Pappano und Levit gestalten Busonis Klavierkonzert als musikalisches Feuerwerk

Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia Rom, Antonio Pappano Dirigent  Philharmonie Berlin, 5. September 2022

Musikfest Berlin – Orchestra e Coro dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia, Leitung Sir Antonio Pappano, Igor Levit Klavier, Schönberg | Busoni, © Fabian Schellhorn

Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia Rom

Antonio Pappano   Dirigent
Coro dellʼAccademia Nazionale di Santa Cecilia
Igor Levit   Klavier

Arnold Schönberg
Verklärte Nacht, Fassung für Streichorchester

Ferruccio Busoni
Konzert für Klavier und Orchester mit Männerchor

Coro dellʼAccademia Nazionale di Santa Cecilia
Igor Levit  Klavier

Philharmonie Berlin, 5. September 2022

 von Peter Sommeregger

Die beiden Werke, die in diesem Konzert erklangen, entstanden zeitlich nahe an der vorletzten Jahrhundertwende und sind beide geprägt von der Entstehung neuer Formen der Musik in dieser Zeit. Sie folgen allerdings formal noch den alten Traditionen. Schönberg schrieb sein Streichsextett inspiriert durch die schwüle Jugendstil-Lyrik des Dichters Richard Dehmel, der heute nur noch durch Vertonungen seiner Werke bekannt ist. Später schuf er eine Fassung des Werkes für großes Streichorchester, die auch in diesem Konzert zu hören war.

Schönberg ist bereits auf dem Weg zu dem großen Experiment der Zwölftonmusik, das ihn endgültig bekannt machte, seinen Namen aber gleichzeitig zum Schreckgespenst für konservative Musikliebhaber werden ließ. Hier huldigt er aber noch der Spätromantik und lässt das groß besetzte Streichorchester in betörender Schönheit schwelgen. Die samtweichen Streicher des römischen Orchesters malten ein facettenreiches, schwermütiges Bild und kosteten die großen Aufschwünge der Musik gebührend aus. Ein eher überraschtes Publikum, das offenbar mit atonalem Schönberg gerechnet hatte, reagierte begeistert.

Zu einer mittleren Sensation geriet der zweite Programmpunkt, Busonis aberwitziges Klavierkonzert mit Orchester und Männerchor, das allein schon durch seine Aufführungsdauer von 70 Minuten den üblichen Rahmen sprengt. Der polyglotte italienische Musiker, der selbst als Pianist große Erfolge feierte, entfesselt in diesem Werk ein wahres Feuerwerk an Einfällen und unerwarteten Wendungen, in insgesamt fünf Sätzen werden das groß besetzte Orchester und vor allem der Solist extrem gefordert. Igor Levit stürzte sich mit vollem Engagement in den schier endlosen und extrem schwierigen Klavierpart, die Uraufführung des Werkes in Berlin hatte Busoni selbst gespielt. Das Zusammenspiel mit den souverän aufspielenden Römern war geradezu perfekt, Sir Antonio Pappano, der den Klangkörper schon seit Jahren leitet, kann sich seiner Musiker stets sicher sein, es scheint große Harmonie zwischen dem Dirigenten und den Orchestermitgliedern zu herrschen.

Im letzten Satz des ausladenden, aber originellen Konzertes fällt noch ein Männerchor ein und singt ein feierliches Gedicht, dessen Worte einem Drama Adam Gottlob Oehlenschlägers entnommen sind. Feierlich getragen klingt die Musik aus.

Das Publikum ist bei aller Begeisterung auch überrascht, beide Werke haben keinen hohen Bekanntheitsgrad, vor allem das Busoni-Konzert war wohl dem Großteil des Publikums unbekannt. Umso größer die ehrliche Begeisterung, die sich in minutenlangen Standing Ovations für Pappano, Igor Levit, sowie Chor und Orchester niederschlug.

Peter Sommeregger, 6. September 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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