Kent tanzt Pärt, Strawinsky, Schumann in Hamburgs Elphi

Daniel Cho, Alexei Volodin, Kent Nagano, Philharmonisches Staatsorchester Hamburg Teil 1

Elbphilharmonie, Hamburg, 5. Dezember 2021 (Teil 1)

Foto: Elbphilharmonie, (c) Maxim Schulz

Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Daniel Cho Violine
Alexei Volodin Klavier
Dirigent Kent Nagano

Arvo Pärt
Fratres (Fassung für Violine, Streicher und Schlagwerk)
Igor Strawinsky
Konzert für Klavier und Bläser
Arvo Pärt
Swansong / Hamburger Fassung, Uraufführung
Robert Schumann
Sinfonie Nr. 4 d-Moll op. 120

von Andreas Schmidt

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Jedes Jahr feiert klassik-begeistert zur Weihnachtszeit in Hamburg – diesmal stand ein Besuch der Elbphilharmonie mit dem Philharmonischen Staatsorchester Hamburg unter Kent Nagano an, danach ein Besuch beim leckeren Stammportugiesen A Casa do Benfica in der Rambachstraße 10 im Portugiesenviertel. Zwei AutorInnen aus Berlin sowie fünf AutorInnen und zwei Lektorinnen aus Hamburg samt „Anhang“ waren dabei und verbrachten einen wunderbaren Tag.

Hier ihre ersten Berichte:

Sandra Grohmann, Berlin

Kent Nagano tanzt Pärt, Strawinsky, Schumann

Arvo Pärt ist meine Neuentdeckung des Monats. Von Kent Nagano groovig und in elegant tänzelnder Körperspannung geleitet, verführte mich das Philharmonische Staatsorchester Hamburg mit seinen Fratres und Swan Song zu einer Meditation eigener Art. Davon möchte ich mehr hören: Musik, die alles zugleich bietet – Hochspannung und Entspannung, Transzendenz und Sinnenfreude.

Sandra Grohmann

Die von Nagano so tänzerisch übermittelte Rhythmik übertrug sich während dieser Matinee auch durch das Konzert für Klavier und Bläser von Strawinsky mit Alexei Volodin am Flügel und die Sinfonie Nr. 4 von Schumann: Zum Mittanzen schön. Einzig das Finale von Schumanns Sinfonie geriet etwas hamsterradartig, indem Nagano die Zäsuren und Modulationen, wie sie in der Partitur angelegt sind, für meinen Geschmack zu wenig deutlich werden ließ. Trotzdem summten viele Zuhörer auf den Treppen der Elphi das Thema weiter. Gibt es eigentlich etwas Schöneres?

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Dr. Ralf Wegner, Hamburg

Lang anhaltender Beifall lohnte die schöne konzertante Leistung

Das Außenthermometer zeigt 2 Grad, es ist diesig, es schneerieselt; kein einladendes Wetter, um zum Baumwall zu fahren. Aus dem U-Bahn-Tunnel von St. Pauli kommend öffnet sich das Hafenpanorma und überwältigt, wie schon immer seit meiner Kindheit. Die neue Elbpromenade von  Zaha Hadit ist ganz gut besucht, vom Baumwall drängt sich das Volk Richtung Elbphilharmonie. Über drei Brücken muss man gehen, mit jeder wird es zugiger; der Blick auf das Konzerthaus entschädigt. Seitlich drängen die Besucher zu den Fahrstühlen, andere nehmen die lange Treppe nach oben. Impfnachweis, Personalausweis und Eintrittskarte werden erst oben auf der Plaza im Trockenen überprüft. Der Berganstieg beginnt, diesmal nur bis Ebene 15.

Dr. Ralf Wegner

Der dunstverhangene Blick auf Stadt und die Elbe hinunter hat von hier oben etwas Magisches. Tief im Hintergrund im Norden zeichnen sich, fast kuppelförmig, die neuen Aufbauten des Feldstraßenbunkers dunkelgrau ab, im Westen schimmern die oberhalb der Landungsbrücken liegenden Hochbauten durch den Dunst, im Osten imponieren die Kirchtürme der Stadt. Es gibt also bereits vor Beginn des Konzerts viel zu sehen.

Der Große Saal der Elbphilharmonie füllt sich langsam, alle Plätze, bis auf die dem Orchester nächst liegende Reihen, sind besetzt. Es muss Maske getragen werden. Hier hat man das Gefühl, vor Corona gut geschützt zu sein.

Es beginnt mit Arvo Pärts Fratres. Leise beginnt Daniel Cho mit dem Spiel seiner Violine, der Klang füllt den Raum, er dringt unmittelbar an das hörende Ohr; Streichorchester und Schlagzeug folgen. Das Stück ist untermalend, wie für choreographierten Tanz geeignet. John Neumeier griff häufiger auf Pärts Musiken zurück, schuf sogar für Fratres ein Ballett. Ganz anders das zweite nach der Pause gespielte Werk dieses Komponisten: Swangsong. Für großes Orchester für diese Aufführung von Pärt modifizert, erinnert der Klang an die romantischen Kompositionen des 19. Jahrhunderts mit erkennbarer Melodik und dynamischen Abstufungen bis hin zum glanzvollen Forte. Das Stück dauerte nur 6 Minuten, man hätte es auch ein zweites Mal hören können.

Kent Nagano (c)

Zuvor wurde Igor Strawinskys Konzert für Klavier und Bläser gespielt (am Flügel Alexei Volodin). Auch dieses Musikstück verlangte nach Tanz. Im Gegensatz zur vierten Symphonie von Robert Schumann, mit der das Philharmonische Staatsorchester Hamburg unter der suggestiven Leitung von Kent Nagano die Stimmung im Publikum deutlich hob. Lang anhaltender Beifall lohnte die schöne konzertante Leistung.

Der Weg vom Berg (der Elbphilharmonie) auf die Straße dauerte etwa 10 Minuten, es war nur eine Rolltreppe nach unten geschaltet (abends laufen in der Regel beide nach unten). Auffällig viele Besucher strömten jetzt um 13 Uhr nach oben auf die Plaza des Konzerthauses. Der Dunst hatte sich verzogen, wenig Niesel hinderte die Mehrzahl der Besucher und anderer Touristen aber nicht, sich in den Weiten der Hafencity oder auf der Elbpromenade zu promenieren.

klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at, 6. Dezember 2021

Jackenlager Elbphilharmonie, Schlangen vor den Toiletten, Unruhe Elbphilharmonie, Hamburg, 3. / 5. Dezember 2021

Philharmonisches Staatsorchester Hamburg, Daniel Cho, Alexei Volodin, Kent Nagano Elbphilharmonie, Hamburg, 5. Dezember 2021 (Teil 2)

 

 

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