Das titelgebende Zitat stammt von dem damaligen Wiener Kritikerpapst Julius Korngold, der den ein wenig weit hergeholten Vergleich zwischen der Witwe Wagners und Lilli Lehmann anstellt. Von der Intensität ihres Engagements her waren sich die Frauen allerdings ebenbürtig.
Robert Kriechbaumer
„Salzburg hat seine Cosima“
Lilli Lehmann und die Salzburger Musikfeste
Böhlau Verlag
von Peter Sommeregger
Dieses Buch stellt eine überfällige Würdigung der nicht zu unterschätzenden Rolle dar, welche die weltberühmte Sopranistin bei den ersten Versuchen, in Salzburg Mozartfeste zu etablieren, spielte.
Dass die weltberühmte Sopranistin Lilli Lehmann zeitlebens um das Werk Mozarts und seine Pflege speziell in Salzburg stritt und auch nicht unwesentlich am Zustandekommen des Kaufes von Mozarts Geburtshaus durch die Stadt beteiligt war, ist Allgemeinwissen. Ebenso die Tatsache, dass die Mozartfeste zu Beginn des letzten Jahrhunderts größtenteils ihrem Einsatz und Engagement zu danken sind.Der Autor unternimmt aber in diesem zwar schmalen, aber inhaltlich gewichtigen Buch, erstmals eine Schilderung der lokalen kulturellen Verhältnisse der Stadt Salzburg, die Lilli Lehmann vorfand, als sie ihre Festspielidee entwickelte. Kriechbaumer entwirft ein durchaus kritisches Bild der damaligen Salzburger Gesellschaft, die doch in weiten Teilen provinziell geprägt war.
Das dürfte auch Lilli Lehmanns Vorbehalte erklären, was den Bau eines Festspielhauses betrifft. In erster Linie war ihr die Qualität aller Aufführungen wichtig, eine solche sah sie in Salzburg in der gewünschten Kontinuität damals nicht für möglich an.
Trotz großzügiger Förderung durch Kaiser Franz Joseph, der zeitweilig Personal und Ausstattung seiner Wiener Hofoper zur Verfügung stellte, war und blieb die Finanzierung der Mozartfeste zwischen 1901 und 1913 eine schwierige und heikle Aufgabe. In der Folge verhinderte der erste Weltkrieg eine Fortsetzung der Mozartfeste.
Der wichtigste und interessanteste Teil des Buches sind allerdings die Anhänge. Ein umfangreicher Bildteil macht das Geschilderte anschaulich, die angefügten Memoranden Lilli Lehmanns über die Don-Juan-Aufführungen 1906 und 1910 geben tiefe Einblicke in Lehmanns künstlerische Intentionen, aber auch in ihr starkes Selbstbewusstsein und ihr Durchsetzungsvermögen.
In Teilen haben diese Memoranden auch Eingang in Lilli Lehmanns Autobiographie „Mein Weg“ gefunden, wobei der interessanteste Teil, nämlich die Beurteilung der mitwirkenden Künstler bisher nicht veröffentlicht waren. Kein Wunder, denn zur Zeit der Veröffentlichung der Memoiren waren diese Sänger noch am Leben.
Das titelgebende Zitat stammt von dem damaligen Wiener Kritikerpapst Julius Korngold, der den ein wenig weit hergeholten Vergleich zwischen der Witwe Wagners und Lilli Lehmann anstellt. Von der Intensität ihres Engagements her waren sich die Frauen allerdings ebenbürtig. Eine Würdigung Lilli Lehmanns für ihr Salzburger Engagement war jedenfalls überfällig, sie war letzten Endes die Wegbereiterin der späteren Festspielidee.
Peter Sommeregger, 4. Dezember 2021, für
klassik-begeistert.de und Klassik-begeistert.at
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