Vilde Frang fasziniert und beschenkt das Publikum – DSO berauscht mit Dvořáks herrlicher Neunter

Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Vilde Frang, Robin Ticciati,  Elbphilharmonie Hamburg

Foto: © Lillian Birnbaum
Elbphilharmonie Hamburg
, 4. September 2018
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Vilde Frang, Violine
Robin Ticciati, Dirigent
Ludwig van Beethoven, Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 61
Antonín Dvořák, Sinfonie Nr. 9 e-Moll op. 95 »Aus der Neuen Welt«

von Sebastian Koik

Vilde Frang ist mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin zu Gast in der Elbphilharmonie. Zunächst steht Beethovens Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 61 auf dem Programm. Die Norwegerin spielt mit einer natürlichen Virtuosität und Leichtigkeit. Ihr sensibles, nuancenreiches Violinspiel wirkt so selbstverständlich. Vilde Frang ist eine der besten und gefragtesten Geigerinnen der Gegenwart und wirkt auf der Bühne so unfassbar normal und unschuldig. Sie wirkt meist so, als wäre sie mit sich und ihrem Instrument allein, allein im Saal, allein in der Musik. Sie wirkt, als interessiere sie der Rest nicht, als könnten Ruhm, Rummel und Geschäft ihr nichts anhaben, als könnte nichts sie korrumpieren, als könnte nichts sie von ihrem wahren Selbst und der geliebten Musik entfremden.

Wenn Vilde Frang auf der Bühne steht, dann wirkt das nicht wie ein Auftritt, sondern wie etwas Besonderes, gänzlich Unschuldiges und Privates. Es ist ein Geschenk, dass sie einen an diesem intimen Akt ihrer Beziehung zu ihrem Instrument und der Musik teilhaben lässt.

Die sympathische Star-Geigerin ist eine Meisterin ihres Fachs. Ihr Spiel makellos. Frau Frang musiziert mit großer Innerlichkeit, mit explosiver Dramatik, herrlich zart und sanft und mit mitreißenden energetischen Ausbrüchen.

Das Orchester unter Robin Ticciati wünschte man sich in der ersten Konzerthälfte gelegentlich noch etwas spritziger und zupackender. Der Dirigent und seine Musiker machen es gut, holen aber nicht alles aus der Beethoven-Komposition heraus. Man wünschte sich oft ein klein wenig mehr Witz und Raffinesse.

Das soll sich in der zweiten Konzerthälfte ändern!

Antonín Dvořáks Sinfonie Nr. 9 e-Moll op. 95 »Aus der Neuen Welt« wird unter den Händen von Robin Ticciati und den Könnern vom Deutschen Symphonie-Orchester Berlin zu einem berauschenden Hochgenuss. Die Musiker agieren herrlich sanft und zart und mit einer ganz wunderbaren tiefen Ruhe in den leisen Stellen und werfen sich kraftvoll in die lauten Passagen. Die musikalische Spannung ist groß.

Im zweiten Satz kreieren die Künstler eine traumhaft schöne paradiesische Idylle. Die ganze schöne Sinfonie erklingt an diesem Abend außergewöhnlich – und dieser zweite Satz ist der Höhepunkt. Besser kann man das nicht spielen!

Im dritten und vierten Satz entzückt das Orchester mit Schärfe und Aggressivität, zupackendem und mitreißendem Musizieren und plötzlichen Dynamik-Sprüngen. Herrlich klingen die Posaunen und Trompeten, die Pauken spielen auf den Punkt. Der Vortrag des DSO ist knackig, begeistert mit perfektem Timing und Witz. Gegen Ende steigert sich das leidenschaftliche Musizieren der Berliner in einen Rausch, bis die Luft fast zu brennen scheint. Das Finale ist von grandioser Überzeugungskraft, als ginge es für das ganze Orchester um Leben und Tod.

Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin unter Robin Ticciati lebt! Und das Publikum in der Elbphilharmonie ist glücklich.

Sebastian Koik, 5. September 2018, für
klassik-begeistert.de

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