Foto. Gabriela Beňačková MET wikipedia.org
von Peter Sommeregger
Den Geburtsort Bratislava teilt Gabriela Beňačková , die am 25. März 1947 zur Welt kam, mit Lucia Popp und Edita Gruberova. Dass gleich drei bedeutende Sopranistinnen einer Generation von dort stammen, ist wahrscheinlich den ausgezeichneten Lehrkräften am dortigen Konservatorium geschuldet.
Die Karriere Beňačkovás entwickelte sich sehr schnell, aber auch kontinuierlich. Nach ersten Engagements an kleineren Häusern wurde sie 1970 an das führende Opernhaus ihrer Heimat, das Nationaltheater in Prag verpflichtet, wo sie als Natascha in Prokofiews „Krieg und Frieden“ debütierte. An diesem Haus erarbeitete sie sich ein breites Rollenspektrum, sowohl des slawischen als auch des internationalen Repertoires.
Frühzeitig wurde sie auch für Plattenaufnahmen des tschechischen Labels Supraphon herangezogen. Ab 1981 gastierte sie immer häufiger an westlichen Bühnen, so z.B. an der Wiener Staatsoper, Covent Garden in London, dem Opernhaus in Köln und mehrfach bei den Salzburger Festspielen. Die Sängerin erarbeitete sich über die Jahre auch dramatische Partie wie Beethovens Leonore, die sie u.a. in London sang, die Aufführung ist als DVD verfügbar.
Ihre bedeutendste Rolle wurde die Jenufa in Janáčeks gleichnamiger Oper, die sie auf vielen großen Bühnen wie München, Wien, Genf, Berlin, Zürich und New York sang und sie auch für die Schallplatte einspielte. An der Metropolitan Opera New trat sie ab 1991 regelmäßig auf, Gastspiele führten sie nach San Francisco, Barcelona und praktisch sämtliche großen Opernhäuser der alten und neuen Welt.
Als das Prager Nationaltheater 1983 nach umfangreicher Renovierung wieder eröffnet wurde, feierte sie als Libuše von Smetana einen weiteren Triumph, der auch als Mitschnitt existiert. Die Wiener Premieren von Gounods „Faust“ und Giordanos „Andrea Chenier“ sind mit ihr als Video erhältlich, im Studio nahm sie neben Opernpartien auch Janáčeks Glagolitische Messe, Mahlers Symphonien, und unter Claudio Abbado Beethovens 9. Symphonie auf.
Auch nachdem sie Abschied von den großen Partien genommen hatte, blieb sie künstlerisch aktiv. Im Jahr 2012 wirkte sie bei den Salzburger Festspielen als Gräfin de la Roche in Zimmermanns „Soldaten“ mit, später noch einmal als Kartenaufschlägerin in Strauss‘ „Arabella“.
Charakteristisch für die Sängerin war ihr cremiges Timbre und ihre klare Artikulation. Ihre vielleicht beste Kreation war neben der Jenufa Dvořáks Rusalka, die sie auch in der Referenzaufnahme unter Vaclav Neumann Verkörpert.
Verheiratet war sie von 1984 bis zu seinem Tod 2001 mit dem Künstler Josef Čáp, lange trat sie unter dem Doppelnamen Beňačková-Čápová auf. Ausgezeichnet mit zahlreichen Preisen hat sich die Künstlerin inzwischen ins Privatleben zurückgezogen. Ihr akustisches Erbe hält die Erinnerung an eine der schönsten Sopranstimmen ihrer Generation wach.
Peter Sommeregger, 26. März 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen.‘ Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.
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