Musikfest Berlin: Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder!

Musifest Berlin, RIAS Kammerchor Berlin, Ensemble Promena, Justin Doyle, Dirigent  Philharmonie Berlin, 8. September 2022

Foto: Justin Doyle © Matthias Heyde

Musikfest Berlin – Philharmonie Berlin, 8. September 2022

Psalmensinfonietta

RIAS Kammerchor Berlin
Ensemble Promena
Justin Doyle, Dirigent

von Elisabeth Tänzler

Psalmvertonungen des 16. bis 18. Jahrhunderts stehen an diesem Abend im Großen Saal der Berliner Philharmonie im Mittelpunkt und zu erleben ist ein recht kleinteiliges Programm, welches an Vielschichtigkeit – das mag nicht zuletzt an der stetigen Doppelchörigkeit liegen – kaum zu übertreffen ist.

Als kleine Schwester der Sinfonie bedient sich die Sinfonietta meist an einem knapperen Werkumfang, einer überschaubareren oder etwa kammermusikalischen Besetzung, doch manchmal auch an einem schlichteren Anspruch der musikalischen Tiefe. Im Angesicht des letzten Punktes stellt die Betitelung Psalmensinfonietta eine maßlose Untertreibung dar, wie bereits nach den ersten Tönen deutlich wird.

In venezianischer Tradition bilden Auszüge aus den Psalmen Davids von Heinrich Schütz den Dreh- und Angelpunkt des Programms. Wenn diese bildhafte, in heutigem Sinne fast schon programmatisch angelegte Musik vom RIAS Kammerchor ausgeführt wird, welcher mit exakt angelegten Klangfarben und Artikulationen die feinen Emotionen so gezielt unterstreicht, kann es gut passieren, dass das in den Bann gezogene Publikum komplett verstummt – die Berliner Philharmonie wird ein sakraler Raum dieser musikalischen Intimität.

Der Brite Justin Doyle, welcher die Leitung des Kammerchores seit 2017 inne hat und dem sie glücklicherweise zunächst für weitere fünf Jahre erhalten bleibt, führt die Psalmenauswahl mit Anthems von Byrd und Purcell, beide zu Lebzeiten am englischen Hof tätig, fort. Jene Werke nehmen an diesem Abend plötzlich eine ganz unerwartet zentrale Rolle ein: Queen Elizabeth II ist nur wenige Stunden vor dem Konzert verstorben – ihr widmet Doyle Purcells O sing unto the Lord.

Durchzogen wird das Programm von kurzen Instrumentalstücken, dargeboten vom Ensemble Promena. Ein überaus junges und frisches Kollektiv an Musizierenden, welches sich dynamisch an jeweilige Konzertbesetzungen und Stilistik anpasst und auf historisch angepasstem Instrumentarium konzertiert. In diesem Fall besteht das vom Organisten Petteri Pitko unterstützte Ensemble Promena aus acht jungen Musikerinnen und Musikern, die Konzertmeisterin und Ensemblegründerin Elfa Rún Kristinsdóttir eingeschlossen.

Nicht zuletzt wegen der Flexibilität und des eigenen Anspruchs, die Musik epochenübergreifend und fundiert zu ergründen, war es Justin Doyle ein Anliegen, gemeinsam mit Promena zusammenzuarbeiten. Ein besonderer Höhepunkt war es insofern, dass sich Doyle für die Sinfonia aus J. S. Bachs Kantate Der Herr denket an uns selbst an das Cembalo begibt und Teil des Ensembles wird. In fließendem Übergang führt er die Bach’sche Musik mit der Motette Singet dem Herrn ein neues Lied weiter und schafft damit nicht nur als bindendes Glied eine angenehme Ausgewogenheit zwischen instrumental und vokal, sondern auch den klimatischen Höhepunkt als denkbar bestes Finale dieses Konzerts, welches mit oft ertönten Doxologien doch kurz den Schmerz der Welt vergessen lässt.

Elisabeth Tänzler, 11. September 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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