Am Ende lernt es auch das Kölner Publikum schätzen, wenn Birminghamer Gäste die Philharmonie ins Schwanken bringen

Foto: Mirga Gražinytė-Tyla © Ben Ealovega

City of Birmingham Symphony Orchestra

Mirga Gražinytė-Tyla, Dirigent
Kirill Gerstein, Klavier

Mieczysław Weinberg – Sinfonietta Nr. 1 op. 41 (1948)

Robert Schumann – Konzert für Klavier und Orchester a-Moll op. 54 (1841–45)

Sergej Prokofjew – Romeo und Julia – Auszüge aus den sinfonischen Suiten op. 64a und op. 64b (1936) zusammengestellt von Mirga Gražinytė-Tyla

Zugabe:

Sergei Rachmaninow – Liebesleid (nach Fritz Kreisler) arrangiert für Soloklavier

Kölner Philharmonie, 20. März 2023

von Daniel Janz

Auch heute begrüßt die Philharmonie Köln wieder internationale Gäste mit einem Programm, das einerseits bekannte, andererseits nahezu vergessene Musik präsentiert. Eine spannende Mischung, die neben vertrauten Tönen auch Neues zu entdecken verspricht. Die hier auf dem Programm stehenden Orchesterklassiker Schumann und Prokofjew lassen jedenfalls ein tolles Konzerterlebnis erwarten. Den Einstieg aber macht das Werk des – in Deutschland nahezu vergessenen – polnischen Komponisten Mieczysław Weinberg. „City of Birmingham Symphony Orchestra, Mirga Gražinytė-Tyla, Dirigent,
Kölner Philharmonie, 20. März 2023“
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„Wir zerhusten die himmlischen Freuden“

Foto: Barbara Hannigan ©Marco Borggreve

Insgesamt ein spannender Abend, der ein aufmerksameres und respektvolleres Publikum verdient hätte.

Barbara Hannigan und das LSO mit Messiaen und Mahler in der Kölner Philharmonie.

Olivier Messiaen (1908-1992) – L’Ascension. Quatre méditations symphoniques für Orchester

Gustav Mahler (1860-1911) – Sinfonie Nr. 4 in G-Dur

London Symphony Orchestra
Aphrodite Patoulidou, Sopran
Barbara Hannigan, Dirigentin

Kölner Philharmonie, 9. März 2023

von Brian Cooper, Bonn

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, in Mahlers Wunderhorn-Sinfonien 2-4 mit dem Bühnenauftritt der Gesangssolistinnen und Chormitglieder umzugehen, wenn sie erst nach etwa einer Stunde ihre Stimmbänder schnurren lassen. Entweder sie betreten ganz zu Beginn mit dem Orchester die Bühne und müssen lange ausharren, bis es für sie losgeht, nicht selten mit einem Glas Wasser unterm Sitz; oder aber sie treten unmittelbar vor dem Satz auf, in dem sie singen, was unweigerlich zu störendem Zwischenapplaus führt. „Olivier Messiaen und Gustav Mahler, London Symphony Orchestra, Barbara Hannigan, Dirigentin
Kölner Philharmonie, 9. März 2023“
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Das Royal Philharmonic Orchestra bittet zum Tee

Foto: Vasily Petrenko © Mark McNulty

Unter der Leitung von Vasily Petrenko brilliert das Orchester aus London mit sehr attraktivem Programm in der Kölner Philharmonie.

 Ralph Vaughan Williams (1872-1958) – Ouvertüre zu The Wasps

Edvard Grieg (1843-1907) – Klavierkonzert a-Moll op. 16

Sergei Prokofjew (1891-1953) – Romeo und Julia, Suite Nr. 2 op. 64b und Auszüge aus Suite Nr. 1 op. 64a

Royal Philharmonic Orchestra
Jan Lisiecki, Klavier
Vasily Petrenko, Dirigent

Kölner Philharmonie, 31. Januar 2023

von Brian Cooper, Bonn

Neulich, nach dem Kölner Konzert der Wiener Philharmoniker, rätselte ein Konzertfreund, warum die Musik von Ralph Vaughan Williams so gut wie gar nicht aufgeführt wird. Mal ehrlich, was kennen Sie von ihm? The Lark Ascending, natürlich. Fantasia on a Theme by Thomas Tallis, klar. Aber wie viele Sinfonien hat der Mann geschrieben, und wann haben Sie die zuletzt live gehört? Eben. Quod erat demonstrandum. „Royal Philharmonic Orchestra, Jan Lisiecki, Klavier, Vasily Petrenko, Dirigent
Kölner Philharmonie, 31. Januar 2023“
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Mahlers Siebte wird in Köln in Vollendung dargeboten

Wiener Philharmoniker / Andris Nelsons, Daniel Dittus ©

Andris Nelsons und die Wiener Philharmoniker in der Philharmonie


Gustav Mahler (1860-1911) – Sinfonie Nr. 7 in e-Moll

Wiener Philharmoniker
Andris Nelsons, Dirigent

Köln, Philharmonie, 22. Januar 2023

von Brian Cooper, Bonn

Auch wenn man innerhalb kürzester Zeit viele hochkarätige Orchester hören darf (in meinem Fall waren es in knapp zwei Wochen die English Baroque Soloists in Köln, das BRSO in München und das Concertgebouworkest in Amsterdam), so ist es doch immer wieder ein besonderes Privileg, die Wiener Philharmoniker zu hören.

Das Kölner Publikum ist da besonders privilegiert, da die Wiener in so gut wie jeder Spielzeit mindestens einmal die Philharmonie beehren. Es gab in vergangenen Spielzeiten sogar ein Abo mit dem schönen Namen „Das kleine Wiener“. „Wiener Philharmoniker, Andris Nelsons, Dirigent, Gustav Mahler (1860-1911) – Sinfonie Nr. 7 in e-Moll
Köln, Philharmonie, 22. Januar 2023“
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Titanenkampf in Köln: Wie einer großartigen Aufführung der Vergleich schadet

Angela Hewitt, Piano, Copyright: Keith Saunders

Mozart und Mahler – die zwei großen „M“ der Klassischen Musik. Titanen ihrer Zeit und bis heute zwei der beliebtesten Komponisten im Orchesterwesen. Bereits einer der beiden Namen reicht aus, um einen Konzertsaal zu füllen. Beide in Kombination lassen eine volle Halle erwarten – fast schon wie in einem Stadion, wenn sich zwei Mannschaften treffen, um in einem fairen Wettstreit am Ende einen Sieger zu ermitteln. Ein Wettstreit sollte es im Konzertsaal eigentlich nicht sein – selbst wenn ein herausragendes Orchester wie das Sinfonieorchester Wuppertal die Konzertarena betritt. Viel eher freut man sich als Konzertgänger dann auf einen gelungenen Abend. Und auf die Auseinandersetzung mit den gespielten Komponisten.


Sinfonieorchester Wuppertal
Patrick Hahn, Dirigent
Angela Hewitt, Piano

Wolfgang Amadeus Mozart – Konzert für Klavier und Orchester Nr. 17 in G-Dur KV 453

Gustav Mahler – Sinfonie Nr. 1 D-Dur “Titan”


Kölner Philharmonie,
18. Januar 2023

von Daniel Janz

Der erste lässt sich wohl als der Klassiker schlechthin bezeichnen. Wolfgang Amadeus Mozart ist auch heute noch präsent wie kein anderer. Selbst popkulturell ist der Salzburger Komponist bekannt und wirksam. Ob Operndrama, ob Lied, ob Kammermusik oder Sinfonik, Solo-Konzerte oder kirchliche Musik – von ihm ist alles überliefert. Und das in einer überwältigenden Vielzahl. So komponierte er (mindestens) 27 Klavierkonzerte, von denen heute sein siebzehntes erklingen soll.

Die Wuppertaler Gäste in Köln bringen dafür auch gute Voraussetzungen mit. Einerseits den österreichischen Dirigenten Patrick Hahn (27), der sich sowohl als jüngster Generalmusikdirektor im deutschsprachigen Raum, als auch am Klavier einen guten Ruf erarbeitet hat und dementsprechend die Feinheiten Mozarts kennen dürfte. Andererseits die bezaubernde Angela Hewitt (64), deren Leichtigkeit und Frische am Klavier ganz verzaubern kann. Ein gelungener Mix also, um in dieser Arena der Musik zur Höhe der Gefühle zu erheben. „Sinfonieorchester Wuppertal, Patrick Hahn, Dirigent, Angela Hewitt, Piano
Kölner Philharmonie, 18. Januar 2023“
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Einem erhabenen, modernen Bruckner zollt das Kölner Publikum Respekt

Foto: Sir Simon Rattle, Kölner Philharmonie © Oliver Helbig

Sir Simon Rattle und das LSO mit Bruckner und Sibelius in der Philharmonie.

Jean Sibelius (1865-1957) – Die Okeaniden. Tondichtung für großes Orchester, op. 73

Jean Sibelius – Tapiola. Tondichtung für großes Orchester, op. 112

Anton Bruckner (1824-1896) – Sinfonie Nr. 7 E-Dur


London Symphony Orchestra
Sir Simon Rattle, Dirigent


Kölner Philharmonie
, 7. Dezember 2022

von Brian Cooper, Bonn

Verehrte Leserschaft, kennen Sie den kölschen Exodus? Das Phänomen gibt’s zwar auch andernorts, aber in der Kölner Philharmonie macht man das besonders gerne und in Scharen. Und zwar verlässt man nach einem grandiosen Konzert, und gerne auch währenddessen, fluchtartig den Saal. Letzter Ton, und ab. Der Mantel, das Parkhaus, die Bahn, Sie wissen schon.

Beim jüngsten Kölner Konzert des London Symphony Orchestra (LSO) unter Leitung seines scheidenden Chefs Sir Simon Rattle geschah jedoch Bemerkenswertes, ja Unerhörtes: Nachdem der letzte E-Dur-Akkord der 7. Sinfonie von Anton Bruckner verklungen war, erhob sich das Publikum nahezu geschlossen, spendete begeistert warmen Applaus, und nur ganz, ganz wenige Menschen ließen den Respekt vor diesem so beeindruckenden Orchester vermissen, indem sie ihm umgehend den Rücken kehrten und abhauten. „London Symphony Orchestra, Sir Simon Rattle, Dirigent
Kölner Philharmonie, 7. Dezember 2022“
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Wie Musik in Köln ein Zeichen für den Frieden setzt

Foto: Nationales Sinfonieorchester der Ukraine Quelle: https://www.mb-concerts.com/

Nationales Sinfonieorchester der Ukraine

Volodymyr Sirenko, Dirigent
Olga Scheps, Instrument

Borys Ljatoschynskyj – Hražyna op. 58, Ballade für Orchester
Franz Liszt – Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 Es-Dur S 124
Ludwig van Beethoven – Sinfonie Nr. 8 F-Dur op. 93

Zugaben:

Olga Scheps – Variation auf ein Thema aus „Unravel 2“ von Frieda Johnson
Mykola Lyssenko – Ouvertüre „Taras Bulba“
Levko Kolodub – Finale aus „Ukrainian Carpathian Rhapsody“


Kölner Philharmonie,
6. November 2022


von Daniel Janz

Es hat schon etwas hoch Brisantes, wenn das Nationalorchester einer Nation auftritt, die gerade in einem unverschuldeten Krieg ihrer eigenen Zerstörung entgegenblickt. Ganz besonders, wenn dieses Orchester als nationaler Botschafter auftritt. Von einer solchen Botschaft kann viel abhängen. Ist sie nun ein Ruf zu den Waffen? Ein Zeichen des Widerstands? Oder sogar Ausdruck von Friedfertigkeit und Vergebung? Was es an diesem Tag in Köln zu erleben gibt, ist jedenfalls nicht von Hass geprägt, sondern vermittelt den Eindruck einer unterdrückten Nation, die sich nach Freiheit und Frieden sehnt. Eine lohnende Gelegenheit also, musikalisch der Ukraine zu begegnen. „Nationales Sinfonieorchester der Ukraine, Volodymyr Sirenko, Dirigent
Kölner Philharmonie, 6. November 2022“
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Soli Deo Gloria: Das Bach Collegium Japan glänzt in Köln mit Werken seines Namensgebers

Foto: Masaaki Suzuki ©Marco Borggreve

Ein erhebender, beseelender Abend mit drei Kantaten und der Ouvertüre Nr. 4.

Johann Sebastian Bach (1685-1750):

Ouvertüre Nr. 4 D-Dur BWV 1069

Kantate BWV 94, „Was frag ich nach der Welt“

Kantate BWV 102, „Herr, deine Augen sehen nach dem Glauben“

Kantate BWV 110, „Unser Mund sei voll Lachens“

Bach Collegium Japan

Joanne Lunn, Sopran
Alexander Chance, Countertenor
James Gilchrist, Tenor
Christian Immler, Bariton

Masaaki Suzuki, Dirigent


Kölner Philharmonie
, 1. November 2022

von Brian Cooper, Bonn

Wenn man sich häufiger mit Mahler, Bruckner, Schostakowitsch und Co. so richtig mal die Ohren durchpustet, wie ich es gern zu tun pflege, tut man gut daran, immer wieder zur kleinen Form zurückzukehren. Ein Streichquartett-Abo für die laufende Kölner Saison ist fix und beginnt Mitte des Monats mit der Abschiedstournee (leider!) des Emerson String Quartet.

Und auch ein Orchester in kleiner Besetzung, wie in diesem Fall ein renommiertes Barock-Ensemble, das Bach Collegium Japan (BCJ), ist immer wieder ein sinnvolles „Korrektiv“, da es für den nötigen klanglichen Ausgleich zu den einschlägigen – groß besetzten – sinfonischen Schlachtrössern sorgt. „Bach Collegium Japan, Masaaki Suzuki Dirigent, Bach-Kantaten
Kölner Philharmonie, 1. November 2022“
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Mit Semyon Bychkov besucht ein alter Bekannter die Domstadt am Rhein

Foto: Tschechische Philharmonie © Petra Hajsk

Robert Schumann (1810-1856) – Klavierkonzert a-Moll op. 54

Dmitri Schostakowitsch (1906-1975) – Sinfonie Nr. 11 op. 103, „Das Jahr 1905“

Tschechische Philharmonie
Víkingur Ólafsson, Klavier
Semyon Bychkov, Dirigent

Kölner Philharmonie, 24. Oktober 2022

von Daniel Janz

Wir leben in politisch schwierigen Zeiten. Gewalt und Blutvergießen finden wieder in Europa statt und drohen, die Welt ins Chaos zu stürzen. Ein System, das schon in der Vergangenheit großes Leid anrichtete, versucht, ein anderes einzuverleiben. Elend und Schrecken pur, die auch hier in Deutschland spürbar sind und fast schon zu einer Phobie gegenüber gewissen Komponisten geführt haben. Und das, obwohl es sogar in diesem System selbst immer Gegenstimmen gab und gibt – mal leise, mal laute. Auch im Konzertbetrieb. Wer könnte sich also heute zum Erheben einer solch kritischen Stimme besser eignen, als ein Jahrzehnte lang in diesem System leben und leidender Komponist sowie ein Dirigent, der in der Sowjetunion aufwuchs, dort wegen seiner politischen Einstellung aneckte und schließlich sogar 1975 in die USA migrierte? „Tschechische Philharmonie, Víkingur Ólafsson, Klavier, Semyon Bychkov, Dirigent
Kölner Philharmonie, 24. Oktober 2022“
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Aristokratischer Schumann, erschütternder Schostakowitsch: Die Tschechische Philharmonie bewegt das Kölner Publikum

Semyon Bychkov conducts the Czech Philharmonic © Marco Borggreve for the Czech Philharmonic

Das Spitzenorchester aus Prag beweist einmal mehr seine Klasse und verdient sich stehende Ovationen.

Robert Schumann (1810-1856) – Klavierkonzert a-Moll op. 54

Dmitri Schostakowitsch (1906-1975) – Sinfonie Nr. 11 op. 103, „Das Jahr 1905“

Tschechische Philharmonie
Víkingur Ólafsson, Klavier
Semyon Bychkov, Dirigent

Kölner Philharmonie, 24. Oktober 2022

von Brian Cooper, Bonn

Nur wenige Dirigenten sind wohl öfter den Weg vom Künstlerzimmer bis zur Bühne der Kölner Philharmonie gegangen als Semyon Bychkov. In Köln ist er alles Andere als unbekannt, war er doch von 1997 bis 2010 Chefdirigent des WDR-Sinfonieorchesters (WDRSO). Und doch brachte er beim Gastspiel der Tschechischen Philharmonie sein eigenes Podest mit. Vielleicht hat er dasselbe Problem wie ich, bekommt beim Berühren von Metall zuverlässig eine gewischt und bevorzugt daher ein Podest aus Holz…

„Tschechische Philharmonie, Víkingur Ólafsson, Semyon Bychkov
Kölner Philharmonie, 24. Oktober 2022“
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