„Woran geht unsere Welt zugrunde, als an dem Mangel an Liebe!“

Dr. Andreas Ströbl (links im Bild) und Hans Martin Gräber © Dr. Regina Ströbl

Interview mit Hans Martin Gräbner 

In Bayreuth ist er eine echte Instanz – der Musikwissenschaftler und Komponist Hans Martin Gräbner führt im Rokoko-Saal des Steingraeber & Söhne-Haus (Friedrichstr. 2, 95444 Bayreuth) jeden Tag um 11 Uhr vor einer Aufführung im Festspielhaus in die jeweilige Oper ein.

Solche Einführungen in Wagners Werke gibt es reichlich in Bayreuth, aber Gräbners Vormittage sind etwas ganz Besonderes, weil er ungemein charmant, humorvoll und kenntnisreich Musik, Inhalt und Entstehungsgeschichte der jeweiligen Oper vorstellt. Er spielt mit Hingabe auf dem Liszt-Flügel und singt dazu, ganz gleich, ob Tenor- oder Baritonpartie.

Wagner-Neulinge nimmt Gräbner gleichsam an die Hand und erleichtert ihnen so den Zugang zu den komplexen Kompositionen, „vorgeschädigte“ Wagnerianer erhalten immer wieder neue Einblicke auch in Werke, die sie gut zu kennen glauben. Es macht einfach Freude, Gräbner zuzuhören und zu erleben, mit welcher Leidenschaft, aber auch kritischen Bemerkungen er sich dem Werk des „Meisters“ hingibt.

Vorbestellungen oder rechtzeitiges Kommen sind in jedem Falle empfohlen! „ Interview mit Hans Martin Gräbner von Dr. Andreas Ströbl
klassik-begeistert.de, 13. August 2023“
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Lise Davidsen: „Ich bin ein Country-Girl“

Lise Davidsen © Staatsoper Berlin

Interview mit Lise Davidsen von Kirsten Liese

Die 36-Jährige Lise Davidsen ist eine der führenden Wagnersoprane im lyrisch-dramatischen Fach.

Auf den Bayreuther Festspielen nahm die Sopranistin 2022 als Sieglinde in dem sehr umstrittenen Ring von Valentin Schwarz für sich ein, für den es in diesem Sommer noch Karten gibt, und als Elisabeth im Tannhäuser.

Die Norwegerin wurde 1987 in Stokke geboren und gastiert an so ziemlich allen großen renommierten Bühnen in Wien, London, New York, München oder Berlin. Auf dem Grünen Hügel ist sie in diesem Jahr jedoch wegen anderer beruflicher Verpflichtungen nicht dabei.

Kirsten Liese: Frau Davidsen, wann und bei welcher Gelegenheit haben Sie Ihre Stimme entdeckt?

Lise Davidsen: Ich habe mit dem Musikmachen begonnen, als ich 15 Jahre alt war. Zunächst habe ich  Gitarre gespielt und sozusagen ein bisschen angefangen wie die Popsängerin Eva Cassidy, von da an hat sich alles langsam entwickelt. Und als ich auf der Oberschule war – drei Jahre, bevor ich an die Musikhochschule kam – besuchte ich zusätzlich eine spezielle Musikschule, dort begann meine Ausbildung im klassischen Gesang, die sich dann natürlich professioneller und gründlicher in der Grieg Akademie in Bergen fortsetzte. Danach habe ich an der Königlichen Opernakademie in Kopenhagen noch ein Masterstudium drauf gesattelt. „Interview mit Lise Davidsen von Kirsten Liese
klassik-begeistert.de, 17. Juli 2023“
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Interview mit Vasily Petrenko: „Nur im Moment des Aussterbens protestieren sie"

Vasily Petrenko © tarlova.com

Im Rahmen der Münchner Opernfestspiele ist Vasily Petrenko mit Boris Godunov an die Bayerische Staatsoper zurückgekehrt. Im Interview mit Willi Patzelt erörtert der Chef des Royal Philharmonic Orchestra, des Jugendorchesters der Europäischen Union und Ehrendirigent des Royal Liverpool Philharmonic Orchestra die Aktualität von Modest Mussorgskys russischer Nationaloper. Die Fragen nach Rolle von Macht und Volk stellen sich im heutigen Russland mehr denn je. Vasily Petrenko, halb russischer und halb ukrainischer Herkunft (seine Familie mütterlicherseits stammt aus einem Dorf unweit von Butscha), spricht über Macht, über Hoffnung und die Rolle von Kultur – gerade in Zeiten wie diesen.

von Willi Patzelt

klassik-begeistert: Sie sind zurück an der Bayerischen Staatsoper – erneut mit Modest Mussorgskys Boris Godunov. Ganz allgemein: Was ist Ihre persönliche Beziehung zu diesem Werk, was bedeutet der „Boris“ für Sie?

Petrenko: Nun, ich habe den Boris zum ersten Mal vor vielen, vielen Jahren als kleiner Junge im Chor der Oper von Kiew gesungen. Seitdem hat er mich die ganze Zeit über begleitet – vor allem deshalb, weil er eine der wenigen Choropern ist. Der Chor ist also die wichtigste treibende Kraft in dieser Oper. Und er, als Volk, führt tatsächlich zu Veränderungen oder wird zu Veränderungen getrieben.

klassik-begeistert: Ich habe Boris Godunov das erste Mal als kleiner Junge in Moskau im Bolschoi-Theater gehört. Und ich erinnere mich, dass ich mir dachte: „Das klingt ja so russisch“. Woher kommt das, was macht diese Musik so russisch? „Interview mit Vasily Petrenko von Willi Patzelt
klassik-begeistert.de, 11. Juli 2023“
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Interview mit Paolo Petrocelli, Young Global Leader und Generaldirektor der Dubai Opera

Paolo Petrocelli Dubai © Dubai Opera

von Dr. Klaus Billand

Der Italiener Paolo Petrocelli, 1984 in Rom geboren, ist wohl DER Opernintendant der Szene, der sich am besten mit der Oper in MEA (Middle East and North Africa) auskennt, also im Operngeschehen des Mittleren Ostens und Nordafrikas, im Wesentlichen also der islamischen Welt. Zu diesem Thema hat er 2019 ein hochinteressantes, informatives Buch geschrieben mit dem Titel: „The Evolution of Opera Theatre in the Middle East and North Africa“.

Es gibt aber noch eine weitere Singularität im Leben von Paolo Petrocelli, der bis Februar 2023 Generaldirektor des Stauffer Center for Strings in Cremona war, dem ersten internationalen Musikzentrum für höhere Bildung, Forschung, Komposition, Produktion, Management und Innovation in Bezug auf Streichinstrumente. Er wurde in diesem Jahr vom World Economic Forum – WEF, mit dem er schon länger kooperiert, zum Young Global Leader in the Cultural Sphereernannt, als einziger Italiener unter nur wenigen Kandidaten. Diese Ernennung basiert auf einem über 15jährigem Weg intensiver Arbeit in und mit internationalen Gremien und Institutionen im Kulturbereich. So arbeitet er mit den Vereinten Nationen, insbesondere mit der UNESCO in Paris, mit der Europäischen Kommission und dem WEF zusammen. Als kultureller Botschafter und Musikexperte versucht Paolo Petrocelli in institutionellem Rahmen Verbindungen durch Kunst und Kultur in Europa, dem Mittleren Osten, Afrika, Asien und den USA aufzubauen. Im Jahre 2022 nannte ihn das Fortune Magazine unter den 40 einflussreichsten Persönlichkeiten in Italien. „Interview mit Paolo Petrocelli, Young Global Leader und Generaldirektor der Dubai Opera
klassik-begeistert.de, 7. Juli 2023“
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Interview: Künstliche Intelligenz kann die künstlerische Tätigkeit nicht ersetzen

Foto: Professor Fredrik Schwenk, © Festival junger Künstler Bayreuth

„Wie kam es aber, daß der Musiker sich endlich mit einem tonlosen Instrumente begnügte? Aus keinem anderen Grunde, als um allein, ganz für sich, ohne gemeinsames Zusammenwirken mit anderen, sich Musik machen zu können.“, so Richard Wagner im zweiten Teil seiner Schrift „Oper und Drama“. Seine Worte bezogen sich auf das Klavierspiel, das der Komponist für nur „eine Unzahl der in Bewegung gesetzten klappernden Hämmern“ hielt. Heute könnte man sich ähnlich über die künstliche Intelligenz in der Musik äußern. In welchen Fällen und in welchem Umfang man sie einsetzen kann – darüber spreche ich mit Professor Fredrik Schwenk, dem unseren Lesern bekannten Komponisten, Musiktheoretiker und Pädagogen.

von Jolanta Łada-Zielke

klassik-begeistert: Die künstliche Intelligenz ist eigentlich nicht neu. 1956 komponierte ein Computer an der Universität Illinois die „Illiac Suite“ für Streichquartett. Zwei Programmierer, Lejaren Hiller und Leonard Isaacson, haben dieses Experiment durchgeführt[1]. Aber erst jetzt ist die KI zum meistdiskutierten Thema geworden, auch in der Musik.

Fredrik Schwenk: Vor ungefähr fünfzehn Jahren gab es ebenfalls ein Computerprogramm, aus dem man Bach Choräle generieren konnte. Zunächst fütterte man den Computer mit allen existierenden Bach-Chorälen. Dann gab man eine beliebige Choralzeile ein, die das Programm auf der Grundlage der implementierten Choraldaten weiterschrieb. All diese „erfundenen“ Choräle klangen sehr schematisch; der Computer gab das wieder, was Bach komponierte, erfand jedoch nichts Neues. Hätte Bach weitere Choräle zu bestimmten Melodien geschrieben, wären dem Programm vielleicht noch andere Verbindungen abzugewinnen gewesen. Aus meiner Sicht bedienen diese KI-Programme nur Klischees, oder imitieren den Personalstil eines bestimmten Komponisten nach bestmöglicher Eingabe und optimiertem Algorithmus. „Interview: Künstliche Intelligenz in der Musik mit Fredrik Schwenk
klassik-begeistert.de, 30. Juni 2023“
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Christian Thielemann: „Es ist sehr beflügelnd, mit dem Orchester zu arbeiten“

Foto: © Matthias Creutziger

Interview mit Christian Thielemann von Kirsten Liese

Christian Thielemann über seine  letzte Spielzeit in Dresden, die Sächsische Staatskapelle und seine vorerst letzten Meistersinger

Nachdem er krankheitsbedingt die von ihm wiederbelebten Strauss-Tage in Dresden abgesagt hatte, kehrt der Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle für  drei Vorstellungen der Meistersinger am 7., 10. und 14. Mai ans Pult der Semperoper zurück. Zu erleben ist die Wiederaufnahme der Salzburger Osterfestspielproduktion von 2019 in teilweise neuer Besetzung. Zwischen den Proben fand sich Zeit für ein Gespräch mit Kirsten Liese. „Interview mit Christian Thielemann von Kirsten Liese  
klassik-begeistert.de, 4. Mai 2023“
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„Es gibt nichts Schöneres als das Trio“

Foto: Menahem Pressler und Kirsten Liese

Interview mit Menahem Pressler von Kirsten Liese

1955 gründete er gemeinsam mit Daniel Guilet und Bernard Greenhouse das legendäre Beaux Arts Trio, mit dem er über 50 Jahre lang Maßstäbe im klassischen und romantischen Repertoire setzte. Als einziges Gründungsmitglied blieb er dem Trio bis zu seiner Auflösung im Jahr 2008 erhalten. Danach startete Menahem Pressler im hohen Alter von 90 Jahren noch eine Solokarriere. Am 6. Mai 2023 ist er im Alter von 99 Jahren gestorben. Unser Interview datiert aus dem Jahr 2011.

Kirsten Liese: Herr Pressler, Sie haben im Alter von 17 Jahren in San Francisco den Debussy-Preis gewonnen. Ihr Debüt mit dem Philadelphia Orchestra war dann so erfolgreich, dass Solo-Auftritte mit den größten Orchestern Amerikas und Europas folgten. Die solistische Karriere trat dann mit der Gründung des Beaux Arts Trios in den Hintergrund. Hatten Sie das von Anfang an so geplant? „Interview mit Menahem Pressler von Kirsten Liese
klassik-begeistert.de, 14. Mai 2023“
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Die Liebe widersetzt sich der Legende

Wanda Poster © Ewa Potoniec

Ein Gespräch mit der polnischen Komponistin Joanna Wnuk-Nazarowa Grygiel über ihre Oper „Wanda”

von Jolanta Łada-Zielke

Die polnische Legende von der Königin Wanda, „die einen Deutschen nicht wollte“, habe ich bereits in KB im Artikel über Stanisław Wyspiański besprochen. Mit diesem Thema  setzte sich auch von einem anderen polnischen Dichter und Dramatiker der Romantik, Cyprian Kamil Norwid, auseinander, der das in 1851 veröffentlichte Mysteriendrama „Wanda“ schrieb. Der Text dieses Stücks diente der zeitgenössischen polnischen Komponistin Joanna Wnuk-Nazarowa als Libretto für eine Oper mit demselben Titel. Das Werk entstand im Jahr 2021 und seine halbszenische Uraufführung fand damals im Arkadenhof des Königsschlosses Wawel statt. Zu den Solisten gehörten Agata Schmidt in der Titelrolle, Andrzej Lampert als Rytyger, Tomasz Konieczny als Grodny und das Ensemble der Krakauer Oper und des Balletts unter der Leitung von Michał Klauza. Die Premiere der vollständigen Inszenierung des Werks unter der Regie von Waldemar Zawodziński und mit einer ähnlichen Besetzung findet am kommenden Samstag, dem 1. April 2023, statt.

Letzte Woche habe ich Frau Wnuk-Nazarowa in ihrer Krakauer Wohnung besucht, um mit ihr über ihre Oper zu sprechen.  „Interview mit der Komponistin Joanna Wnuk-Nazarowa
klassik-begeistert.de, 1. April 2023“
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„Die Menschen reagieren halt erst wenn’s weh tut und leider oft erst dann, wenn’s zu spät ist.“

Michael Volle, Günther Groissböck. Foto: privat

Interview mit Günther Groissböck von Johannes Karl Fischer – Teil III

Seit über 20 Jahren gehört Günther Groissböck zu den weltbesten Bässen der Opernszene. Im dritten und letzten Teil unseres Interviews spricht er mit uns über Corona, leere Opernhäuser und  seine Pläne für die Zukunft. Lobende Worte findet er auch für Marcel Prawy und  Stefan Mickisch.


klassik-begeistert:
Herr Groissböck, viele Sänger und Sängerinnen kämpfen weiterhin mit Corona-Folgen, sei es gesundheitlich, finanziell-wirtschaftlich oder auch durch die fehlende Übermotivation während des Lockdowns. Wie ist bei Ihnen da die Stimmung, oder auch bei Ihren Kollegen und Kolleginnen?

Günther Groissböck: Ich habe mich mit dem Thema sehr früh beschäftigt, lustigerweise nähert sich ja gerade zum dritten Mal dieser Irrsinn, der da vor drei Jahren begonnen wurde. Ich bin ja nach wie vor der Meinung, dass die Rechnung erst in ein paar Jahren präsentiert werden wird. Wir haben vielleicht den oberflächlichen Teil der Gesundheitskrise überstanden. Aber strukturell wird sich da noch einiges bewegen. Man muss da jetzt einfach sehr fokussiert und wachsam sein, wo sich der Karren hinbewegt. Gerade im Musiktheater und in der ganzen Unterhaltungsbranche, da wird sich schon noch einiges strukturell bewegen. Und gerade in Amerika muss man wahnsinnig wachsam sein. Muss genau schauen, wie das Publikum reagiert, wie die Leute generell so ticken. Das ist alles in Bewegung und das in einer sehr dynamischen Art.

klassik-begeistert: In diesen Zeiten tut sich ja auch einiges in der Kulturszene. Es gab zum Beispiel neulich in der Elbphilharmonie – ich weiß nicht, ob oder inwiefern Sie das mitgekriegt haben – die Aktion der Klima-Kleber im Konzertsaal…

Günther Groissböck: Ja, das habe ich mitbekommen. „Interview mit Günther Groissböck von Johannes Karl Fischer – Teil III
klassik-begeistert.de“
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„Beim Kosky-Rosenkavalier in München hat mich Samantha Hankey quasi wie ein Blindenhund über die Bühne geführt“

Foto: G. Groissböck © Wilfried Hösl

Interview mit Günther Groissböck von Johannes Karl Fischer – Teil II

von Johannes Karl Fischer

Seit über 20 Jahren gehört Günther Groissböck zu den weltbesten Bässen der Opernszene. Im zweiten Teil unseres Interviews spricht er über seine Paraderolle, den Baron Ochs auf Lerchenau. Günther Groissböck singt den Ochs im März/April (27.3 – 20.4) an der Met in New York. Am 15.4 gibt es eine internationale Liveübertragung, u.a. auch in zahlreichen Kinos in D/A/CH. Zu den Ur-Wienerischen Feinheiten des Rosenkavaliers hat der gebürtige Niederösterreicher ganz besondere Worte.

klassik-begeistert: Herr Groissböck, der Rosenkavalier, also der Baron Ochs, gilt ja als einer Ihrer Paraderollen. Ich habe Sie in den letzten drei Jahren in den drei Inszenierungen von André Heller, Otto Schenk und Barrie Kosky gesehen. Wie nehmen Sie diese doch sehr unterschiedlichen Inszenierungen auf der Bühne wahr? Wenn wir jetzt zum Beispiel Otto Schenk – der ja manchmal als museumsartig kritisiert wird – und Barrie Kosky gegenüberstellen, wie ist das für Sie zum Spielen? „Interview mit Günther Groissböck von Johannes Karl Fischer – Teil II
klassik-begeistert.de, 27. März 2023“
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