Große Gefühle – in der Kölner Philharmonie jagt ein Spektakel das nächste

Foto: WDR Sinfonieorchester © WDR.de

Geister Duo (David Salmon und Manuel Vieillard), 1. Preisträger des ARD-Musikwettbewerbs 2021 in der Kategorie Klavierduo
WDR Sinfonieorchester

Sergej Rachmaninow– Capriccio bohémien op. 12

Johann Sebastian Bach – Konzert c-Moll für zwei Klaviere, Streicher und Basso continuo – BWV 1060

Zugabe: Johann Sebastian Bach – Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit” in Bearbeitung für Klavier (vierhändig) – BWV 106

Sarah Nemtsov – Tikkun, Uraufführung im Rahmen der Reihe “Miniaturen der Zeit”

Richard Strauss – Also sprach Zarathustra op. 30

von Daniel Janz

Diesmal wartet das WDR Sinfonieorchester mit einem abwechslungsreichen Programm auf. Vom barocken Komponistenmeister Bach persönlich, über Werke der Spätromantik bis hin zur Moderne – an diesem Samstag präsentiert das Orchester unter seinem Chefdirigenten Cristian Măcelaru eine durch die Epochen gehende Gala mit einzelnen Schlaglichtern, bewegenden Kompositionen und viel Leidenschaft.

Den Beginn macht eine – nach Meinung des Rezensenten hoffnungslos unterschätzte – Komposition des russischen Komponisten Sergej Rachmaninow. In seinem szenischen Capriccio bohémien” von 1894 verarbeitete der junge Komponist unterschiedliche Zigeunermelodien, weshalb diese Komposition im Deutschen auch immer wieder als “Capriccio über Zigeunerweisen” bezeichnet wird. Eine bunte, abwechslungsreiche Mischung von dramatischem Einstieg über volle Orchestereinsätze, lyrischen Solopartien bis zu wuchtigen, feurigen Rhythmen, die das Potenzial zum Ohrwurm haben. „WDR Sinfonieorchester, Cristian Măcelaru
 Kölner Philharmonie, 30. Oktober 2021“
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Wie Feuer und Wasser – Das Gürzenich-Orchester Köln liefert unter fremder Führung einen Abend voller Abwechslung

Michael Sanderling. Foto: © Nikolaj Lund

Kölner Philharmonie, 4. Oktober 2021

Michael Sanderling, Dirigent
Emmanuel Tjeknavorian, Violine
Gürzenich-Orchester Köln

Jean Sibelius – Violinkonzert d-Moll op. 47, 1903/1904

Zugabe: Paul Hindemith – Sonate op. 31 Nr. 2, “gemächliche Viertel”, 1968

Sergej Prokofjew – Romeo und Julia op. 64, nach Auszügen aus den Suiten 1 und 2 von der gleichnahmigen Ballettmusik, Fassung nach Michael Sanderling

Unter dem Titel „Liebestod“ bot das Gürzenich-Orchester Köln diesmal Werke zweier Komponisten, die vor allem durch ihre Unterschiede auffielen. Die Musiken von Sibelius und Prokofjew stehen in etwa so zueinander wie Feuer und Wasser – der eine kühl und berechnend, modern aber karg, der andere feurig bunt, voll im Klang und in der Auswahl der Mittel fast grenzenlos. Eine mutige Zusammenstellung, denn es ist nicht garantiert, dass solche Unterschiede auch zusammenfinden.

 von Daniel Janz

Das Einstiegsstück des Abends fällt durch seine kühle Distanz auf, die auch schon Zeitzeugen ansprachen. Während die ersten Ausführungen zum einzigen Solokonzert von Sibelius noch versöhnlich ausfielen, sprachen Rezensenten 10 Jahre später von „gestaltloser Monotonie“, „langweiliger nordischer Öde“ oder sogar davon, dass der finnische Komponist hier „Versagen als Gelingen, Nichtkönnen als Müssen“ verkaufen würde. Ein Beigeschmack, der bis heute nachwirkt und einen entsprechend hohen Anspruch an ein Orchester stellt, dieses Werk mit Leben zu füllen. Denn jenseits der Polemik haben diese Urteile auch einen musikalischen Grund – das Violinkonzert von Sibelius besticht mehr durch technische Raffinesse als durch ergreifenden Ausdruck. „Michael Sanderling, Emmanuel Tjeknavorian, Gürzenich-Orchester Köln,
Kölner Philharmonie, 4. Oktober 2021“
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Sir Simon Rattle und das London Symphony Orchestra begeistern in Köln

Sir Simon Rattle. Foto: © Oliver Helbig

Kölner Philharmonie, 27.9.2021

Sir Simon Rattle, Dirigent
London Symphony Orchestra

Anton Bruckner – Scherzo. Bewegt – Trio. Nicht zu schnell, keinesfalls schleppend

Anton Bruckner – Volksfest – Revidiertes Finale der 1. Fassung der Sinfonie Nr. 4 Es-Dur WAB 104 (“Romantische”)

Anton Bruckner – Sinfonie Nr. 4 Es-Dur WAB 104 2. Fassung mit dem Finale von 1880 “Romantische”

von Daniel Janz

Es ist schon ein besonderes Programm, das die britischen Gäste an diesem Montag mitgebracht haben. Der gesamte Abend ist dem hochromantischen Komponisten Anton Bruckner gewidmet – genauer gesagt sogar nur einem seiner Werke. Was sich anhört wie ein Forschungsgegenstand für Spezialisten beweist sich gemessen an dem – für Corona-Standards – nahezu ausverkauften Saal aber als überaus anregend. Und dem Publikum kann hier auch Einiges geboten werden: Bruckner, der als Zeitgenosse von Richard Wagner lange Zeit im Schatten des großen Opernkomponisten stand, hinterließ häufig mehrere Fassungen zu seinen Sinfonien. So auch zur heute gespielten, vierten Sinfonie. „Sir Simon Rattle, London Symphony Orchestra,
Kölner Philharmonie, 27.9.2021“
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Schönheit und Abschied... und ein Dirigent, der es etwas eilig hat

WDR Sinfonieorchester, Kölner Philharmonie, 17. September 2021

Deutlich besser passt es mit Klaus Florian Vogt (51). Die klare und gelöste Stimme des in Heide (Schleswig-Holstein) geborenen Tenors kann den Text seiner drei Lieder gut tragen. Das Lied über die Jugend wird unter ihm zu einem echten Freudenschmaus. Ärgerlich nur, dass auch ihn die Instrumente an einigen Stellen zudecken.

Christian Măcelaru, Dirigent
Augustin Hadelich, Violine
Karen Cargill, Mezzosopran
Klaus Florian Vogt, Tenor
WDR Sinfonieorchester

Nico Muhly – Two Shapes, Uraufführung im Rahmen der Reihe “Miniaturen der Zeit”
Benjamin Britten – Konzert d-Moll für Violine und Orchester op. 15
Zugabe: Francisco Tárrega – Recuerdos de la Alhambra
Gustav Mahler – Das Lied von der Erde

von Daniel Janz

Lieber Herr Măcelaru, liebes WDR Sinfonieorchester: Manchmal tut’s auch ein Gang niedriger!

Was sollte das doch für ein schöner Abend werden. Das erste Konzert nach gefühlt eineinhalb Jahren Pause wieder vor groß besetztem Saal, dazu Werke von Komponisten mit Rang und Namen, illustre Gäste und sogar eine Uraufführung. Das sind Zutaten, aus denen unvergessliche Abende gestrickt sind – so sollte man meinen. An einer Sache haben die Beteiligten dabei jedoch nicht gedacht, nämlich dass zu einem gelungenen Abend auch eine feinfühlig abgewogene Leitung gehört. „Klaus Florian Vogt, Augustin Hadelich, WDR Sinfonieorchester
Kölner Philharmonie, 17. September 2021“
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Manfred Honeck und das WDR Sinfonieorchester kämpfen mit (etwas zu viel) Power gegen das Corona-Vergessen an

Kölner Philharmonie, 17. April 2021

WDR Sinfonieorchester
Manfred Honeck, Dirigent
Mathis Kaspar Stier, Fagott

Antonín Dvořák – Zigeunermelodien op. 55, Bearbeitung für Streicher, Harfe und Schlagzeug von Manfred Honeck und Tomáš Ille

André Jolivet – Konzert für Fagott, Streichorchester, Harfe und Klavier

Ludwig van Beethoven – Sinfonie Nr. 6 op. 68 in F-dur – “Pastorale”

von Daniel Janz

Unsere Konzertkultur hat es gerade nicht leicht. Notgedrungen leere Konzertsäle, durch Ausgangssperren eingeschränkte Reisemöglichkeiten, aufgezwungene Reduzierung des Personals auf der Bühne… wenn dann auch noch ein Dirigent ausfällt, steht gleich der ganze Veranstaltungsbetrieb auf der Kippe. So geschehen an diesem Freitag und Samstag in Köln, wo eigentlich Joana Mallwitz (35) dieses Konzert hätte leiten sollen. Glücklicherweise fand sich mit Manfred Honeck (62) aber ein Ersatz, um den ohnehin schon auf einen Stream reduzierten Konzertabend in einem Kraftakt zu retten. „WDR Sinfonieorchester, Manfred Honeck, Mathis Kaspar Stier,
Kölner Philharmonie, 17. April 2021“
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Jakub Hrůša und Sol Gabetta bringen den Charme Tschechiens nach Köln

Foto: ©  Julia Wesely

„Man fragt sich, was ein Cello diesem sinfonischen Charakter noch hinzuzufügen hätte, Sol Gabetta beantwortet das aber mit einem Ausdruck voller Stärke und Leidenschaft. Im gegenseitigen Fluss steigern sich Solistin, Dirigent und Orchester so zu einem ersten Satz, der das Prädikat ‚traumhaft‘ regelrecht verdient.“

Kölner Philharmonie, 4. März 2020

Jakub Hrůša, Dirigent
Sol Gabetta, Violoncello
Tschechische Philharmonie

Antonín Dvořak – Konzert für Violoncello und Orchester h-Moll, op. 104 B 191

Josef Suk – Scherzo fantastique op. 25 für Orchester (1903)

Leoš Janáček – „Taras Bulba“ für Orchester JW VI/15 (1915 – 18), Rhapsodie für Orchester nach einer Erzählung von Nikolaj Gogol‘

Zugabe:

Leoš Janáček – Dymák (Schmiedetanz) aus: Lašské tance (Lachische Tänze) JW VI/17 (1924)

Von Daniel Janz

Dvořak, Suk und Janáček – in einem rein tschechischen Programm stellen sich zwei große Künstler zusammen mit der Tschechischen Philharmonie einem Konzert, das im Vorfeld schon unter einem schlechten Stern stand. Nicht zuletzt auch die Sorge um das grassierende Coronavirus dürfte schuld daran gewesen sein, dass der Saal heute halbleer blieb. Auch aufgrund von Streckensperrungen, nicht fahrende öffentliche Verkehrsmittel taten ihr Übriges dazu, dass der ein oder andere Zuhörer nur verspätet eintraf. Nicht wenige bangten, ob das Konzert rechtzeitig starten würde.

Dennoch gelingt allen Beteiligten heute ein Glanzstück. Bei der Abneigung Dvořaks (1841 – 1904) gegen das Violoncello entspricht es fast einem Wunder, dass die erste Komposition des Abends überhaupt zu Papier fand. „Unten brummt es, oben näselt es“ heißt es da von Seiten des Komponisten – ein Umstand, der ihn dazu bewegt hat, dem Cello in diesem Werk stets ein Begleitinstrument zur Seite zu stellen und auf Solokadenzen zu verzichten. Trotz dieses Urteils zählt sein Cellokonzert heute zu den bedeutendsten Vertretern der Celloliteratur und ist eine Herausforderung für jeden Solisten. „Jakub Hrůša, Sol Gabetta, Tschechische Philharmonie,
Kölner Philharmonie, 4. März 2020“
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Ein Abend voller Gegensätze

Foto: © Kai Bienert

Kölner Philharmonie, 12. Februar 2020

Robin Ticciati, Dirigent
Jan Lisiecki, Klavier
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin

Sergej Rachmaninow – Die Toteninsel op. 29 (1909) – Sinfonische Dichtung für Orchester nach Arnold Böcklin

Frédéric Chopin – Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 f-Moll op. 21 (1829/30)

Igor Strawinsky – L’Oiseau de feu/der Feuervogel (1909-10) – Ballett in zwei Bildern für Orchester. Szenario von Michail Fokin nach einem russischen Volksmärchen

von Daniel Janz

Als eines der größten Orchester Berlins zählt das Deutsche Symphonie-Orchester zu den Aushängeschildern der Musikszene jener Stadt. Dazu trägt auch die Wahl ihres herausfordernden Repertoires bei, mit dem sie unter ihrem Chefdirigenten Robin Ticciati (37) immer wieder große Erfolge feiern können. Es ist also schon etwas Besonderes, diese Gäste und ihr Programm in Köln begrüßen zu dürfen. „Robin Ticciati, Jan Lisiecki, Deutsches Symphonie-Orchester Berlin,
Kölner Philharmonie, 12. Februar 2020“
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Weniger ist manchmal mehr

Kölner Philharmonie,23. Januar 2020
Foto: WDR-Sinfonieorchester (c)
Christian Măcelaru, Dirigent
Jan Vogler, Violoncello
Thea Dorn, Schriftstellerin
Uwe Schulz, Moderation

Nico Muhly/Sven Helbig/Zhou Long– Konzert für Violoncello und Orchester in der Sätzen (2018)
Thea Dorn – Vortrag über „Musik: Weltkultur oder die deutscheste aller Künste?“
Richard Wagner – Sinfonische Auszüge aus: Der Ring des Nibelungen, WWV 86 (1848 – 74) – Ein Bühnenfestspiel für drei Tage und einen Vorabend mit Libretto vom Komponisten

Von Daniel Janz

Man stelle sich ein Philharmoniekonzert als ein ausgewogenes Drei-Gänge-Menü in einem guten Restaurant vor. Niemand würde es so entwerfen, dass die Vorspeise mehrere Teller füllt, das Hauptmenü vertrocknet und kaum wahrzunehmen ist und für das Dessert am Ende nur saurer Essig übrigbleibt. Wie also auch die Gänge aufeinander abgestimmt sind, müssen bei einem Konzert die Musikstücke miteinander abgewogen werden und zu einer Gesamtkomposition zusammenfinden. „WDR-Sinfonieorchester, Christian Măcelaru, Jan Vogler, Thea Dorn
Kölner Philharmonie, 23. Januar 2020“
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Das WDR-Sinfonieorchester bietet ein hochromantisches Klangspektakel in Köln

Foto: WDR / Tillmann Franzen

Kölner Philharmonie, 17. Januar 2020
Cristian Măcelaru, Dirigent
Ray Chen, Violine
WDR-Sinfonieorchester

Von Daniel Janz

Seit einigen Monaten ist Cristian Măcelaru (39) aus Timișoara in Rumänien nun bereits der neue Chefdirigent des WDR-Sinfonieorchesters und konnte bislang durchweg überzeugen. Stets präsentiert er faszinierende Mischungen unterschiedlichster Stilrichtungen und versteht es dabei auch, immer wieder mit neuen Blickwinkeln zu überraschen. So auch am heutigen Abend, wo neben den großen Komponisten Brahms und Strauss, dessen Rosenkavalier für Măcelaru ein Inbegriff der Demokratisierung in der Musik ist, auch zwei Namen vertreten sind, die sonst nicht häufig in Konzertsälen auftauchen. „Christian Măcelaru, Ray Chen, WDR-Sinfonieorchester,
Kölner Philharmonie, 17. Januar 2020“
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An der Schmerzgrenze: Riccardo Muti und das Chicago Symphony Orchestra triumphieren auf ihrer Europatournee mit Prokofjew

Foto: Riccardo Muti, © Marco Borrelli
Kölner Philharmonie, 9. Januar 2019
Chicago Symphony Orchestra
Riccardo Muti

Sergej Prokofjew:
Romeo und Julia, Auszüge aus den Sinfonischen Suiten op. 64a und b
Sinfonie Nr. 3c-moll op.44

von Kirsten Liese

Es ist 20 Jahre her, als das Chicago Symphony in der Kölner Philharmonie zuletzt gastierte, damals unter Daniel Barenboim.

Mit umso größerer Spannung wurde nun das Konzert am 9. Januar an diesem Ort erwartet, mit dem es seine jüngste Europatournee eröffnete, die sich  in Wien, Paris, Luxemburg, Neapel, Florenz, Mailand, und Lugano in den kommenden Wochen fortsetzt. Stationen freilich, von denen einige in besonderem Bezug zu dem amtierenden Chefdirigenten des Orchesters, Riccardo Muti, stehen, den es insbesondere angesichts seiner engen Zusammenarbeit mit den Wiener Philharmonikern immer wieder in die österreichische Metropole zieht. In Mailand leitete er viele Jahre als Chefdirigent die Scala, in Florenz das Festival Maggio Musicale, in Neapel wurde der Maestro geboren.  „Chicago Symphony Orchestra, Riccardo Muti,
Kölner Philharmonie, 9. Januar 2019“
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