Klein beleuchtet kurz 10: Sonya Yoncheva und Riccardo Massi

Klein beleuchtet kurz 10: THE ART OF Sonya Yoncheva und Riccardo Massi  Staatsoper Hamburg,  21. Dezember 2023

Riccardo Massi, Sonya Yoncheva, Leonardo Sini; Foto Patrik Klein

Donnerstag Abend in der Staatsoper Hamburg:

THE ART OF Sonya Yoncheva und Riccardo Massi (21. Dezember 2023)

Mit der Reihe THE ART OF knüpft die Staatsoper Hamburg an eine lange Tradition an: Luciano Pavarotti, José Carreras, Grace Bumbry, Montserrat Caballé und viele andere eroberten so schon bei Lieder- oder Arienabenden das hanseatische Publikum.

Die bulgarische Sopranistin Sonya Yoncheva und der italienische Tenor Riccardo Massi standen nun gestern Abend zusammen mit dem Philharmonischen Staatsorchester Hamburg unter der Leitung von Leonardo Sini auf der Bühne der Staatsoper.
Warum man aus dem Programm des Abends ein Geheimnis machte und es erst beim Abholen des Besetzungszettels vernahm, blieb ein Rätsel. Auch die Tatsache, dass es in letzter Sekunde einen Dirgentenwechsel gab und zudem der italienische Tenor Riccardo Massi komplett verschwiegen wurde und nur beim Eintauchen in die Tiefen der Staatsopernwebseite überhaupt zu finden war, grenzt schon an eine Frechheit.

Ein Puccini Abend in der Staatsoper Hamburg – Hit an Hit und dennoch sprang der Funke heute Abend nicht so richtig über.

Sonya Yoncheva; Foto Patrik Klein

Man darf sich gewiss fragen, warum? Da gab es Arien aus Le Villi, das Orchesterstück „Capriccio Sinfonico“, Hits aus La Bohème, Madama Butterfly und Manon Lescaut. Zugaben kamen nach dem Programmende noch mit „Vissi d’arte, vissi d’amore“ aus Tosca, „Nessun dorma“ aus Turandot und zuletzt „O mio babbino caro“ aus Gianni Schicchi.

Mehr als höflicher Applaus und ein paar Bravorufe gab es nicht. Allerdings gab es jede Menge Leute, die das Haus ab der Pause verließen.

Mir kam das Dirigat vor Allem zu brav daher. Da war kaum Feuer, keine rasenden Tempowechsel, eher Sicherheit. Das kennen wir doch zur Genüge von unserem General Musikdirektor. Es gab keine Monitore für die Solisten, die im Rücken des Dirigenten standen und kaum Blickkontakt hatten. Frau Yoncheva hatte keinen guten Tag erwischt. Sie wirkte verunsichert, in den Tiefen und mittleren Registern unsauber und die Spitzentöne missrieten gelegentlich; ihre obere Mittellage und etwas darüber allerdings atemberaubend an vielen Stellen, aber reicht das um begeistert zu sein? Der italienische Tenor Riccardo Massi machte noch mit den besten Eindruck, aber irgendwie stand der Abend unter keinem guten Stern.

Sehr schade eigentlich. Man hatte sich doch auf einen großen Abend gefreut.

Philharmonisches Staatsorchester Hamburg; Foto Patrik Klein

THE ART OF Sonya Yoncheva und Riccardo Massi
Staatsoper Hamburg, 21. Dezember 2023
Arien und Orchesterstücke von Giacomo Puccini
Sonya Yoncheva, Sopran
Riccardo Massi, Tenor
Leonardo Sini, Dirigent
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg

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(c) Patrik Klein

Der Klassik-begeistert-Autor Patrik Klein ist ein leidenschaftlicher Konzert- und Opernfreak, der bereits über 300 Konzerte (Eröffnungskonzert inklusive) in der Elbphilharmonie Hamburg verbrachte, hunderte Male in Opern- und Konzerthäusern in Europa verweilte und ein großes Kommunikationsnetz zu vielen Künstlern pflegt. Nicht immer nimmt er sich Pressekarten im offiziellen Modus, sondern lauscht oder schaut privat, zwanglos und mit offenen Augen und Ohren. Die daraus entstehenden meist emotional noch hoch aufgeladenen Posts in den Sozialen Medien folgen hier nun auch regelmäßig bei Klassik-begeistert – voller Leidenschaft – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – aber immer mit großem Herzen!

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8 Gedanken zu „Klein beleuchtet kurz 10: THE ART OF Sonya Yoncheva und Riccardo Massi
Staatsoper Hamburg, 21. Dezember 2023“

  1. Was ich als Frechheit empfinde, dass nur das Parkett verkauft wird. Ich würde da gar nicht auftreten. Was waren das doch für Zeiten, als für entsprechende Events an der Kasse stundenlang angestanden wurde. Ansonsten hatten wir gestern den gleichen Eindruck. Ich fand allerdings die Stimme des Tenors eher belcanto mit 2 l, meine Frau fand ihn witzig.
    mit freundlichen Grüßen
    Hartmut Funke

    1. Lieber Herr Funke,

      volle Zustimmung, wenn denn die Nachfrage nach Karten so wäre.

      Beim nächsten The Art Of kommt ein bekannter Countertenor, bei dem aufgrund der Nachfrage bereits jetzt die Ränge geöffnet wurden. Das war bei Frau Yoncheva wohl nicht nötig.

      Beste Grüße und ein schönes Weihnachtsfest.

      Patrik Klein

  2. Aus dem Programm des Abends ein Geheimnis machen. Immer wieder finden wir in den fertigen Festspielbroschüren bei Liederabenden den Vermerk: Programm wird später bekanntgegeben. Das ist eine Missachtung der Komponisten und wirft kein gutes Bild auf die InterpretInnen. Die Festspielleitung könnte dagegen einschreiten, wäre aber vor einer kurzfristigen Änderung nicht gefeit.
    Mit freundlichen Grüßen,
    Lothar Schweitzer

    1. Lieber Herr Schweitzer,

      danke für den Kommentar, dem ich inhaltlich voll zustimme.
      Auch ich interessierte mich für den Abend, an dem eine mir gut bekannte Stimme angekündigt wurde, fast ein Jahr vorher. Aber wer kauft schon gerne „die Katze im Sack“. Es wurde dann bis zuletzt ein Überraschungsei, das dann auch leider ein wenig bitter schmeckte. Ein frohes Weihnachtsfest aus Hamburg.

      Patrik Klein

  3. Ich mache um diese Galakonzerte einen weiten Bogen, weil die üblichen Arien-„Schlager“ bei mir ihre Wirkung verfehlen, wenn sie aus dem Gesamtzusammenhang des Werks gerissen sind. In diesem Format geht es aber auch nicht darum, eine stimmige Dramaturgie zu gestalten, sondern dem zahlenden Publikum bekannte Namen zu bieten. Musikgeschichte wird unter diesen Voraussetzungen nicht geschrieben, aber wer es nicht anders kennt, geht zufrieden nach Hause.

    Erschwerend für die Sängerinnen und Sänger kommt noch hinzu, dass die Gesangswettbewerbe ihre Finalkonzerte auch meist im Galakonzertformat abhalten. Und da treten perfekt auf ihre zwei Stücke vorbereitete Nachwuchssänger mit wunderschönen Stimmen an, mit denen die nur nebenbei für ein Zubrot Galakonzert singenden Stars nicht wirklich konkurrieren können. Und durch Publikation in YouTube setzen die Wettbewerbe Maßstäbe, die nicht ganz so leicht zu überbieten sind. Wenn die Stars auf der Bühne Rollen darstellen, die ihnen liegen, bin ich aber umso lieber im Publikum! Sonya Yoncheva als Tosca hat mir beispielsweise sehr gut gefallen.

    Beste Wünsche für ein frohes Weihnachtsfest und herzliche Grüße,
    Lorenz Kerscher

    1. Lieber Lorenz,
      die Argumentation kann ich gut nachvollziehen. Hier setzt man auf große Namen, die das Haus füllen.

      Die Geheimnistuerei erlaubt natürlich den Künstlern viel Flexibilität, was den Fan vielleicht nicht stört. Dem Programminteressierten geht es dann eher auf die Nerven.

      In Zeiten, wo die Hamburgische Staatsoper noch Maßstäbe setzen konnte, waren es meist Liederabende von bedeutenden Künstlern, wo das Programm zumindest grob lange vorher kommuniziert wurde.

      Heutzutage scheint man zu glauben, dass Besucher nach Ankündigung des Künstlers kommen, selbst wenn diese dann „auf dem Kamm“ blasen. Wenn’s dann noch künstlerisch mau ist, gehen die Leute einfach zum nächsten Glühweinstand.

      In diesem Sinne wünsche ich ein frohes Weihnachtsfest.

      Patrik Klein

  4. Der Abend in der Hamburgischen Staatsoper stand offenbar unter dem Motto „Lustlos“ , um es noch recht höflich auszudrücken.
    Leider sind meine Frau und ich in der Pause nicht nach Hause gegangen, weil wir auf einen besseren zweiten Teil gehofft hatten.
    Die Zugaben haben wir dann aber nicht mehr abgewartet…
    Wenn ich an die großen Lieder-Abende an der Staatsoper Hamburg denke – und wir haben sie ausnahmslos allesamt gehört – dann war dieser Abend eine herbe Enttäuschung.
    Das muss man sich wirklich nicht antun.
    Mit freundlichen Grüßen,

    Karl und Angela Wolfarth
    23.12.2023

    1. Lieber Herr Wolfahrt,
      herzlichen Dank für Ihren Kommentar.

      Ich kann Sie sehr gut verstehen und bin ganz Ihrer Meinung.

      Man hat durch die erfolgreiche Tradition der vergangenen Dekaden entsprechende Erwartungen, die leider nicht erfüllt wurden – „lustlos“ trifft den Nagel auf den Kopf.

      Ein frohes Weihnachtsfest wünscht
      Ihr Patrik Klein

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