Garrett Keast und Charlotte Thiele reißen das Publikum mit die Musik Amerikas neu zu entdecken

Berlin Academy of American Music, Charlotte Thiele Violine, Garrett Keast Dirigent  Elbphilharmonie, Großer Saal, 4. Juni 2024

Garrett Keast © Kiran West

Mannomann – was für eine Welt-Uraufführung! Fast werfe ich mich der im Jahr 1992 geborenen dänischen Cellistin – nun hat sie für Voll-Orchester aufnotiert – Josefine Opsahl im Foyer zu Füßen, noch im Saal habe ich der wirklich groß-schlanken, jungen Frau aus der ersten Reihe ein „WOW“ zugeworfen, und da strahlt sie zum ersten Mal auf, und als sie der Dirigent von BAAM, der „Berlin Academy of American Music“, auf die Bühne bittet.

Berlin Academy of American Music

Charlotte Thiele Violine
Dirigent Garrett Keast

Aaron Copland
An Outdoor Overture

Josefine Opsahl
A Mass of Stars Block the View

Missy Mazzoli
Dark with Excessive Bright

Leonard Bernstein
Ouvertüre zu »Wonderful Town«

Three Dance Episodes / On the Town

George Gershwin
Ein Amerikaner in Paris / Sinfonische Dichtung

Elbphilharmonie, Großer Saal, 4. Juni 2024


von Harald Nicolas Stazol

Garret Keast, gerade ist er noch bei Copland und Bernstein 20 cm hochgesprungen, ein auch physiognomischer Gigant – er wird mich im kleinen, geheimen „Green Room“ der Elbphilharmonie noch empfangen, nun, da erklang der Opsahl „A mass of Stars block the view“ – von wegen Sterne, die den Blick verbergen – was ist da für ein Stern aufgegangen!!!

Wenn die Frau – „mes révérences, Mademoiselle“ schreib ich ihr noch in selbiger Nacht (wie viele Komponisten, Dirigenten, Solistinnen, Konzertmeister ich dank klassik-begeistert.de plötzlich im korrespondierenden Portefeuille habe?!), wenn dieses so hochgewachsene Mädchen schon jetzt so hinreißend und hinwegfegend sein kann, dann „gilt es Ihre Karriere mit äußerstem Interesse zu verfolgen“ (Thomas Mann an einen junghübschen Kellner in Davos)…

Mannoman, wie da vom Allerzartesten, die Streicher, ach, die Streicher, dahingehen, bis zum allerhöchsten Bombast, gar nicht aufdringlich, aber soooo optimistisch, nun gut, wir swingen alle gerade mit, und es wird nicht das erste Mal sein, an diesem Dienstag, machen doch BAAM und Garret so einen Bühnenzauber, dass das bis unter die Kuppel ausgelastete Haus nur mitswingen kann, und wird:

„Mit einem Zirpen der Geigen, dem Schlagen des fragilen Holzes auf die Saiten entflüchtet die Melodie auf ein Cello, nun Stakkato auf alle Saiteninstrumente, Fanfaren des Glückes“ schreibe ich auf, „fast wie bei den Rolling Stones!“ sagt mein Begleiter Greg noch, und bei meinem Fan-tum dem Orchester gegenüber, dem nach drittem, die Halle erschütterndem Applause vom Pult aus noch mit vor allen einzigem Handschlage des Keast noch bedankt werden wir – spätestens jetzt weiß jeder von unserem kb-club!, nein, in der Tat, was da so jung-strahlend aus Dänemark, gertenschlank und in lila-strassbesetzt noch kommen wird, wir alle dürfen es mit „äußerstem Interesse“ und äußerster Spannung erwarten. Frau-o-frau!

Wie schön, dass sich die brillante Jugend, wenn auch zögerlich, den Weg in unsere Häuser schafft! Und vor den erschütternden Weltläufen haben wir jetzt ALLE gute Laune – wenn das nichts wert ist??? Es ist zurzeit das höchste Gut, n’est-ce pas?

Die so mitreißend Darbietung des Orchesters aus lauter Berliner Amis hat sich ja zu COVID-Zeiten zusammengefunden, und ich darf in aller Bescheidenheit sagen, dass ich sie am 3. Juni ’23 entdeckt habe – inzwischen betrachtet mich diese wirklich ausdrücklich-außergewöhnliche Band als ihren „Ambassador to Hamburg“, und ich weiß nicht, wie es die „Theatergemeinde und TONALI“ hinkriegen, so ’ne Top-Nummer einzuspielen, und einzuladen, Mannomann!

Aaron Copland und seine „Outdoor Ouvertüre“ sind ja schon zu Anfang der Paukenschlag, „welche Prairie man da hört!“ kritzele ich nieder, „so wie in nur die unendliche Weite des Landes zuwege bringen kann!“ – wie ja auch schon Georg Lucazs, der ungarische Philosoph und Literat zur Entstehung der Kurzgeschichte sagen wird – nein, da wird schon eine Euphorie generiert, wie sie das Haus manchmal so sehnlichst wie füglich erwartet!

Charlotte Thiele © Bjoern Kadenbach

Garret Keast hat ja noch einen Trumpf im amerikanischen Ärmel: Die deutsche Erstaufführung des Violinkonzertes von Missy Mazzoli! Wie bitte? Missy, ja! Und das überraschend-überragende Werk fiedelt Charlotte Thiele, eine Akademistin der Tonali-Akademie, so dermaßen rauf und runter – langsam tun einem vor Klatschen die Hände weh, und das noch vor Bernstein und Gershwin. Und vor der Zugabe, die sie scheu in den Saal hineinruft eine Nocturne von – ich erfrage gerade den Komponisten – zu Klavier, schon wieder hin und weg wir alle!

Schlussapplaus © Gregory Roth

Zwei Bernsteins dann noch, und der „Amerikaner in Paris“ von Gershwin – es ist, wie eine Reise nach Amerika, ohne Trump, ohne abortion rights, ohne Elon Musk, ohne Turbokapitalismus.

„Yeah to the band“ schreien Greg und ich nur noch, bis wir heiser sind, und die Konzertmeisterin zwinkert uns zu.

It can’t get any better.

Mannomann.

Harald Nicolas Stazol, 5. Juni 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Olivier Messiaen, Saint François d’Assise / Oper in drei Akten und acht Bildern Elbphilharmonie, 2. Juni 2024

NDR Elbphilharmonie Orchester, Jess Gillam, Marin Alsop Elbphilharmonie, 31. Mai 2024

Klein beleuchtet kurz Nr 33: Roms Spitzenorchester trifft auf amerikanische Superstars klassik-begeistert.de, 14. Mai 2024

Herzenslieder aus Amerika und Afrika Elbphilharmonie, 21. März 2024

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