„Als dirigierte er eine Big Band“ – Genug gepriesen?

Holger Speck © https://www.staatstheater.karlsruhe.de/ensemble

NDR Vokalensemble
Akademie für Alte Musik Berlin

Julian Prégardien Tenor

Solist:innen des NDR Vokalensembles

Leitung Holger Speck

Johann Sebastian Bach (1685—1750) Weihnachtsoratorium BWV 248
Oratorium in sechs Kantaten für Soli, Chor und Orchester (1734—35)

Elbphilharmonie, Hamburg 7. Dezember 2023 

von Harald Nicolas Stazol

„Bum-bum-bum-boom-bam“ dröhnen die Bach’schen Pauken, „Jauchzet, frohlocket“ singt das NDR Vokalensemble – wir beide hier im Parkett könnten es mitsingen, das Weihnachtsoratorium, meine alte Freundin Verena und ich, hier in der Elphi – aber es wäre Frevel, diesen überragenden Evangelisten zu stören, Julian Prégardien, „einen der weltweit Begehrtesten“ für diese Rolle, und zu recht, und es kommt einem schon Peter Schreier in den Sinn, München, Gasteig, frühe Neunziger – so volltönend und hier verkündet schon ein noch relativ junger Sänger „Evangelium“ – die Nachricht der Freude. „Johann Sebastian Bach (1685—1750) Weihnachtsoratorium
Elbphilharmonie, Hamburg 7. Dezember 2023 “
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Blaue Blume Hoffnung – Süßer Vogel Jugend

Johannes Witt, Künstlerische Leitung des LJO Hamburg
Foto © Sarah Wijzenbeek

Jubiläumskonzert 55 Jahre LJO Hamburg

Leonard Bernstein
»Candide«-Ouvertüre

Edward Elgar
»Sea Pictures« op. 37 für Sologesang und Orchester

Johannes Brahms
Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 73

Dirigent: Johannes Witt
Solistin: Ann-Beth Solvang (Mezzosopran)
Landesjugendorchester Hamburg

Elbphilharmonie, 16. November 2023


von Harald Nicolas Stazol

Ein jung-zackiger Furtwängler, ein neu und zu Recht bemühter Immanuel Kant, ein vollendeter, mir bis dato unbekannter Elgar, so schön, dass ich ihn inzwischen zum 28ten Male gehört haben, YouTube-Zähler sei Dank, die Entdeckung einer STIMME!!!, ein Orchester, in aller Unschuld und in allem schön zu sehenden Ungestüm aller Jugend, der hier so sehr begabten Jugend, ein aus den Nähten platzendes Haus, ein wohlgelaunter, elegant-dynamischer 1. Bürgermeister – und lauter kleine, aufgeregte, sich die Fliegen oder Krawatten zurechtstreichende Mini-Smokings schon auf dem „Platz der Deutschen Einheit“, einen umschwärmend: Der Festakt zum 55-jährigen Bestehen des Landesjugendorchesters unserer Hansestadt kann sich sehen und hören lassen! „Jubiläumskonzert 55 Jahre LJO Hamburg
Elbphilharmonie, 16. November 2023“
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Elbphilharmonie: So erweckt man die weihnachtliche Wärme aus der Schubert’schen Winterreise

Foto © Maximilian Probst

Vor wortwörtlich verschlossenen Augen funkelt die Winterreise in vorweihnachtlicher Glühweinstimmung. Sehen tut man nichts, einzig die seidensanfte Schubert-Musik in Form eines kammermusikalischen Gesamtkunstwerks lässt die musikalische Seele grenzenlos phantasieren. Kann Schubert nicht einfach immer so klingen?

Orchester im Treppenhaus

Thomas Posth, Musikalische Leitung

Esther Valentin, Mezzo-Soprano
Luise Helm, Sprecherin
Norman Matt, Sprecher

Werke von Franz Schubert und David Lang

Elbphilharmonie, Hamburg, 14. November 2023

von Johannes Karl Fischer

Schlange stehen, Maskenpflicht, kennen wir alles. Moment, ist doch eigentlich schon vorbei? Stimmt, und von einer Mund-Nasen-Bedeckung ist auch keine Rede mehr. Gott sei Dank. Stattdessen heiß es: Augen zu!

Richtig: Im Foyer vor dem kleinen Elbphilharmonie-Saal kriegen alle ein schwarze Augenmaske, völlig fern des Tageslichts geht’s dann mit verdeckten Augen auf die Plätze. Kein Handytippen, kein vorkonzertliches Instagramfoto. Reinigung für die müd gemachte Großstadtseele. Wie eine wunderschön stille Nachtfahrt durch die sanft bewaldete steierische Hügellandschaft. „Orchester im Treppenhaus
Elbphilharmonie, Hamburg, 14. November 2023“
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Elbphilharmonie Hamburg: „Über die Maßen anrührend“

Klaas Stok © Hans van der Woerd

Wenn ein Konzert von „Spinnern“ wie mir die Spinnweben und Seelen-Spinnen aus dem Großhirn fegen kann, und ENDLICH wieder Glückshormone ausgeschüttet werden, so ist das heute Abend wirklich ein ganz persönlicher Fall von fortune!

»SINGING!«

NDR Vokalensemble
Kammerchor der HfMT

Leitung Klaas Stok
Laiensänger

Elbphilharmonie, 11. November 2023


von Harald Nicolas Stazol

Ungezählte Sänger! Manche weit hergereist, es bedarf eines Aufnahmeformulars online, es wird einmal geprobt, und dann hat man das Gefühl, dass Klaas Stok, der Dirigent dieses Massenchores, in etwa das Talent eines Duke of Wellington haben muss, ganze Regimenter beherrschend, eine Dame sagt im NDR, sie käme aus der Schweiz. „»SINGING!« NDR Vokalensemble / Klaas Stok
Elbphilharmonie, 11. November 2023“
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Genie gegen Göre, wer wohl gewinnt?

Marc-André Hamelin © Hamelin Sim+Cannety-Clarke, 2018 

Ob die Familie im Saal die Einzigartigkeit dieses Abends denn überhaupt begreift? Ich gebe mein Äußerstes, es der One-Kid-only-Family klarzumachen… umsonst, ach, umsonst. Denn leider knackt seine Tochter, sie mag kaum 12 sein, ausgerechnet zu Hamelins zartvollsten Passagen deutlich hörbar mit den Fingern. Bald dreht sie schnell mit den Däumchen, mal zieht sie sich Strähnen aus dem Haar, mal massiert sie ihre nackten Knöchel kurz überm weißen Sneaker, aus mir unerklärlicher Langeweile – man merkt halt auch immer, wenn eine Göre im Raum ist, man ist ja auch Gören im Hohen Haus gewohnt, aber dies ist nun schon eine Über-Göre ganz offensichtlich – nun alles egal, denn dort, keinen Weitsprung weit entfernt, musiziert eben ein Weltstar, was sag ich, ein wahres Wunder.

Marc-André Hamelin  Klavier

Ludwig van Beethoven
Sonate für Klavier B-Dur op. 106 »Hammerklaviersonate«

– Pause –

Robert Schumann
Waldszenen op. 82

Maurice Ravel
Gaspard de la nuit / Drei Gedichte für Klavier nach Aloysius Bertrand

Elbphilharmonie, 12. November 2023

Ultra! Unerhört! Unspielbar! Unerreicht! Unglaublich! Unvergleichlich! Unvergesslich! Unfassbar! Marc-André Hamelin: Das Stupor Mundi — ein Wunder und Staunen der Welt! „Klavierabend mit Marc-André Hamelin
Elbphilharmonie, 12. November 2023“
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Seltener Frohsinn und Aufstieg aus der Trauer – Tschaikowsky und Mahler strahlen in der Elbphilharmonie

Die enorme Körperspannung ist bei Bell geradezu spürbar, manchmal biegt er sich wie ein Panther, um dann wieder in die Aufrechte zu gehen, so als wolle er den Klangstrahlen, die er erzeugt, nachsehen. Das Solo kostet er aus, indem er jeden einzelnen Ton wahrnimmt und ihm sowie den einzelnen Themen den Strich gibt, den die Klänge verdienen, um blühen zu können. Dafür gibt es nach diesem Satz „Bravo!“, ja „Bravissimo!“-Rufe und man mag es dem Publikum nicht verdenken, dass hier die Begeisterung mit den Applaudierenden durchgeht.

Bell und Gilbert © Andreas Ströbl

Peter Iljitsch Tschaikowsky, Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 35

Gustav Mahler, Symphonie Nr. 5 cis-Moll

Alan Gilbert, Dirigent
Joshua Bell, Violine
NDR Elbphilharmonie Orchester

Großer Saal der Hamburger Elbphilharmonie, 3. November 2023

von Dr. Andreas Ströbl

Als Musikjournalist möchte man den Begriff „Kritiker“ am liebsten zur Bezeichnung des eigenen Standes meiden, wenn man die Auslassungen von Eduard Hanslick liest und über die unfassbare Kenntnislosigkeit dieses ehemaligen Kritikerpapstes nur den Kopf schütteln kann. Als Musik, „die man stinken hört“ empfand er eines der großartigsten Werke der Literatur für Violine und Orchester schlechthin, nämlich Tschaikowskys Opus 35, das auch ganz gewiss zu den fröhlichsten, lebensbejahendsten Stücken des Komponisten zählt. „NDR Elbphilharmonie Orchester/Joshua Bell und Alan Gilbert
Elbphilharmonie, 3. November 2023“
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Zauber, da bist Du, da klingst und singst Du! Presto, Maestro!

Bell und Gilbert, Photo: Andreas Ströbl

Und so bleibt es mir nur übrig, dem NDR, Alan, Joshua, Pjotr und Gustav zu danken. Das war nun wirklich überwältigend.

Tadellos! Ja, makellos.


Peter Iljitsch Tschaikowsky, Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 35

Gustav Mahler, Symphonie Nr. 5 cis-Moll

Alan Gilbert, Dirigent
Joshua Bell, Violine
NDR Elbphilharmonie Orchester

Großer Saal der Hamburger Elbphilharmonie, 3. November 2023

von Harald Nicolas Stazol

Jetzt fehlt, liebe Leser, nur noch der Bruderkuss, so, wie David Oistrakh 1969 mit Gennady Roshdeshventsky, sieht ’n büschn aus wie Honecker/Breshniev, nun also – nach DIESEM liebevollsten Tschaikovsky, dank Joshua Bell, danker (sic!) des Dirigats des Alan Gilbert, am Dankesten dem Orchester, das der Hansestadt noch – mark my words! – zu manchem Weltruhm verhelfen wird! „Alan Gilbert, Dirigent, Joshua Bell, Violine, NDR Elbphilharmonie Orchester
Elbphilharmonie, 3. November 2023“
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Turbo-Pop des Barock: „Besser geht’s doch gar nicht“ ... in der Elbphilharmonie

Foto: https://www.susanne-langbein.com

Orchester Wiener Akademie
Susanne Langbein/Martin Haselböck

Werke von Mozart und Haydn

Elbphilharmonie, Hamburg, 18. Oktober 2023

Orchester Wiener Akademie

Susanne Langbein  Sopran
Martin Haselböck    Dirigent

PROGRAMM

Joseph Haydn
Sinfonie D-Dur Hob. I:6 »Le Matin«

Wolfgang Amadeus Mozart
Vorrei spiegarvi / Konzertarie für Sopran und Orchester KV 418

Joseph Haydn                                                        Berenice, che fai / Kantate Hob. XXIVa:10

– Pause –

Wolfgang Amadeus Mozart
Sinfonie g-Moll KV 550

von Harald Nicolas Stazol

Vorsicht, Maestro, so geben Sie doch acht, Herr Haselböck, die Musikwelt braucht Sie noch!!! – aber klar, nach der zweiten Zugabe des „Orchester Wiener Akademie“, Turbo-Pop des Barock, kann man schon etwas erschöpft sein:  „Danza degli spettri e delle furie“ – und wie furios wird da losgelegt, auf historischen Instrumenten, so wie es Christoph Willibald Gluck und seine Zeit wollte und sich gedacht hat – und wie Wien und die Welt damals eben noch gehört hat, rasant, rasant, rasanter! Orginal sound also. „Orchester Wiener Akademie Susanne Langbein/Martin Haselböck
Elbphilharmonie, Hamburg, 18. Oktober 2023“
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Ach, kann das Modernste schön sein!

https://www.matthiaspintscher.com/

Elbphilharmonie, 13. Oktober 2023

NDR Elbphilharmonie Orchester

Nils Mönkemeyer   Viola
Matthias Pintscher   Dirigent

György Kurtág (*1926)
Petite musique solennelle / en hommage à Pierre Boulez 90 (2016)

Matthias Pintscher (*1971)
Idyll (2014)

Peter Ruzicka (*1948)
Depart / Konzert für Viola und Orchester (2022)

 György Kurtág
Stele für großes Orchester op. 33 (1994)

Adagio
Lamentoso-disperato, con moto   Molto sostenuto


von Harald Nicolas Stazol 

Es ist schon ein besonderes Geschenk, einen Dirigenten sein eigenes Werk aufführen zu sehen und zu hören, und im Falle des Matthias Pintscher ist es außergewöhnlich – und auch, dass dieser Komponist sich nach der Pause vom Podium unter unwetterartigem Beifall erheben wird und auf die Aufführungsfläche kommt: Doch zunächst Dirigat und Komposition in einem – die Pintscher’sche Partitur sprengt doppelt das Format DIN A 3, komplett mit Eintragungen in Bleistift, das erspähe ich durch mein stets mitgeführtes Opernglas, und das NDR Elbphilharmonie Orchester sprengt an Leistung gerade sich selbst.

„NDR Elbphilharmonie Orchester, Nils Mönkemeyer Viola, Matthias Pintscher Dirigent
Elbphilharmonie, 13. Oktober 2023“
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Mit »innigster Empfindung« möchte Beethoven den »Heiligen Dankgesang eines Genesenen« aus einem seiner späten Streichquartette vorgetragen wissen – und so möge er dieses Konzert eröffnen.

Philharmonisches Staatsorchester Hamburg © Felix Broede

Elbphilharmonie, Hamburg, 8. Oktober 2023

Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Dirigent Kent Nagano

Ludwig van Beethoven (1770-1827)
Heiliger Dankgesang

III. aus dem Streichquartett Nr. 15 a-Moll op. 132 für Streichorchester bearbeitet von David Robert Coleman

Soloquartett:
Daniel Cho, Sebastian Deutscher, Naomi Seiler, Thomas Tyllack

Helen Grime (*1981)
River (Uraufführung) für Kammerorchester
Auftragswerk des Philharmonischen Staatsorchesters und des Orchestre de Paris

I. Bright, with energy
II. Very still, gently swelling

George Benjamin (*1960)
Sudden Time für großes Orchester

Ludwig van Beethoven (1770-1827)
Symphonie Nr. 2 D-Dur op. 36

I. Adagio molto – Allegro con brio
II. Larghetto
III. Scherzo. Allegro
IV. Allegro molto

von Harald Nicolas Stazol

Dass Kent Nagano es vermag über allem zu schweben, steht ja außer Frage, aber im Moment frage ich mich, warum der Orchester-Willkommensapplaus aufbrandet, ist doch die Bühne der Elphi bis auf Notenpulte und Bestuhlung leer, ohne jeglichen Musiker? Ich glaube kurz an ein Out-of-Body-Experience, wie sie mir nicht fremd sind, vor allem wegen der weltpolitischen Ereignisse – bis ich Bewegung ganz oben unter der Decke sehe, und begreife – da dachte ich längst, mich überrascht gar nichts mehr – dass die Eröffnung des 2. Philharmonischen Konzertes gewissermaßen direkt unterm Dach links des Großen Saales stattfinden und von ihm herabklingen wird: „Philharmonisches Staatsorchester Hamburg, Dirigent Kent Nagano
Elbphilharmonie, Hamburg, 8. Oktober 2023“
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