Wien feiert Robert Schumann mit speziellen Werken

© Wolf-Dieter Grabner, Goldener Saal, Musikverein Wien

Durch Zufall ergab sich die spezielle Konstellation, dass in Wien an zwei Tagen hintereinander spezielle Werke von Robert Schumann aufgeführt wurden, obwohl kein Jubiläumsjahr oder Ähnliches.

Am 14. November  gab es im Musikverein ein Schumannkonzert mit einem Meisterorchester – davon hat man sich mehr erwartet.

Und tags darauf, am 15. November, „notgedrungen“ eine konzertante (anstatt szenischer) Aufführung des Oratoriums „Das Paradies und die Peri“ im Theater an der Wien.

Musikverein Wien, 14. November 2024

Kaija Saariaho:
Ciel d’hiver

Robert Schumann:
Konzert für Violine und Orchester d-moll WoO 1
Symphonie Nr. 2 in C-Dur, op. 61

Frank Peter Zimmermann, Violine

Sächsische Staatskapelle Dresden
Dirigent: Daniele Gatti

+++

Theater an der Wien, konzertante Aufführung, 15. November 2024

Robert Schumann:
Das Paradies und die Peri
Oratorium in drei Teilen
Dichtung aus Lalla Rookh von Thomas Moore

Solisten: Elsa Dreisig, Sarah Defrise, Sophie Rennert, Werner Güra, Cameron Becker, Daniel Schmutzhard, Levente Páll

Arnold Schoenberg Chor
ORF Radio-Symphonieorchester Wien

Dirigentin: Giedrė Šlekytė

von Herbert Hiess

Das Konzert im Musikverein begann mit dem Werk „Ciel d’hiver“ (winterlicher Himmel) der finnischen Komponistin Kaija Saariaho, das im Wesentlichen die kompositorischen Prinzipien der Künstlerin wiedergibt.

Für sie „fängt das Stück die Atmosphäre und Tiefe des winterlichen Himmels ein, seine stechende Kälte und Klarheit sowie das langsame Treiben und Spielen der Sternbilder, wenn sie aufsteigen und untergehen – insgesamt die Unermesslichkeit dieser Szenerie“. „Werke von Robert Schumann
Theater an der Wien und Musikverein Wien, 14./15. November 2024“
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Dirigent Klaus Mäkelä im Musikverein Wien: Endlich spielt der Finne seine Karten aus

John-Halvdan Olsen-Halvorsen/Oslo Philharmonic

Er ist ein Besessener. Nach rund achtzig Minuten am Pult des Oslo Philharmonic, schmeißt sich Dirigent Klaus Mäkelä ans Cello. Bartók Konzert und Beethoven „Emperor“ sind nicht genug. Dvořák Klavierquintett gibt’s oben drauf. Mit allen Wiederholungen, nochmals rund vierzig Minuten. Durch die Bank überzeugend, was der finnische Shootingstar im Musikverein Wien abliefert.


Musikverein Wien, Großer Saal,
30. Oktober 2024

Ludwig van Beethoven
Klavierkonzert Nr. 5 in Es-Dur op. 73

Béla Bartók
Konzert für Orchester Sz 116

Antonín Dvořák
Klavierquintett Nr. 2 in A-Dur op. 81

Oslo Philharmonic
Klaus Mäkelä, Dirigent
Leif Ove Andsnes, Pianist

von Jürgen Pathy

„Mensch Betty – was machst denn du jetzt hier!?“. Mäkelä schauen, was sonst. Das haben sich rund 2000 Gäste ebenso gedacht. Ausverkauft, selbst am Stehplatz quillt alles über. Beethoven Klavierkonzert Nr. 5 geht halt immer. Adidas Turnschuhe, daneben billige Gummisohlen, die ständig quietschen. Beethovens „Emperor“ treibt halt so richtig an. Allegro in Es-Dur, 4/4 Takt, der zieht. Die beiden Männer tanzen. Wäre Beethoven ein DJ, er wäre genauso erfolgreich.

„Klaus Mäkelä und die Osloer
Musikverein, Wien, 30. Oktober 2024“
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Musikverein Wien: Dirigentin Nathalie Stutzmann verspielt einige Vorschusslorbeeren

Nathalie Stutzmann © Stephanie Slama

Man kann mehr herausholen aus den Wiener Symphonikern. Bei der Dirigentin Nathalie Stutzmann bleibt einiges auf der Strecke: der Spannungsaufbau im letzten Satz der fünften Symphonie von Schostakowitsch; ausgeklügelte Phrasierungen über weite Strecken ebenso. Dabei präsentiert sich das verjüngte Orchester im Musikverein Wien in Hochform. Soloflöte und Streicher bringen den Beweis.

Musikverein Wien, Großer Saal, 27. Oktober 2024

Sergej Prokofjew Symphonisches Konzert für Violoncello und Orchester
e-Moll op. 125

Dmitri Schostakowitsch Symphonie Nr. 5 d-Moll op. 47

Wiener Symphoniker
Nathalie Stutzmann, Dirigentin
Edgar Moreau, Cello

von Jürgen Pathy

Bei Schostakowitsch ist es leicht, dass die Bude tobt. Überhaupt bei seiner fünften Symphonie, die mit einem Karacho endet, als gäb’s kein Morgen mehr. Den Weg dorthin meistert Nathalie Stutzmann nicht einwandfrei. „Sie ist gerne zu früh“, steckt mir jemand. Um einen Sekundenbruchteil, der einfach für Unruhe sorgt. Ein Gefühl, als wäre man ständig zu langsam, zu spät. Zumindest als Musiker, die sich auf ihre Zeichengebung verlassen müssen. „Wiener Symphoniker, Nathalie Stutzmann, Edgar Moreau
Musikverein Wien, Großer Saal, 27. Oktober 2024“
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Zu Beginn dämpft die Dämmrung jeden Ton, doch am Ende geht hell in Strahlenlockenpracht die Sonne auf

Petr Popelka conducting © Werner Kmetitsch

Die “Gurre-Lieder” im Musikverein, und das noch an Arnold Schönbergs hundertfünfzigstem Geburtstag! Die Wiener Symphoniker unter Petr Popelka, exzellente Solostimmen und drei Chöre bescherten uns ein berauschendes Klangerlebnis. Eine Huldigung also, die großartiger nicht hätte ausfallen können.

Arnold Schönberg
“Gurre-Lieder” für Soli, Chor und Orchester
Text von Jens Peter Jacobsen in der Übersetzung von Robert Franz Arnold

Waldemar: Michael Weinius
Tove: Vera-Lotte Boecker
Waldtaube: Sasha Cooke
Klaus Narr: Gerhard Siegel
Bauer: Florian Boesch
Sprecherin: Angela Denoke

Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien
Künstlerische Leitung: Johannes Prinz

Slowakischer Philharmonischer Chor
Künstlerische Leitung: Jan Rozehnal

Ungarischer Nationaler Männerchor
Künstlerische Leitung: Richard Riederauer

Einstudierung: Zoltán Pad

Wiener Symphoniker
Dirigent: Petr Popelka

Musikverein Wien, Großer Saal, 13./14.9.2024

von Dr. Rudi Frühwirth

Der “Gurresange” des dänischen Dichters Jens Peter Jacobsen ist eine lyrische Fassung der mittelalterlichen Sage um König Waldemar und seine Geliebte Tove. Schönberg lernte die deutsche Übersetzung im Jahr 1899 kennen und entschloss sich sofort zu einer Vertonung. Aus dem zunächst konzipierten Liederzyklus für Gesang und Klavier entstand schließlich das Werk, wie wir es heute kennen: ein gewaltiges Oratorium, das neben den Symphonien von Gustav Mahler als ein Gipfel der Spätromantik steht.

Schönbergs Vertonung ist charakterisiert durch eine noch tonale, aber bis zum Äußersten gespannte Harmonik und durch ungewohnte, überraschende Verschiebungen der tonalen Zentren. Der Einfluss Wagners und speziell von “Tristan und Isolde” ist hier offensichtlich. Interessanterweise weist auch die Textvorlage Bezüge zu Wagners “Tristan” auf, obwohl Jacobsen die Oper in aller Wahrscheinlichkeit nicht gekannt hat. „Arnold Schönberg, “Gurre-Lieder” für Soli, Chor und Orchester, Wr. Symphoniker, Petr Popelka
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Was Mäkelä kann, schafft William Garfield Walker auch

William Garfield Walker © Andrej Grilic

Ein Dirigent lässt auf sich warten. Blick nach links, Blicks nach rechts, doch keine Spur von William Garfield Walker. Als der großgewachsene Afroamerikaner verspätet erscheint, ist die Überraschung groß: ein Cello unterm Arm, statt Dirigentenstab zwischen den Fingern. „It was just an experiment“, gesteht Walker, der vor sieben Jahren komplett aufs Dirigieren umgesattelt hat. Ladies first, heißt es deshalb im Brahms-Saal des Musikverein Wien. Cellistin Liina Leijala gibt bei Vivaldis g-Moll Doppelkonzert den Ton an.

William Garfield Walker
Wiener Kaiser Orchester

Musikverein Wien, Brahms Saal, 14. Juli 2024

von Jürgen Pathy

„Byron, so wie Lord Byron“, stellt sich der junge Asiate neben mir vor. Pianist sei er, zugleich auch Konzertveranstalter und ein entfernter  Bekannter von William Garfield Walker. Gemeinsam hatten wir zuvor noch unsere Karten gesucht. An der Abendkasse, wo man sie für uns hinterlegt hatte. Ivo Pogorelich habe schon zugesagt für die Konzerte, die er im Eroica-Saal über den Sommer veranstalten möchte.

„Wiener Kaiser Orchester, William Garfield Walker
Musikverein Wien, Brahms Saal, 14. Juli 2024“
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Die Radikalität von Beethoven: Martin Haselböck leuchtet tief in die Vergangenheit

Foto: © Orchester Wiener Akademie © Andrej Grilc

Es wird länger gestimmt als üblich. Ein Zeichen für historische Instrumente, die im Musikverein Wien bestens platziert sind. Akustik: göttlich! Beethovens „Egmont“ leuchtet unter Martin Haselböcks Dirigat und dem Orchester Wiener Akademie fast heilig. Bei der Fünften wird es eine Grenzerfahrung. Damit sprengt Beethoven die Möglichkeiten seiner Zeit.

Ludwig van Beethoven
„Egmont“, op. 84
Symphonie Nr. 5 c-Moll, op. 67

Orchester Wiener Akademie
Martin Haselböck, Dirigent
Thomas Hampson, Sprecher
Ekaterina Protsenko, Sopran

Musikverein Wien, Goldener Saal, 2. Juni 2024

von Jürgen Pathy

„So muss das von den Farben her klingen!“. Lob und Anerkennung aus dem Munde einiger, nachdem der letzte Ton verklungen ist. „Die Hörner sind auch toll“, strahlt man in den Gängen. Faszination pur, nachdem Martin Haselböck vor allem eines geliefert hat: Neue Einblicke, tiefgreifende Erkenntnisse, wie revolutionär das damals gewesen sein muss.

„Orchester Wiener Akademie, Martin Haselböck, Dirigent Thomas Hampson, Sprecher
Musikverein Wien, Goldener Saal, 2. Juni 2024“
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Ein Dirigent führt sein Orchester mit Musikalität und Charisma zu einer großen Leistung

William Garfield Walker © Andrej Grilc

Nach diesem höchst gelungenen Abend bin ich sicher, dass wir von William Garfield Walker noch viel hören werden. Ich hoffe, dass sich ihm in Wien auch bald die großen Säle öffnen – verdient hätten er und sein Orchester es allemal. Die nächsten Konzerte des Nova Orchester Wien (NOW!) werde ich jedenfalls nicht versäumen.

Samuel Barber
First Essay for Orchestra, op. 12

Robert Schumann
Konzert für Violoncello und Orchester a- Moll, op. 129

Antonin Dvořák
Symphonie Nr. 8 G-Dur, op. 88

Nova Orchester Wien
William Garfield Walker, Dirigent

Pieter Wispelwey, Cello

Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, Brahmssaal, 23. Mai 2024

von Dr. Rudi Frühwirth

Wenn das erst vor wenigen Jahren gegründete Nova Orchester Wien (NOW!) mit William Garfield Walker im Brahmssal das Podium betritt, kann man einen aufregenden Abend  erwarten. Und ich wurde nicht enttäuscht. Die vorwiegend jungen Musikerinnen und Musiker – die ersteren sind in der deutlichen Überzahl – und der charismatische Dirigent zeichnen sich neben großem technischen Können vor allem durch eine unbändige Lust an der und Liebe zur Musik aus, die den Zuhörer von der ersten bis zur letzten Note mitfiebern lässt. „Nova Orchester Wien, William Garfield Walker, Dirigent, Pieter Wispelwey, Cello
Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, Brahmssaal, 23. Mai 2024“
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klassik-begeistert-Autoren erklären die Magie des finnischen Jung-Stars Klaus Mäkelä

Nach seinem Gala-Auftritt im Musikverein Wien: Wie klassik-begeistert-Autoren den finnischen Jung-Dirigenten Klaus Mäkelä sehen.

Musikverein Wien, 8. Mai 2024 / Musikverein Festival: Courage!

Royal Concertgebouw Orchestra
Klaus Mäkelä, Dirigent

Anton Bruckner (1814 – 1896), Symphonie Nr. 5 B-Dur

Photo: Kaupo Kikkas KB

von Andreas Schmidt

Die Bravi waren gewaltig. Das Gastspiel von Klaus Mäkelä und „seinem zukünftigen“ Royal Concertgebouw Orchestra aus Amsterdam geriet am Mittwochabend im Musikverein Wien zu einem Triumphzug für den 28 Jahre alten Finnen. Fast auswendig dirigierte Mäkelä Bruckners Meister-Sinfonie Nr. 5 und kitzelte aus seinem Klangkörper fast alle Bruckner’schen Klangfarben und Dynamiken meisterhaft heraus. Mahler 3 glückte „the wunderkind“ am Himmelfahrtsabend ebenfalls prächtig.

„Royal Concertgebouw Orchestra, Klaus Mäkelä
Musikverein Wien, 8. Mai 2024 / Musikverein Festival: Courage!“
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Riccardo Muti macht Beethovens Neunte zu einem Jahrhundertereignis

Goldener Saal, Musikverein Wien © Wolf-Dieter Grabner 

Ludwig van Beethoven
Symphonie Nr. 9 in d-Moll, op. 125

Riccardo Muti, Dirigent
Wiener Philharmoniker

Julia Kleiter, Sopran
Marianne Crebassa, Mezzosopran
Michael Spyres, Tenor
Günther Groissböck, Bass

Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien

Wiener Musikverein, 7. Mai 2024


von Kirsten Liese

Der Anfang dieser Sinfonie sei wegen der metaphysischen Atmosphäre das Schwierigste, sagt Riccardo Muti: Die Tonalität bleibt vage, bis mehrere Takte später die tiefen Streicher den Grundton erreichen, es sei, wie wenn man gemeinsam mit dem Musikern in den Himmel schaue.

Aber das ist am 7. Mai im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins, wo die Wiener Philharmoniker unter Mutis Leitung 200 Jahre nach der Uraufführung die Neunte aufführen, nicht zu bemerken. Denn dem erfahrenen 82-Jährigen, der mit diesem Orchester schon ein halbes Jahrhundert zusammenarbeitet und sich fast demutsvoll vor der Partitur verneigt (an die Missa Solemnis wagte er sich überhaupt erst nach 50 Jahren des Studierens heran), gelingen die magischen ersten Takte mit der denkbar größten Natürlichkeit. „Ludwig van Beethoven, Symphonie Nr. 9 in d-Moll, op. 125
Wiener Musikverein, 7. Mai 2024“
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Riccardo Muti beendet fulminant die Beethoven-Durststrecke der Philharmoniker

Riccardo Muti © Terry Linke

Ludwig van Beethoven: Symphonie Nr. 9 in d-moll op. 125

Solisten:

Julia Kleiter, Sopran
Marianne Crebassa, Mezzosopran
Michael Spyres, Tenor
Günther Groissböck, Bass

Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien

Wiener Philharmoniker
Dirigent: Riccardo Muti

Wiener Musikverein, Großer Saal, 6. Mai 2024


von Herbert Hiess

Es ist schon interessant, dass die Wiener Philharmoniker als eines der wirklich führenden Orchester der Welt in Sachen 9. Beethoven schon lange kein solches tiefgreifendes Konzert dieser Symphonie gegeben haben. „Ludwig van Beethoven: Symphonie Nr. 9 in d-moll op. 125
Wiener Musikverein, Großer Saal, 6. Mai 2024“
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