Vilde Frang © Sussie Ahlburg, EMI Classics
Wiener Konzerthaus, Großer Saal, Sonntag, 25. Juni 2023
Wiener Symphoniker
Vilde Frang, Violine
Fabio Luisi, Dirigent
PROGRAMM
Edward Elgar
Konzert für Violine und Orchester h-moll op. 61
***
Franz Schmidt
Symphonie Nr. 2 Es-Dur
von Kathrin Schuhmann
Das Konzert für Violine und Orchester in h-moll, op. 61 (1909–1910) von Edward Elgar (1857–1934) ist unumstritten ein Meisterwerk der romantischen Konzertliteratur, das ebenso meisterhafte Interpreten und Interpretinnen verlangt, um seine Wirkungskraft in Gänze entfalten zu können. Sowohl die Wiener Symphoniker unter der Leitung von Fabio Luisi als auch die norwegische Weltklasse-Solistin Vilde Frang demonstrierten im Matinee-Konzert vom 25. Juni im Großen Saal des Wiener Konzerthauses eindrücklich, dass sie über genau diese gefragten Ausnahme-Fertigkeiten verfügen und so überrascht es kaum, dass die Darbietung ein voller Erfolg wurde!
Die Musiker fesselten das Publikum während der 55-minütigen Darbietung über jeden der vier Sätze hindurch nicht nur mit einer Virtuosität, die ihresgleichen sucht, sondern zudem mit einer bis ins feinste Detail ausgeformten Musikalität der stark gefühlsakzentuierten Tonsprache Elgars. Egal, ob die düster, mysteriös anmutende Einleitung des Orchesters im eröffnenden Allegro-Satz erklang oder die zarte, lyrische Melodik der Solo-Violine im Adagio-Satz: Ergriffen lauschten die Hörer der facettenreichen musikalischen Entwicklung. Und auch das temperamentvolle Scherzo des dritten Satzes begeisterte in gleichgroßem Maße wie der zwischen feurig-energiegeladenen Solopassagen und Momenten lyrischen Ausdrucks changierende Schlusssatz.
Das Publikum dankte den Musikern mit kaum enden wollendem Applaus – eine Reaktion, die als Zeichen interpretiert werden darf, dass nicht nur oft gehörte und wohlbekannte Dauerbrenner der Klassikwelt in der Lage sind Erfolgsgeschichten zu schreiben, sondern auch oft viel zu lang in den Notenarchiven wohlverwahrte und deshalb wenig vertraute Schätze des klassischen Repertoires vom Publikum bei entsprechend qualitätsvoller Darbietung wertschätzend aufgenommen werden.
Im selben Wortreichtum, mit dem also die Darbietung von Elgars Komposition hat lobend bedacht werden können, ist man im Folgenden geneigt, die sich anschließende Komposition zu überhäufen, dies jedoch mit Formulierungen des Missfallens. Die dreisätzige Symphonie Nr. 2 in Es-Dur (1911–1913) von Franz Schmidt (1874–1939) nahm in ihrer 50-minütigen Ausdehnung zwar fünf Minuten weniger Zeit in Anspruch als das zuvor erklungene Violinkonzert, wirkte aber aufgrund verschiedener, allesamt wenig zuträglicher Eigenheiten gleichsam endlos. So trugen weder die Fortissimo-Ausbrüche des riesigen Orchesterapparates in den Außensätzen, noch die unmotiviert wirkenden Kontrapunkte und Chromatikpassagen zu einem Hörerlebnis bei, dem man möglichst lange ausgesetzt sein möchte. Die unzureichende Ausbalancierung des Instrumentariums führte zu einem phasenweise unverständlichen Klangeindruck, der schon bald in eine sich einstellende Langeweile und Ungeduld bei der Zuhörerschaft umschlug.
Dementsprechend verhalten fiel der Schlussapplaus aus: Aus Höflichkeit beklatschte man die Musiker und den Dirigenten, war insgeheim aber froh, nach dieser Klangwalze, die leider auch die Eindrücke vom Violinkonzert fast gänzlich überfahren hatte, ins Freie zu gelangen, um sich im zarten Grün des angrenzenden Stadtparks von den brachialen Angriffen auf die Trommelfälle zu erholen.
Kathrin Schuhmann, 26. Juni 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Vilde Frang, Robin Ticciati, Elbphilharmonie Hamburg
E. W. Korngold, E. Elgar, Symphoniker Hamburg, Elbphilharmonie Hamburg