Joel Sandelson © Jon Holloway
7. Philharmonisches Konzert der Bremer Philharmoniker: „Glanz“
Programm:
Joseph Haydn: Sinfonie Nr. 30 C-Dur Hob. I:30 „Alleluia“
Wolfgang Amadeus Mozart: Klavierkonzert Nr. 21 C-Dur KV 467
Franz Schubert: Sinfonie „Große“ C-Dur D 944
Schaghajegh Nosrati Klavier
Joel Sandelson Dirigent
Die Bremer Philharmoniker
Konzerthaus Die Glocke, Bremen, Großer Saal, 4. Februar 2024
von Gerd Klingeberg
Als „Alleluia“ wird Joseph Haydns 1765 entstandene Sinfonie Nr. 30 C-Dur tituliert. Das Hauptthema hat einen liturgischen Bezug, der den damaligen Hörern vermutlich vertraut war. In der Glocke präsentierten die Bremer Philharmoniker das Werk bei ihrem Matinee-Konzert eher als stimmigen Wachmacher fürs Publikum und als durchaus anspruchsvolle Aufwärmübung für die Musiker.
Unter dem zupackend agilen Dirigat von Joel Sandelson wurde es (vor allem seitens der stark geforderten Streicher) unterhaltsam schwungvoll, straff pulsierend und mit gehöriger Verve dargeboten. So geht ein fröhlicher Start in den Sonntagvormittag.
Ähnlich unbeschwert ging es weiter mit dem Klavierkonzert Nr. 21 C-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart. Nach der zunächst beinahe vorsichtigen, dann aber schnell zu vollem Strahlglanz aufblühenden Orchestereinleitung klinkte sich Pianistin Schaghajegh Nosrati, 2014 Gewinnerin des internationalen Bach-Wettbewerbs in Leipzig und mittlerweile auf den großen Konzertbühnen der Welt zuhause, lockerhändig ein in das Geschehen.
Auffällig dabei ihr präziser Anschlag bei durchweg prägnanter, selbst bei schnellen Läufen niemals huschig wirkender Ausführung. Das mochte anfangs etwas zu technisch, fast schon etüdenhaft anmuten, verlieh aber jedem einzelnen Ton eine eigene luzide Färbung. Den kantablen Mittelsatz Andante hätte man sich gewiss noch eine Spur stimmungsvoller, inniger und auch mit etwas mehr Rubato und weniger metronomgenau vorstellen können. Um einiges emotionaler geriet jedoch die zweite, teils wiederholende Satzhälfte. Aus dem finalen Allegro machten Solistin und Ensemble ein geradezu ausgelassenes Presto, ein munteres Jagen in schier atemberaubendem Tempo, bei dem Nosrati mit virtuosem, durchweg pointiertem Spiel überzeugend brillieren konnte.
Nach zwei Werken in C-Dur schloss sich in derselben Tonart mit Franz Schuberts „Großer“ Sinfonie C-Dur eine weitere, jedoch erheblich größer dimensionierte Komposition an. Da war schon einiges an Kondition sowohl bei den Musikern wie auch beim Auditorium gefragt. Der etwas verhalten, aber keineswegs schleppend angegangenen prunkvollen Einleitung schloss sich eine nahezu ausnahmslos auf große Form setzende Durchführung an.
Unterschiedlichste Motive wurden vom Orchester unter riesigen Spannungsbögen in unablässigem Fließen nahtlos aneinandergereiht. Mit zackigem Dirigat setzte Sandelson auf ausgeprägte Akzentsetzungen und größtmögliche dynamische Kontraste. Die markanten, triumphalen Blechbläsereinwürfe imponierten dabei nicht als bombastische, alles übertrumpfende Donnerschläge, sondern weit mehr als solide Säulen innerhalb der gigantischen Architektur des Werkes. Der nachfolgende Andante-Satz gefiel mit leicht tänzerischer, beinahe schon frohgemuter Note. Eine scharf konturierte orchestrale Gestaltung aller vier Sätze war auch hier bestimmend.
Gänzlich unbeeinträchtigt blieb davon indes die zum Dahinschmelzen schöne, von Cello, Holzbläsern und Streichern feinsinnig intonierte Legato-Melodie nach der Generalpause, die vielleicht berührendste Passage der gesamten Sinfonie. Der unstet vorandrängenden Bewegung des Scherzos folgte ein fanfarenartig eingeleiteter, mit markiger Emphase und höchster Klangopulenz dargebotener Finalsatz. Tosendes Gewoge wechselte mit kurzem sanftem Dahinplätschern, überbordender Bombast mit zart leuchtender Klangfarbigkeit.
In der Gesamtheit bildete sich daraus ein gigantisches, aus einer Vielzahl von kontrastierenden Elementen zusammengesetztes Gemälde: Ein Schubert vom Feinsten in allen Schattierungen! Schließlich, nach einer nur angedeuteten Atempause, der berauschend fulminante, aus vollem orchestralem Einsatz generierte und alles überstrahlende Jubelschluss mit doppeltem Tusch-Aus. Dann tosender Beifall.
Gerd Klingeberg, 4. Februar 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at