Saarbrücken: Diese Inszenierung bringt „La Traviata“ auf den Punkt

Giuseppe Verdi, La Traviata,  Saarländisches Staatstheater, Saarbrücken

FOTO: Saarländisches Staatstheater / martinkaufhold.de (c)
Giuseppe Verdi, La Traviata
Saarländisches Staatstheater, Saarbrücken, 26. August 2018
Musikalische Leitung Stefan Neubert
Inszenierung & Bühnenbild Ben Baur
Violetta Valéry Olga Jelínková
Alfredo Germont Angelos Samartzis
Giorgio Germont Peter Schöne

von Alina Fischer

Religion und unglückliche Liebe ohne ein Happy End ist die Grundlage vieler Opern. Auf diese Basis baut auch „La Traviata“ auf, unbestritten eine der berühmtesten und meistgespielten Werke aller Zeiten. Die Geschichte der todkranken Violetta, die aus Pflichtgefühl und zugunsten anderer Menschen auf die Liebe zu Alfredo verzichtet, hat schon Millionen von Herzen berührt und wird es mit großer Sicherheit auch weiterhin tun.

Auch im Saarländischen Staatstheater wurde das Stück Verdis, das auf der „Kameliendame“ von Alexandre Dumas basiert, in die aktuelle Spielzeit aufgenommen. Die Premiere hat schon aufgezeigt, dass dieses Werk zum Publikumsmagneten gehören wird.

Mit Olga Jelínková in der Rolle von Violetta wurde die optimale Besetzung gefunden. In ihrer Verkörperung der Hauptfigur wird die Vielschichtigkeit des Hauptcharakters sehr deutlich. Mit ihrem Schauspiel ist ab der ersten Sekunde klar, dass Violetta mehr als nur eine Frau ist, die ihr Leben genießen und sich dem Luxus hingeben möchte. Sie baut mit den gesellschaftlichen Festen eine Fassade auf, die sie für kurze Zeit von ihrer Einsamkeit entfliehen lässt. In Wahrheit lebt die junge Frau nur für den Tag, aus Angst, sich der wahren Liebe mit all ihren Höhen und Tiefen hingeben zu müssen.

Diese Erkenntnis unterstreicht auch das Bühnenbild. Während die gesellschaftlichen Szenen mit all ihren Festen in helleren Farben gestaltet sind und nicht zuletzt durch die Musik mit orchestralen Passagen unterstützt werden, sind die Szenen der Einsamkeit Violettas, wie zum Beispiel kurz vor ihrem Tod, sehr einfach und bescheiden gestaltet. So sitzt sie alleine auf einem Stuhl und bildet den einzigen Beleuchtungspunkt. Dadurch erscheint die gesellschaftliche Dame plötzlich hilflos und unschuldig. Ihre Zerrissenheit ist in jedem Bild, jedem Ton und jedem Blick spürbar.

Die Szene zwischen Violetta und Alfredos Vater, in dessen Sohn die junge Frau ihre Liebe gefunden hat, erscheint als der Schlüsselpunkt der Offenbarung ihrer wahren Persönlichkeit. So wird deutlich, dass sie sich eigentlich nichts sehnlicher wünscht als eine Familie zu haben, von der sie in Schutz genommen werden kann. Das flehende „Umarme mich wie eine Tochter“ singt sie sanft und dennoch eindringlich, sodass man merkt, wie verletzt die junge Dame ist.

Auch das Bühnenbild in der Szene zeigt den Kontrast zu der anfänglichen Persönlichkeit Violettas. Die Darstellung eines Feldes, das für das ländliche Leben steht, ist eine Metapher für ihren inneren Zustand. Sie hat nun Frieden in Alfredo gefunden.

Doch Violettas Ende ist bestimmt, sie kann dem Tod nicht entfliehen. Nachdem sie Alfredo auf Wunsch seines Vaters verlässt, verschlechtert sich auch ihr gesundheitlicher Zustand. So wird das Ende der Oper fast exakt wie am Anfang dargestellt. Es schneit, Violetta sitzt auf dem Stuhl und blickt ins Licht.

Des weiteren haben Angelos Samartzis in der Rolle des Alfredo Germont und Peter Schöne in der Rolle des Giorgio Germont sehr überzeugt. Mit starken und sicheren Stimmen erfüllten sie den Saal mit einer charakterstarken Atmosphäre, die von der ersten bis zur letzten Sekunde nicht an Intensität verloren hat. Zusammen mit Olga Jelinkova bildeten sie das perfekte Trio, das den Zuschauern die tiefe Welt der Oper aufzeigte.

Durch die Inszenierung ist die Thematik des Werkes auf den Punkt gebracht. Es geht nicht um richtig oder falsch, auch nicht um Recht und Gerechtigkeit, sondern um die Schilderung der Geschichte der vom Weg abgekommenen Dame. Die Handlung ist zwar simpel, lässt jedoch viel Raum zur Schlussfolgerung übrig. Man kann sich fragen, ob die Geschichte anders ausgegangen wäre, wenn Alfredo von Anfang an seinem Vater nicht geglaubt oder Violetta aus Pflichtgefühl nicht auf ihr eigenes Glück verzichtet hätte. Wie es dann geendet haben könnte, kann jeder Zuhörer für sich selbst entscheiden.

Alina Fischer, 27. August 2018, für
klassik-begeistert.de

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