Kernschmelze der Gefühle: „Cavalleria rusticana“ und „Pagliacci“ brodeln in Eifersucht

Ekaterina Gubanova © Gulbenkian Música

Pietro Mascagni: „Cavalleria rusticana“

Ruggero Leoncavallo: „Pagliacci”

Philharmonisches Staatsorchester der Hamburgischen Staatsoper
Musikalische Leitung: Daniele Callegari

Chor der Hamburgischen Staatsoper
Chorleitung: Eberhard Friedrich

Kinder- und Jugendchor
Leitung: Luiz de Godoy

Staatsoper Hamburg, 9. April 2024

von Dr. Holger Voigt

Pietro Mascagnis „Cavalleria rusticana“ und Ruggero Leoncavallos „Pagliacci” – sozusagen der “Doppel-Whopper” italienischer Opernliteratur – munden vorzüglich, sind aber mit Vorsicht zu genießen, schließlich ist die Überlebensprognose der meisten Rollenprotagonisten außerordentlich dürftig. In diesen zwei Opern ist „alles drin“ – Liebe, Verrat, Eifersucht, Rache und als deren Folge der finale Tod auf der Opernbühne (oder im akustischen Hintergrund). Wer das von einer Oper erwartet, wurde an diesem begeisternden Abend an der Hamburgischen Staatsoper fürstlich bedient. „Pietro Mascagni: „Cavalleria rusticana“, Ruggero Leoncavallo: „Pagliacci”
Staatsoper Hamburg, 9. April 2024“
weiterlesen

Ein herausragendes Ensemble macht Tschaikowskys Eugen Onegin zum großen Opernerlebnis

Elbenita Kajtazi (Tatjana) und Dovlet Nurgeldiyev (Wladimir Lenski) (Foto: RW)

Und wie Elbenita Kajtazi ihre Rolle darstellerisch und stimmlich charakterisiert, geht tief unter die Haut. So eine Tatjana habe ich auf der Bühne bisher nicht erlebt. Je nach Seelenverfassung zeigt sie eine weiche samtige Stimmfärbung oder golden aufblühende Töne, um dann in den leidenschaftlichen Ausbrüchen in der Höhe einen Saphirglanz zu verströmen, der betroffen macht. Onegin wäre ihr rettungslos verfallen, wenn er sie, statt ihren Brief zu lesen, beim Singen hätte belauschen können.

Eugen Onegin, lyrische Szenen in sieben Bildern
nach Alexander Puschkins Briefroman

Musik von Peter I. Tschaikowsky

Philharmonisches Staatsorchester
Leitung   Finnegan Downie Dear
Inszenierung nach Adolf Dresen in den Bühnenbildern nach Karl-Ernst Herrmann

Staatsoper Hamburg, Wiederaufnahme, 14. April 2024


von Dr. Ralf Wegner

Eugen Onegin ist kein einfaches Werk, eines, welches sich gleich nach dem ersten Sehen erschließt. Es fehlen die großen dramatischen Gefühlsausbrüche wie bei Wagner oder Verdi, ebenso die sich sofort in die Ohrwindungen einbrennenden ariosen Melodien. Dafür zeigt Tschaikowskys Meisterwerk eine Tiefenspannung, die sich mit jedem neuen Sehen weiter festigt. „Peter I. Tschaikowsky, Eugen Onegin, lyrische Szenen in sieben Bildern
Staatsoper Hamburg, Wiederaufnahme, 14. April 2024“
weiterlesen

Das Publikum ehrt Orchester und Chor mit stehenden Ovationen

Liang Li (Timur), Gregory Kunde (Calaf), Ewa Płonka (Turandot) (Foto RW)

Im Haus befand sich viel jugendliches Publikum. Eine richtige Entscheidung der Opernleitung. Man muss den jungen Leuten das Beste bieten, nur dann kommen sie vielleicht wieder und entwickeln genügend Resilienz bei minder herausragenden Aufführungen.

Turandot, lyrisches Drama in drei Akten
Musik von Giacomo Puccini, Finale komplettiert von Franco Alfano

Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
musikalische Leitung  Daniele Callegari

Chor: Eberhard Friedrich
Inszenierung: Yona Kim
Bühnenbild: Christian Schmidt, Kostüme Falk Bauer

Staatsoper Hamburg, 10. April 2024


von Dr. Ralf Wegner

Nach dem gesanglich verunglückten Troubadour zählte diese Turandot-Aufführung neben der Tosca und dem Zweiakter Cavalleria rusticana/Pagliacci zu den drei gesanglich wirklich herausragenden Vorstellungen während der italienischen Opernwochen an der Hamburgischen Staatsoper. „Giacomo Puccini, Turandot, lyrisches Drama in drei Akten
Staatsoper Hamburg, 10. April 2024“
weiterlesen

„Il Trovatore“ in Hamburg: Giuseppe Verdis Rachequartett knistert und zündelt auf hohem Niveau

Giuseppe Verdi
Il Trovatore

Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Musikalische Leitung: Giampaolo Bisanti
Inszenierung: Immo Karaman
Choreographie: Fabian Posca
Bühnenbild: Alex Eales
Kostüme: Herbert Barz-Murauer
Licht: James Farncombe
Video: Philipp Contag-Lada

Dramaturgie: Ralf Waldschmidt

Chor: Chor der Hamburgischen Staatsoper
Chorleitung: Christian Günther

Staatsoper Hamburg, 30. März 2024


von Dr. Holger Voigt

In reminiszierender Würdigung pflanzte Giuseppe Verdi – der „einfache Bauer“ (semplice contadino), der er immer sein wollte – auf seinem Landgut Sant’Agata zu Ehren seiner „La Traviata“ (Uraufführung: 6. März 1853) eine Trauerweide, für den „Rigoletto“ (Uraufführung: 11. März 1851) eine Buche und für „Il Trovatore“ (Uraufführung: 19. Januar 1853) eine Eiche. „Giuseppe Verdi, Il Trovatore
Staatsoper Hamburg, 30. März 2024“
weiterlesen

Cavalleria rusticana war nur das Vorspiel zu einem  grandiosen Bajazzo

Pagliacci: Nicholas Mogg (Silvio), George Petean (Tonio/Taddeo), Vittorio Grigolo (Canio), Daniele Callegari (musikalische Leitung), Anna Princeva (Nedda), Seungwoo Simon Yang (Beppo/Arlecchino) (Foto: RW)

Beim Hinausgehen hört man nur Lob, über die Vorstellung, über die gesanglichen Leistungen und vor allem über die Libretto-bezogene Inszenierung Giancarlo Del Monacos aus dem Jahre 1988. Und unverändert beeindruckt das einen sizilianischen Kirchplatz imaginierende Bühnenbild von Michael Scott. Der Schauplatz war für beide Opern geeignet.

Cavalleria rusticana
Musik von Pietro Mascagni

Pagliacci
Musik von Ruggero Leoncavallo

Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Musikalische Leitung: Daniele Callegari

Chor: Eberhard Friedrich
Inszenierung: Giancarlo Del Monaco
Bühnenbild und Kostüme: Michael Scott

Italienische Opernwochen

Staatsoper Hamburg, 75. Aufführung, 29. März 2024, seit der Premiere am 28. Januar 1988


von Dr. Ralf Wegner

Gesungen wurde herausragend, vor allem nach der Pause im Bajazzo. Während George Petean als Alfio in der Cavalleria anfangs noch nicht über den für ihn typischen Schmelz in der Höhe verfügte, überzeugte er das Publikum mit schönem Legato und bezwingendem Höhenglanz beim Bajazzo-Prolog.

Cavalleria rusticana: Ida Aldrian (Lola), George Petean (Alfio), Daniele Callegari (musikalische Leitung), Ekaterina Gubanova (Santuzza), Marcelo Puente (Turiddu), Renate Spingler (Lucia) (Foto: RW)

Vittorio Grigolo sang einen mächtig auftrumpfenden, noch jugendlich-dramatisch angelegten Canio. Sein glanzvoll timbrierter Tenor füllte das Rund des Hamburger Opernhauses wie wenige andere Tenöre. Er hatte an diesem Ort aber auch einen fabelhaften Vorvorgänger: Enrico Caruso, der den Canio auf dieser Bühne zwischen 1908 und 1914 mehrfach gesungen hatte. Grigolos gesanglich und spielerisch Paroli bis in den Tod bietende Partnerin (Nedda) war die russische Sopranistin Anna Princeva, deren Stimme neben der notwendigen Höhe auch über eine fast mezzohaft klingende Tiefe verfügte. „Pietro Mascagni / Ruggero Leoncavallo, Cavalleria rusticana / Pagliacci
Staatsoper Hamburg, 29. März 2024“
weiterlesen

Nachkontrolle – Verdi revisited

Il Trovatore © Brinkhoff-Mögenburg

Die Premiere vor zwei Wochen scheint ja in Buh-Rufen untergegangen zu sein, wie auf diesen Seiten zu lesen war. Grund genug für mich, der Sache  auf den Grund zu gehen…

Il Trovatore
Musik von Giuseppe Verdi
Libretto von Salvadore Cammarano nach Antonio García Gutiérrez

Staatsoper Hamburg, 23. März 2024

 von Harald Nicolas Stazol

und in Nullkommanix stellt mir die Direktion dankenswerterweise und meine Neugier befriedigend ein Ticket zur Verfügung. Nichts also, wie ab, in die dritte Vorstellung, was soll man sich an einem Samstag-Abend schon Sinnvolleres vornehmen, her mit dem Anzug, raus mit dem Hemd, rum die Krawatte, ab in den Bus und also: Vorhang auf! Staatsoper Hamburg, Verdis, „Il Trovatore“.

„Die Oper ist eher holzschnittartig“, sagt mir der junge Mann, der es sich im Schneidersitz auf der Fensterbank oben im Foyer bequem gemacht hat samt seiner Freundin. Schneidersitz?  Holzschnittartig? Unerhört! Aber jetzt bin ich wirklich gespannt wie ein Flitzebogen. Und schon gehts los!

„Giuseppe Verdi, Il Trovatore
Staatsoper Hamburg, 23. März 2024“
weiterlesen

Puccinis Tosca adelt die italienischen Opernwochen 2024

Franco Vassallo (Scarpia), Ailyn Pérez (Floria Tosca), Adam Smith (Mario Cavaradossi) (Foto: RW)

Giacomo Puccini,  Tosca
Melodramma in drei Akten

Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
musikalische Leitung:  Yoel Gamzou

Inszenierung:  Robert Carson
Bühnenbild und Kostüme:  Anthony Ward

Staatsoper Hamburg, italienische Opernwochen, 21. März 2024

von Dr. Ralf Wegner

Das Ballett macht Pause, dafür gibt es bis zum 12. April 2024 italienische Opernwochen (Lucia di Lammermoor, Il Trovatore, Tosca, Cavalleria rusticana / Pagliacci und Turandot), gestern zum vorletzten Mal in dieser Spielzeit Puccinis Tosca.

Wer noch nicht da war, sollte sich unbedingt den nächsten Mittwoch, den 27.3.2024 vormerken. Ein Besuch lohnt sich. „Giacomo Puccini, Tosca
Staatsoper Hamburg, italienische Opernwochen, 21. März 2024“
weiterlesen

Zahlreiche Buh-Rufe überschatten Guanqun Yus schleichend triumphierende Leonora im neuen Hamburger Trovatore

Il Trovatore © Brinkhoff-Mögenburg

Sowas gibt’s auch nur an der Hamburgischen Staatsoper: Bei der neuen Il Trovatore-Premiere wurden drei der fünf Hauptgesangspartien plus das Regie-Team vom Publikum regelrecht ausgebuht. Zu feiern gab es einzig eine triumphierende Leonora.

Il Trovatore
Musik von Giuseppe Verdi
Libretto von Salvadore Cammarano nach Antonio García Gutiérrez

Staatsoper Hamburg, 17. März 2024 Premiere

von Johannes Karl Fischer

Nun trifft es also auch Verdi: Nach zahlreichen Puccini-Tenor-Flops an diesem Haus in letzter Zeit – einige Totalausfälle inklusive – musste sich mit Gwyn Hughes Jones als Manrico nun auch ein Verdi-Tenor den Missfallensäußerungen des Hamburger Publikums stellen. Besonders nach der berühmten Di quella pira-Arie wurde noch vor dem letzten Orchesterakkord laut gebuht. Hier hatte Herr Jones auch deutliche Probleme in der Höhe und bereits vor dem berüchtigten hohen C einige Ausrutscher. Auch seine restliche Interpretation dieser Rolle war allesamt nicht sehr überzeugend, in den Melodien waren vor allem Noten und wenig Emotionen zu hören. „Giuseppe Verdi, Il Trovatore
Staatsoper Hamburg, 17. März 2024 PREMIERE“
weiterlesen

Der designierte Ballett-Intendant Demis Volpi stellt am 18. März 2024 sein Programm für die Saison 2024/25 des Hamburg Ballett vor

Demis Volpi bei der Pressekonferenz (Foto: RW)

Programm des Hamburger Balletts in der Saison 2024/25

von Dr. Ralf Wegner

Die Neumeier-Ära nähert sich ihrem Ende, aber Demis Volpi scheint ein würdiger Nachfolger zu werden. Zumindest zieht er sich nicht größere Schuhe an, sondern polstert die seines Vorgängers, so dass auch er mühelos hineinpasst. John Neumeier bleibt uns erhalten; aus seinem Repertoire werden in der Saison 2024/25 insgesamt 7 große Handlungsballette sowie sein noch nicht premiertes Abschlusswerk Epilog aufgeführt. Es handelt sich um Tod in Venedig, Der Nussknacker, Odyssee, Matthäus-Passion, Endstation Sehnsucht, Romeo und Julia sowie Nijinsky. Mit Endstation Sehnsucht und zusätzlich der Glasmenagerie geht es zum Gastspiel nach Baden-Baden, mit Romeo und Julia nach Venedig.

„Programm des Hamburger Balletts in der Saison 2024/25
Staatsoper Hamburg, 18. März 2024“
weiterlesen

Die düstere Flamme, die zum Himmel schlägt": Verdis „Il Trovatore“ an der Staatsoper Hamburg – eine Inszenierung mit Brandschäden

Man mag dieser Produktion eine Werkstatt-artige Bearbeitung wünschen, um die guten Ansätze tragender zu machen und die Fehlgriffe zu eliminieren.

Il Trovatore © Brinkhoff-Mögenburg

Giuseppe Verdi, Il Trovatore (“Der Troubadour“)

Giampaolo Bisanti, Dirigent

Guanqun Yu, Sopran
Gwyn Hughes Jones, Tenor
Aleksei Isaev, Bariton
Elena Maximova, Mezzosopran
Alexander Roslavets, Bass

Chor der Staatsoper Hamburg
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg

Immo Karaman, Inszenierung

Staatsoper Hamburg, 17. März 2024

von Dr. Andreas Ströbl

„Grauenhaft!“ – so entfuhr es noch vor Einsetzen des Schlussapplauses einem empörten Besucher der „Troubadour“-Premiere am 17. März in der Staatsoper Hamburg. Ganz so einfach und vor allem heftig verhält sich das Ganze nicht, denn die Inszenierung von Immo Karaman hat ausgesprochen gute und vor allem bildmächtige Ansätze. „Giuseppe Verdi, Il Trovatore
Staatsoper Hamburg, 17. März 2024“
weiterlesen