akten und sieben Bildern
Libretto von Modest I. Tschaikowsky

Musikalische Leitung,  Mikhail Tatarnikov

Inszenierung,  Andreas Dresen
Mitarbeit Regie,  Frauke Meyer
Bühnenbild,  Mathias Fischer-Dieskau
Kostüme,  Judith Adam
Licht,  Fabio Antoci
Choreografie,  Michael Tucker
Chor,  André Kellinghaus
Kinderchor,  Claudia Sebastian-Bertsch

Dramaturgie,  Benedikt Stampfli

Sächsischer Staatsopernchor Dresden
Kinderchor der Semperoper Dresden
Sächsische Staatskapelle Dresden

von Pauline Lehmann

 

Als letzte Premiere in der auslaufenden Spielzeit stand an der Semperoper Dresden am 1. Juli 2023 Pjotr I. Tschaikowskys Kartenspieler-Oper „Pique Dame“ in der Regie von Andreas Dresen auf dem Programm. Der bekannte und mehrfach ausgezeichnete Filmregisseur von „Stilles Land“, „Als wir träumten“, „Sommer vorm Balkon“, „Gundermann“ u.a. gibt mit einer eigenwilligen, drastisch überspitzten und satirisch überzeichneten Inszenierung sein Regiedebüt am Dresdner Opernhaus. Mit der Aufführung vom Samstagabend verabschiedet sich das Haus an der Elbe überdies in die Sommerpause. Bei hochsommerlichen Temperaturen ist das Opernhaus nur mäßig gut besucht, gerade im Parkett bleiben viele Plätze leer, doch das Publikum zeigt sich begeistert, es gibt Zwischenapplause und stehende Ovationen. „Pjotr I. Tschaikowsky, Pique Dame, Oper in drei Akten und sieben Bildern
Semperoper Dresden, 15. Juli 2023“
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Dramatisch, aufgeregt, abgeklärt und jenseitig: Thielemann dirigiert Mahlers Dritte

10. Sinfoniekonzert von Sächsische Staatskapelle Dresden am 21.05.2023 in der Semperoper, Foto: Oliver Killig


Sächsische Staatsoper Dresden, 21. Mai 2023


Gustav Mahler
Symphonie Nr. 3 d-Moll

Musikalische Leitung: Christian Thielemann

Altsolo: Christa Mayer
Damen des Sächsischen Staatsopernchores Dresden
Kinderchor der Semperoper Dresden

Sächsische Staatskapelle Dresden

von Kirsten Liese

Die letzte Vorstellung der Meistersinger liegt gerade eine Woche zurück, da steht bei Christian Thielemann schon ein weiteres gewaltiges Opus auf dem Programm. Viel Zeit zum Proben zwischen Oper und diesem 10. Sinfoniekonzert blieb also nicht, aber das sollte der Wiedergabe von Mahlers Dritter nicht zum Nachteil geraten, im Gegenteil:  Auch diese  – verglichen mit Brucknersinfonien – noch weniger vertraute Partitur ergründete Thielemann tiefgründig bis in kleinste Einheiten hinein. „Gustav Mahler, 3. Symphonie
Sächsische Staatskapelle Dresden, Christian Thielemann“
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