Foto: © Wilfried Hösl
Bedřich Smetana, Die verkaufte Braut
Bayerische Staatsoper, 22. Juli 2019
Musikalische Leitung: Tomáš Hanus
Inszenierung: David Bösch
Bühne: Patrick Bannwart
Kostüme: Falko Herold
Licht: Michael Bauer
Chor: Sören Eckhoff
Dramaturgie: Rainer Karlitschek, Lukas Leipfinger
Kruschina, ein Bauer: Oliver Zwarg
Kathinka, seine Frau: Helena Zubanovich
Marie, beider Tochter: Selene Zanetti
Micha, Grundbesitzer: Levente Páll
Agnes, seine Frau: Irmgard Vilsmaier
Wenzel, beider Sohn: Wolfgang Ablinger-Sperrhacke
Hans, Michas Sohn aus erster Ehe: Pavol Breslik
Kezal, Heiratsvermittler: Günther Groissböck
Springer, Direktor einer wandernden Künstlertruppe: Ulrich Reß
Esmeralda, Tänzerin: Anna El-Kashem
Muff, ein als Indianer verkleideter Komödiant: Oğulcan Yilmaz
Bayerisches Staatsorchester
Chor der Bayerischen Staatsoper
von Barbara Hauter
Die Bayerische Staatsoper macht vor, wie man es macht: bestes Amüsement ohne in Klamauk abzurutschen. „Die verkaufte Braut“ im ehrwürdigen Nationaltheater ist eine brillante Gagparade, die niemals billig wird. Den Sängern und Sängerinnen macht das Spiel sichtbar Spaß. Und dank ihrer bravourösen Leistungen wird es an keiner Stelle peinlich.
Hans und Marie sind ein Liebespaar. Doch die Bauerstochter soll mithilfe des Heiratsvermittlers Kezal an Wenzel, den stotternden Sohn des Großgrundbesitzers Micha vergeben werden. Kezal bietet Hans 300 Gulden dafür, Marie freizugeben. Der stimmt zu, doch unter einer Bedingung: Marie darf nur den Sohn des Micha heiraten. Alle denken an Wenzel, doch was keiner weiß: Hans ist der erstgeborene Sohn Michas aus erster Ehe. Am Schluss kommen der listige Hans und seine Marie also glücklich zusammen.
David Bösch inszeniert diese wenig opernhafte Story, die eher an Bauernstadel erinnert, mit schrägen Typen, einem gigantischen dampfenden Misthaufen, echtem Traktor und noch echterem Schwein auf der Bühne. Der schrägste Typ und Dreh- und Angelpunkt der ganzen Inszenierung ist Kezal, brillant gespielt und gesungen von Günther Groissböck.
0196-55500077 ist die Nummer des Kupplers, sie prangt auf riesigen Werbeplakaten, mit 99,97% success guaranteed. Kezal ist ein Macho wie er im Buch steht: weißer Anzug, goldene Armbanduhr, gegelte Haare, das rote Hemd bis zur Gürtellinie geöffnet, wichtig am Klapphandy telefonierend und beim Armdrücken mit den Bauersburschen immer der Sieger. Dazu passt Groissböcks sonorer Bass ganz wundervoll, seine Stimme strahlt kraftstrotzende Männlichkeit aus. Dabei ist er immer textverständlich, im Sprechgesang exakt rhythmisierend und unglaublich präsent. Dass er es schafft, Kezal nicht in die Karikatur hinüberschwappen zu lassen – eine Meisterleistung.
Gegen diese pure Manneskraft steht Hans, leicht und beweglich gesungen von Pavol Breslik: charmant, spitzbübisch, schlau. Er reizt seine Tenorstimme bis in die Spitzen voll aus. Seine Liebste Marie, Selene Zanetti, ist kein Hascherl. Zanetti präsentiert sie handfest und selbstbewusst, klar und natürlich klingend und mit sattem Timbre. Wenzel, der stotternde Sohn Michas, wird von Wolfgang Ablinger-Sperrhacke sehr feinfühlig interpretiert: er zieht ihn nie ins Lächerliche, macht ihn aber auch nicht zum bemitleidenswerten Dorftrottel.
Die einzige weniger grandiose Leistung liefert erstaunlicherweise der sonst immer sehr exakt liefernde Opernchor ab. Die Einsätze sind unpräzise, und es klingt wenig füllig von der Bühne. Dafür darf man sich auch an den kleinen Nebenrollen erfreuen. Die Tänzerin Esmeralda singt Nachwuchsstar Anna El-Kashem – wie immer zum Niederknien. Und auch der Souffleur spielt mit – aus dem Kasten flattern Popcorn und Druckerpapier.
Wer Spaß hat an derber, praller Landromantik, lachen kann über Hans mit Anti-Allergie-Spray und meterhohen Wett-Pinkelbögen der Landburschen, der bekommt hochklassischen Musikgenuss plus bestes Amüsement.
Barbara Hauter, 27. Juli 2019, für
klassik-begeistert.de