Foto: Andreas Schmidt (c)
Die Proben für den neuen „Ring des Nibelungen“ standen schon kurz vor der Tür. Nun hat Festspielleiterin Katharina Wagner bestätigt, dass die Bayreuther Festspiele in diesem Sommer wegen der Corona-Pandemie nicht stattfinden werden. Keine Roben, keine Fanfaren, keine Angela Merkel, keine Jahrtausendmusik. Experten hatten schon seit zwei Wochen mit dieser Absage gerechnet. Zuletzt war vom Grünen Hügel zu hören, dass der vierteilige „Ring“, der insgesamt 12 Abende hätte erklingen sollen, nur konzertant aufgeführt worden wäre.
Katharina Wagner zeigte sich betroffen über die Absage der Bayreuther Festspiele:. „Natürlich sind wir traurig, gerade weil wir uns auf eine spannende Neuproduktion des ‚Rings‘ gefreut haben“, sagte die Festspielleiterin der Deutschen Presse-Agentur (dpa) am Dienstag. „Aber die Gesundheit geht vor.“
Auch die Tiroler Festspiele Erl sagten die Veranstaltungen im Sommer ab. Prognose von klassik-begeistert.de: Auch die Salzburger Festspiele werden für diesen Sommer abgesagt.
Für Katharina Wagner selbst ist es schon der zweite große berufliche Rückschlag in diesem Jahr. Die Urenkelin von Richard Wagner hatte bereits Mitte März ihre eigene Neuinszenierung des „Lohengrin“ in Barcelona wegen der rasanten Ausbreitung des neuen Coronavirus absagen müssen. Eine Absage der Bayreuther Festspiele hat es seit 1951, dem Jahr der Wiederaufnahme des Spielbetriebs nach dem Zweiten Weltkrieg (1939 – 1945), nie gegeben. Gemeinsam mit seinem Bruder Wieland übernahm Katharinas Vater Wolfgang Wagner damals die Gesamtleitung der Bayreuther Festspiele.
Am 1. April hätten die Proben für die Neuinszenierung des „Rings des Nibelungen“ in Bayreuth beginnen sollen. Der Österreicher Valentin Schwarz war für die Regie vorgesehen – der 1989 geborene Theatermacher hätte dabei einen gigantischen Sprung an die Spitze der Musiktheaterregisseure gemacht. Der finnische Dirigent Pietari Inkinen, 39, war für die musikalische Leitung vorgesehen. Seit 2015 ist der Spitzen-Geiger Chefdirigent der Prager Symphoniker, seit 2016 auch Chefdirigent des Japan Philharmonic Orchestra. Zudem berief ihn die Deutsche Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern zum Chefdirigenten ab 2017.
Katharina Wagner bestätigt die Absage der Bayreuther Festspiele
BR24 berichtet: „Heute gaben die zuständigen Gremien des Stiftungsrates, der Geschäftsführung, der künstlerischen Leitung und der örtlichen Behörden nun die Absage der Bayreuther Festspiele 2020 bekannt. Grund ist die Corona-Pandemie. Das bestätigte Katharina Wagner, die Geschäftsführerin und Künstlerische Leiterin der Festspiele.“ Beginn der Festspiele wäre am 25. Juli gewesen. Die Festspiele hätten, ein Novum, mit Ludwig van Beethovens 9. Sinfonie am 30. August beendet werden sollen.
„Ring des Nibelungen“ auf 2022 verschoben
BR24: „Die Festspiele teilten am Abend ferner mit, die für diese Saison geplante Neuproduktion ‚Der Ring des Nibelungen‘ könne voraussichtlich erst im Jahr 2022 Premiere feiern. Nächstes Jahr würden neben der vorgesehenen Neuproduktion ‚Der fliegende Holländer‘ die Wiederaufnahmen ‚Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg‘, ‚Die Meistersinger von Nürnberg‘ und ‚Lohengrin‘ aufgeführt. Außerdem stünden dann drei konzertante Aufführungen der ‚Walküre‘ auf dem Spielplan – also kein „Rheingold“, kein „Siegfried“ und keine „Götterdämmerung“.
Tickets bleiben gültig
Um zu klären, wie im Einzelfall mit den bereits gekauften Tickets verfahren wird, kontaktiert das Kartenbüro in den kommenden Wochen alle, die Karten für die Festspiele 2020 gekauft hatten.
„Grundsätzlich bleiben die bereits für 2020 gekauften Karten für die Festspiele 2021 gültig.“
Pressebüro der Bayreuther Festspiele
Minister Sibler bedauert die Absage der Festspiele
Bayerns Kunstminister Bernd Sibler (CSU), selbst Fan der Bayreuther Festspiele und der Musik Wagners, äußerte sich mit Blick auf die Absage bedauernd: ‚Für das kulturelle Leben ist der Ausfall ein herber Verlust. Die lange Festspieltradition hat im bayerischen Kulturstaat einen hohen Stellenwert.'“
Die Bayreuther Festspiele oder Richard-Wagner-Festspiele sind ein Musiktheaterfestival, das den zehn letzten Opern Richard Wagners (1813–1883) gewidmet ist. Das Festival findet seit 1876 mit Unterbrechungen, seit 1951 alljährlich im eigens dafür vom Komponisten gemeinsam mit dem Architekten Otto Brückwald (1841–1917) geschaffenen Festspielhaus auf dem Grünen Hügel in Bayreuth statt. Die Festspiele dauern in der Regel vom 25. Juli bis 28. August.
Leiterin ist Katharina Wagner, als Musikdirektor fungiert Christian Thielemann.
Es ist nicht das erste Mal, das die Bayreuther Festspiele nicht stattfinden. Interessant ist folgende Aufstellung bei wikipedia.de:
- 13. bis 30. August 1876: die ersten Bayreuther Festspiele
- 1882 bis 1914:
- 21 Festspiel-Jahrgänge (davon 1882 noch unter Beteiligung Richard Wagners), danach kriegs- und inflationsbedingte Unterbrechung
- In zwölf Jahren fanden keine Festspiele statt: 1885, 1887, 1890, 1893, 1895, 1898, 1900, 1903, 1905, 1907, 1910, 1913
- 1924 bis 1944:
- 17 Festspiel-Jahrgänge
- vier Jahre ohne Festspiele: 1926, 1929, 1932, 1935
- Von 1876 bis 1944 fanden insgesamt 39 Festspiele statt.
- 1945 bis 1950: Ausfall aus politischen und finanziellen Gründen (sechs Jahre). Bis dahin gab es seit 1876 insgesamt 27 Jahre ohne Festspiele.
- Seit 1951: Unterbrechungsfreie jährliche Durchführung (50. Nachkriegs-Festspiele: 2000)
- 2011 fanden die 100. Bayreuther Festspiele statt.
klassik-begeistert.de, 31. März 2020
Ja, es liegt leider auf der Hand: Nicht nur die Salzburger Festspiele, auch alle anderen Festivals werden nachziehen – nachziehen müssen, denke ich. Meine geliebte Wiener Staatsoper, die ich bereits enorm vermisse, werden wir vermutlich auch länger nicht mehr von innen sehen. Diese Saison habe ich für mich bereits abgehakt. Wer weiß, was die nächste Saison (ab September) bringt…
Jürgen Pathy
Lieber Herr Schmidt,
immer wieder hört man über Covid 19-Ausbrüche wie jetzt im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) in Hamburg, wo sich 40 Personen wegen einer erkrankten Reinigungskraft infiziert haben sollen. Das Ansteckungsrisiko ist wohl wesentlich höher als anfangs gedacht. Relativ schwierig wird es deshalb für den Musikbetrieb werden, wie es auch die oben kommentierte Absage der Bayreuther Festspiele zeigt, weniger für die Zuschauer. Die Zuschauer könnte man mit einer Atemschutzmaske weitgehend schützen, aber weder den Chor noch die Tänzerinnen und Tänzer. Die Tänzer sind ja noch jung und wenig gefährdet, aber im Chor sind auch viele Ältere; wenn der Chor singt, stehen die Mitglieder in einer einzigen Aerosolwolke. Wenn einer infiziert ist, steckt er fast den halben Chor an. Und singen mit Atemschutz geht wohl nicht. Die Orchestermitglieder könnten sich dagegen mit Atemschutz schützen. Fakt wird sein, dass unsere Opernhäuser unter Zuschauerschwund leiden werden, bestimmt die Hälfte der Zuschauer ist älter als 60 Jahre, wenn davon die Hälfte wegbleibt, werden die Einnahmeverluste immens sein. Am besten hoffen wir, dass nicht alles so eintritt, wie befürchtet.
Ihr Ralf Wegner