Foto: AIDA prove Z, Arena di Verona Opera Festival
Bei aller Kritik an dieser zwar spektakulären, aber nicht wirklich stimmigen Jubiläums-Neuinszenierung (Stefano Poda) der Arena-Festspiele in Verona und bei allen bekannten Vorbehalten betreffend Anna Netrebkos notorischer Putin-Verehrung: Just in jenem Augenblick, da Netrebko die legendäre Nil-Arie anstimmte, erhob sich am Horizont der römischen Arena, präzise über der Mitte des Bühnenbildes, in gigantischer Majestät der August-„Super“-Vollmond („Sturgeon Moon“). Atemberaubend. In all den Jahren, in denen mir an den verschiedensten Schauplätzen Europas bemerkenswerte Opern-Erlebnisse vergönnt waren, habe ich nie einen derartigen Moment erleben dürfen: Das war Magie pur. Netrebkos inzwischen zu edlen Tiefen gereifte Stimme, diesen wunderbaren, von so vielen namhaften Sängerinnen intonierte Klängen hingegeben, in perfekter Harmonie mit dem von Marco Armiliato präzis, subtil und mit gebotener Zurückhaltung geleiteten Orchester der Arena-Festspiele, all dies unter dem grandiosen, hochsommerlichen Veroneser Vollmond – das war ein erhebendes, unwiederholbares Erlebnis. Alles stimmte in diesem Moment, das Publikum war mucksmäuschenstill und wagte kaum zu atmen, selbst die Inszenierung, die ich im ersten Teil als wenig plausibel und mit all ihren Laser-Effekten und Beleuchtungs-Extravaganzen völlig überfrachtet empfunden hatte, war nun plötzlich, während der Nil-Arie und den nachfolgenden, schicksalshaften Begegnungen mit Radamès und König Amonasro, ästhetisch makellos.
Giuseppe Verdi, Aida
Libretto: Antonio Ghislanzoni
Arena di Verona Opera Festival, 2. August 2023
Dirigent: Marco Armiliato
Inszenierung: Stefano Poda
Aida: Anna Netrebko
Radamès: Yusif Eyvazov
Pharao: Simon Lim
Amneris: Olesya Petrova
Ramfis: Christian Van Horn
Amonasro: Amartuvshin Enkhbat
Orchester, Chor und Ballett der Fondazione Arena di Verona
Chormeister: Roberto Gabbiani
In italienischer Sprache
von Dr. Charles Ritterband
Doch leider hielt dieses geradezu ekstatische Glück des von dieser Magie verzauberten Zuschauers nicht lange an. Denn die herrlich erwartungsvollen Takte, die sich in sinnlichem Crescendo zum Höhepunkt des herrlichen Wiedersehens-Duetts zwischen Aida und ihrem geheimen Lover Radamès steigern sollten, wurden nunmehr zum jähen, enttäuschenden Absturz. Das lag nicht an Netrebko, die mit wunderschöner Stimme all ihr Sehnen in diese Takte legte, sondern, leider muss es an dieser Stelle wiederholt werden, an ihrem real-life Ehemann, dem aserbaidschanischen Tenor Yusif Eyvazov. Er hatte seine guten Momente, er schaffte offenbar ziemlich mühelos das hohe B der „Celeste Aida“ im ersten Akt und schien im Duett des letzten Aktes mit der in diesen Kriegshelden hoffnungslos verknallten Pharaonentochter Amneris (hervorragend sonor: Olesya Petrova) wesentlich besser zu harmonieren als im Duett mit seiner weltberühmten Ehegattin Netrebko. „Giuseppe Verdi, Aida
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