Wiener Philharmoniker, Franz Welser-Möst © Marco Borrelli
Franz Welser-Möst ist Gott sei Dank (nach eigenen Auskünften) von seiner Krebserkrankung genesen und nimmt wieder mit voller Kraft am Musikgeschehen teil. Zu Saisonbeginn gibt es bei den Philharmonikern immer eine Kurztournee, wo dankenswerterweise oft ein Konzert für Grafenegg abfällt. Leider waren an diesem Abend weder Orchester noch Dirigent voll auf der Höhe.
Wiener Philharmoniker
Dirigent: Franz Welser-Möst
Wolfgang Amadeus Mozart: Symphonie D-Dur KV 504 „Prager“
Pjotr Iljitsch Tschaikowski: Symphonie Nr. 6 in h-moll op.74 „Pathétique“
Wolkenturm/Grafenegg, 3. September 2025
von Herbert Hiess
Eigentlich war das Programm in Grafenegg eine Kombination von „Klassik-Highlights“, die einen großen Erfolg vorprogrammieren hätten können. Und dieser Zauber hat an diesem Abend leider gefehlt.
Da waren einerseits die Wiener Philharmoniker, die offensichtlich durch die massiven Dienste bei den Salzburger Festspielen etwas ausgelaugt klangen und ein Dirigent, bei dem man den Eindruck hatte, dass er manchmal so richtig unbeteiligt wirkte.
Im März überraschte er im Wiener Musikverein das Publikum mit einer brillanten und sprühenden Johann Strauss – Gala (Johann Strauss Junior, Operetten-Pasticcio Musikverein, Wien, 29. März 2025 – Klassik begeistert); jetzt in Grafenegg war das absolut nicht hörbar.
Angefangen mit der „Prager“-Symphonie von Mozart, deren Eingangstakte mit dem kompletten Orchester die ganze Aufführung bestimmen. Diese waren schon sehr lau; da fehlten komplett die markanten Paukenschläge und Bläserakkorde. Die „Don Giovanni“-Nähe war da absolut nicht hörbar.
Und so ging es auch mit dem zweiten Satz weiter. Der war auch vom Orchester recht linear gespielt; hier hätte man sich eine interessantere Phrasierung gewünscht. Erst der dritte Satz wurde dann weit lebendiger – auch wenn man sich mehr Präzision gewünscht hätte.
Danach die berühmte „Pathétique“, die publikumsmäßig ein „Selbstläufer“ ist; auch hier vermisste man doch Vieles, was man gewohnt ist. Jetzt ist doch diese Art Schwierigkeit, dass viele Musikfans gerade mit diesem Werk solche Größen wie Herbert von Karajan, Riccardo Muti, Lorin Maazel usw. erleben konnte. Und zuletzt in Grafenegg eine geniale Aufführung unter Valery Gergiev (Grafenegg-Festival, Konzerte am 23. und 25. August 2019 – Klassik begeistert), von dem man heute noch schwärmen kann und muss.
Die ersten beiden Sätze waren auch hier (wie bei der „Prager“) etwas konturlos und belanglos; da fehlten viele Phrasen; Rubati, Akzente und Übergänge. Auch die Fortissimo-Stellen waren nicht so mitreißend; die Spannungsmomente waren eher selten. Erst der dritte Satz (Allegro molto vivace) war umwerfend. Und leider war der vierte Satz (Adagio lamentoso) ohne Flair; da fehlte die russische Seele und die Sehnsucht mit Todesnähe.
Fazit ist, dass Orchester und Dirigent mit der schwierigen Akustik des Wolkenturms nicht zu Rande kamen. Die Pauke war (klanglich) sehr im Hintergrund; das Blech wiederum sehr präsent. Und Streicher/Holzbläser klangen sehr „trocken“. Leider macht diese Akustik das Orchesterspiel recht schwierig, da man jede Unsauberkeit sofort wahrnimmt.
Er hat eine blitzsaubere Schlagtechnik und dirigierte fast nur mit der rechten Hand (!). Trotz perfekter Takt- und Einsatzgebung hatte man das Gefühl, dass die Partitur mehr exekutiert als interpretiert wirkte. Schade darum!
Herbert Hiess, 4. September 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Swing Dance Orchestra, Rachel Hermlin, Gesang Wolkenturm, Grafenegg, 26. Juli 2025