Don Quixote: Die Staatsoper Hamburg glüht und brennt vor Leidenschaft

Staatsoper Hamburg, 21. Januar 2018, Nachmittag
Don Quixote
Ballett von Rudolf Nurejew nach Marius Petipa
Garrett Keast, Dirigent
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Musik: Ludwig Minkus
Choreografie: Rudolf Nurejew nach Marius Petipa
Bühnenbild und Kostüme: Nicholas Georgiadis
Einstudierung: Manuel Legris, Jean-Christophe Lesage, Lukas Gaudernak

von Sebastian Koik

Es ist kein Hamburger Ballett. Doch das Ballett Hamburg eignet sich auch dieses alte Meisterwerk der Tanzkunst gnadenlos gut an.

Don Quixote, 1869 vom französischen Choreografen Marius Petipa geschaffen, basiert auf dem gleichnamigen Roman des spanischen Nationaldichters Miguel de Cervantes. Es erzählt die Geschichten des in anderen Sphären lebenden Edelmannes Don Quixote und seines Gefährten Sancho Pansa.

Die hier gespielte Fassung von Rudolf Nurejew konzentriert sich auf die Liebesgeschichte zwischen dem Barbier Basil und der Wirtstochter Kitri.

Die japanische Solistin Mayo Arii in der weiblichen Hauptrolle der Kitri / Dulcinea ist der Stern der Vorstellung! Die technisch höchst anspruchsvolle Rolle tanzt sie mit vollkommener Präzision und Anmut. Als wäre das nicht schon umwerfend genug, verkörpert sie ihre Figur mit überbordendem Temperament und massig Esprit. Ihre Darstellung ist reich an tiefem Humor und lebendigem Feuer.

In ihren Drehungen scheint sie die Schwerkraft auszuhebeln, mit herrlicher Leichtigkeit tänzelt sie über die Bühne. Höhepunkte der Aufführung sind die Momente, in denen sie sich von ihrem Partner als schönste Spitzenskulptur in den Raum stellen lässt. Besser als Mayo Arii kann man diese Rolle nicht tanzen und spielen!

Wunderbar sind die Pas de Deux von ihr mit ihrem Bühnenpartner Christopher Evans. Der junge Amerikaner zeigt in der Rolle des Basil einige atemberaubende Drehsprünge. Es ist unglaublich schön zu sehen, wie wahnsinnig viel Freude am Tanzen Christopher Evans immer wieder ausstrahlt. Das inspiriert und vertreibt dunklere Gedanken im Nu.

Die junge Nako Hiraki tanzte in anderen aktuellen Don Quixote-Aufführungen die weibliche Hauptrolle. Hier verkörpert sie zusammen mit Yaiza Coll ganz bezaubernde „Freundinnen“.

Der wunderbare Carsten Jung darf als Don Quixote kaum tanzen. Doch darstellerisch ist er ein vorzüglicher Ritter von der traurigen Gestalt. Seine Körperhaltung ist sehr steif, er wirkt ein wenig wie eine Schildkröte oder ein Käfer, dem in der Kälte die Glieder erstarren. Aber bei aller Skurrilität der Figur hat sein Don Quixote immer noch etwas Vornehmes, Edles, Reines und sehr, sehr Schönes. Dies mit den richtigen Gesten, Bewegungen und angemessener Mimik darzustellen ist sicher nicht so leicht, wie man auf den ersten Blick denken mag.

Überhaupt jeder einzelne auf der Bühne begeistert mit wunderbarem Tanz, Spielfreude und Charme. Eines von zahlreichen Highlights ist der zauberhaft schöne Spitzentanz der herrlich schönen Feen im zweiten Akt.

Himmlisch schön spielt das Orchester hier die geniale Traum-Musik. Durchweg setzt das Orchester unter dem Amerikaner Garrett Keast die Musik des großen Ballettkomponisten Ludwig Minkus herrlich spritzig und schwungvoll um, mit gutem Sinn für Dramatik. Die spanischen Tänze gelingen genauso schön wie die wunderbar schwungvollen Walzer.

Die prächtige Ausstattung von Nicholas Georgiadis hat die Wiener Staatsoper zur Verfügung gestellt. Das Bühnenbild und die Kostüme sind ein Augenschmaus. Beeindruckend ist die Atmosphäre, wenn die Bühne in intensives, blutrotes Licht getaucht wird.

Die Staatsoper Hamburg glüht und brennt vor Leidenschaft. Das Publikum ist begeistert.

Das Publikum des Hamburg Ballett liebt den zeitgemäßen und zukunftsweisenden Tanz von John Neumeier. Doch dieser Don Quixote in der Choreographie der Tanzlegende Rudolf Nurejew ist derart mit Leben gefüllt überhaupt nicht angestaubt. Der Klassiker macht großen Spaß und darf gerne wieder in Hamburg auf die Bühne kommen. Und auch dann werden die Vorstellungen sicher alle wieder ausverkauft sein.

Sebastian Koik, 23. Januar 2018, für
klassik-begeistert.de

Kitri / Dulcinea, Mayo Arii
Basil, Christopher Evans
Espada, Jacopo Bellussi
Eine Strassentänzerin, Patricia Friza
Don Quixote, Carsten Jung
Sancho Pansa, Nicolas Gläsmann
Gamache, Konstantin Tselikov
Lorenzo, Dario Franconi
Freundin, Yaiza Coll
Freundin, Nako Hiraki
Ein Zigeuner, Marcelino Libao
Die Königin der Dryaden, Carolina Agüero
Amor, Xue Lin
Erste Brautjungfer, Giorgia Giani

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