Foto: Xenakis in his Paris studio, c. 1970, wikipedia.org
Jannis Xenakis
Empreintes
Bernd Alois Zimmermann
Sinfonie in einem Satz
Luigi Dallapiccola
Il Prigioniero
Wolfgang Koch Bariton
Ekaterina Semenchuk Mezzosopran
Wolfgang Ablinger-Sperrhacke Tenor
Berliner Philharmoniker
Kirill Petrenko Dirigent
Philharmonie Berlin, 15. September 2022
von Peter Sommeregger
Dieses Konzert der „Hausherren“ der Philharmonie im Rahmen des Berliner Musikfestes widmete Chefdirigent Kirill Petrenko ausschließlich Werken des 20. Jahrhunderts. Auch die sehr unterschiedlichen musikalischen Sprachen der drei Komponisten wurden mit höchstem Einsatz umgesetzt und zeigten Orchester und Dirigent auf gewohnt hohem Niveau.
„Empreintes“ von Jannis Xenakis, dessen 100. Geburtstag es dies Jahr zu feiern gilt, ist ein nur 10-minütiges, pointiertes Stück von eher statischem Charakter. Bläser und Streicher spielen Unisono auf dem Ton G, nach und nach mischen sich noch andere Instrumente darunter, bis ein kurzer Ton des Kontrafagotts eine ironische Schlusspointe setzt.
Gleichfalls sehr kurz ist Bernd Alois Zimmermanns Sinfonie in einem Satz, aber in diesen 15 Minuten lässt der Komponist den großen Orchesterapparat alle Register ziehen. Das Werk wird in seiner zweiten Fassung von 1953 aufgeführt, jahrelang hatte der Komponist gezögert, sich dieser Gattung zu nähern, es sollte auch seine einzige Sinfonie bleiben. Zimmermann verzichtete auf programmatische Bezüge, aber in seiner leidenschaftlichen wie zerrissenen Form kann man es als Ausdruck der unruhigen, noch orientierungslosen Zeit nach der Katastrophe des zweiten Weltkrieges verstehen.
Es folgte eine konzertante Aufführung der Oper „Il Prigioniero“ von Luigi Dallapiccola. Mehrere Jahre rang der italienische Komponist mit diesem Werk, das in seiner Mischung der Zwölfton-Reihentechnik mit tonalen Elementen, ja durchaus kantablen Passagen stilistisch bemerkenswert ist.
Die abstrakte Geschichte eines Eingekerkerten, der für einen Augenblick Hoffnung auf Befreiung entwickelt, dann aber umso grausamer die Ausweglosigkeit seines Schicksals und die bevorstehende Hinrichtung erfährt, hat starken symbolischen Charakter. Die Gesangspartien sind expressiv angelegt, Ekaterina Semenchuk singt mit großem Engagement und stimmlichem Einsatz die kurze Partie der Mutter. Dem Wärter gibt der Tenor Wolfgang Ablinger-Sperrhacke ein vielschichtiges Profil, stellenweise im Falsett singend kann er die Bedrohung, die von dieser Person ausgeht, glaubwürdig darstellen.
Als Gefangener ist Wolfgang Koch zu hören, der seinen voluminösen Bassbariton strömen lässt. Was man bei Koch ein wenig vermisst, sind die gebrochenen Töne, die emotionale Auslotung der Figur.
Der Rundfunkchor Berlin und die Berliner Philharmoniker werden am Ende begeistert gefeiert. Mag das Programm dieses Konzertes auch etwas spröde gewesen sein, in solcher Brillanz aufgeführt kann es das Publikum trotzdem erreichen.
Peter Sommeregger, 16. September 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at