Foto: © Kaupo Kikkas
BBC Philharmonic, Freitag, 12. Oktober 2018,
Royal Concert Hall Nottingham
Ben Gernon Dirigent
Jess Gillam Altsaxophon
Belá Bartók Der wunderbare Mandarin (Suite)
Claude Debussy Rhapsodie für Orchester und Saxophon
Alexander Glazunov Konzert in Es für Altsaxophon und Streicher
Pyotr Tchaikovsky Sinfonie Nr. 5 in e-Moll
von Leah Biebert
Gefühlvoll streichen die Bögen über die Saiten, die ersten Takte von Claude Debussys Rhapsodie erklingen im Saal. Jess Gillam blickt zur Decke empor, konzentriert, in knallig violettem Jackett. Sie hebt das Saxophon zum Mund, die Streicher verstummen – Gillam beginnt zu spielen.
An diesem Konzertabend in der Nottinghamer Royal Concert Hall spielt die junge Saxophonistin Debussys Rhapsodie für Orchester und Saxophon zum ersten Mal; erst im Juni 2018 hatte die Studentin des Royal Northern College ihr internationales Debüt gefeiert. Sie finde es aufregend, Stücke zu spielen, die das Publikum noch nicht so oft gehört habe. Neben Debussys Rhapsodie wird sie heute ein Konzert des russischen Komponisten Alexander Glazunov zum Besten geben.
Für das Saxophon – aber auch für andere Orchesterinstrumente – bietet das Stück Debussys besonders melodische Passagen. Aber es geht auch flotter voran: Schellen geben das Tempo vor, treiben das Orchester voran. Die Melodie hebt an, Gillam wirft ihren Kopf zurück. Dann wechselt der Charakter; pizzicato in den Streichern, staccato im Saxophon, ein schneller Lauf. Immer wieder blickt Gillam aufmerksam in die Richtung des Dirigenten Ben Gernons, der das Orchester mit ausladenden, aber besonnenen Gesten führt.
Der britische Gastdirigent ist mit seinen noch nicht einmal dreißig Jahren einer der jüngsten Leiter eines BBC Orchesters. Einfühlsam entlockt er den Streichern zu Beginn von Glazunovs Konzert dunklere, geheimnisvolle Klänge, vor denen Gillam die melancholische, tiefromantische Melodie ausbreitet. Während kurze, lebendige Passagen das einsätzige Konzert erfrischen, fehlt es den ruhigen, gediegenen Teilen jedoch an Biss.
Ein Zuwachs an Tempo, als Jess Gillam sich in schnellen chromatischen Läufen immer höher schwingt, dabei die Klappen ihres Instruments rappeln lässt und danach beschwingt in einen punktierten Rhythmus übergeht. Ein energetisches Fugato, das von den Streichern übernommen wird. Sobald sie anfange zu spielen, sagt Gillam, sei sie an ihrem Lieblingsort. Mit Nachdruck schmettert sie die letzten Töne in den Saal. Dann setzt sie das Saxophon ab – und strahlt.
Leah Biebert, 20. Oktober 2018
für klassik-begeistert.de