Foto: Rätzke (c)
Elbphilharmonie Hamburg, 5. Februar 2018
Franz Schubert
Auszüge aus Rosamunde D 797 / mit Texten von Ulla Hahn (Uraufführung)
Sinfonie Nr. 8 C-Dur D 944 »Große C-Dur-Sinfonie«
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Ulla Hahn, Sprecherin
Kent Nagano, Dirigent
von Sebastian Koik
Es war eine harte Zeit für Franz Schubert, als er diese Komposition verfasste. Der große Ludwig van Beethoven legte mit seinen Sinfonien derart gewaltig vor, dass der sensible Komponist sich fragte, was man denn nach Beethoven noch komponieren könne. Was kann man noch erschaffen, das nicht von vornherein im Vergleich mit dem großen Komponistengenie als schwach und redundant erschiene? In der Geschäftswelt, im Sport, im Showbiz mag das anders sein, doch in Kunst und Musik sind die sensibleren, zweifelnderen Geister oft besonders feine Künstler. Das gilt auch für Franz Schubert.
Der hochbegabte Komponist beweist mit seiner Sinfonie Nr. 8 C-Dur D 944, auch »Große C-Dur-Sinfonie« genannt, dass trotz seines geringen Selbstbewusstseins seine Kunst groß ist. Beim Verlassen der wunderbaren Elbphilharmonie hört man Konzertbesucher die prägende Melodie des Stücks summen und pfeifen.
Auch das Philharmonische Staatsorchester macht seine Sache mit diesem frischen und lebendigen Stück teilweise ganz gut. Die Musik scheint dem Orchester zu liegen. In den melodischen Passagen überzeugt das Orchester und kann Freude an der Musik vermitteln. In den stärker rhythmischen Passagen hingegen bleiben die Musker unter Nagano blass und können keinen Sog entwickeln.
Dem Orchester fehlt es an diesem Abend unter dem Generalmusikdirektor an Spritzigkeit, Präzision und Gestaltung. Es fehlt etwas an Pfeffer. Die Melodieteile gelingen immer wieder gut, doch der Rest bleibt zu unlebendig und fad. Ein wenig mehr Dramatik und Leidenschaft täten gut. Es fehlt dem Orchester unter Nagano an der entscheidenden Überzeugungskraft.
Noch schwächer ist das Orchester in der ersten Hälfte des Konzertes mit Auszügen aus Rosamunde D 797, mit Texten von Ulla Hahn. Franz Schubert hatte bei seinen Kompositionen für die Bühne das Pech, es immer mit schlechten Textvorlagen zu tun zu haben. Ganz besonders auch bei Rosamunde, „Großes romantisches Schauspiel in vier Aufzügen, mit Chören, Musikbegleitung und Tänzen“. So gab Kent Nagano Ulla Hahn, Schriftstellerin und Lyrikerin und außerdem Ehefrau von Bürgermeister a. D. Klaus von Dohnanyi, den Auftrag für neue Texte in einer Gesamtlänge von insgesamt maximal zehn Minuten. Diese trägt Frau Hahn von einem Schreibtisch auf der Bühne aus vor, vor ihr sitzen zwei Mädchen und zwei Jungen auf ein paar bunten Kissen und bekommen auch eine kleine Sprechrolle.
Nun ja, es ist mal etwas anderes, aber das ist vielleicht nicht wirklich das, was man in einem Konzertsaal sehen und hören will. Man hat das gewaltige Potential eines großen Orchesters auf der Bühne, und anstatt dass man sich von diesem in einer von unzähligen genialen Stücken in musikalische Welten entführen lässt, sitzt das große Potential ungenutzt da und hört zu mehreren Dutzenden zusammen mit dem Publikum der Vorleserin zu. Man kann so etwas in einem Kinderkonzert bringen, abends in der Elbphilharmonie muss man so etwas nicht wirklich wieder sehen.
Nach den Textpassagen von Frau Hahn spielt das Orchester auf eine Art, die man solide nennen könnte. Doch das reicht nicht, um zu verzaubern. „Solide“ ist für ein großes Orchester zu wenig. Man wünscht sich etwas mehr Schwung, Kraft, Spritzigkeit, Emotion und Mut. Die Musik vermag nicht mitzureißen, zu berühren, zu begeistern. Die Interpretation ist zu uninspiriert und für anspruchsvolle Hörer zu belanglos. Es fehlt diesem Orchester unter Kent Nagano an diesem Abend etwas an Esprit, Überzeugung und Pfiff.
Sebastian Koik, 6. Februar 2018, für
klassik-begeistert.de