Verdi Requiem: Daniel Harding führt auf eine sängerische Entdeckungsreise

Daniel Harding © Accademia Nazionale di Santa Cecilia / Musacchio, Pasqualini/MUSA

Mag sein, dass manche beim Lesen der Programmankündigung von Verdis Totenmesse ob der sängerischen Besetzungsliste leicht snobistisch die Nase gerümpft haben. Diese wurden aber bei diesem Konzert rasch eines Besseren belehrt. Obwohl die vier Personen sicher nicht zu den weltweit führenden Künstlern zählen; sie – und vor allem die beiden Damen – haben sich da leicht auf die Weltspitze gesungen.

Wiener Konzerthaus, 7. Dezember 2024

Giuseppe Verdi,  Messa da Requiem

Solisten:

Masabane Cecilia Rangwanasha, Sopran
Elizabeth DeShong, Mezzosopran
Saimir Pirgu, Tenor
Tareq Nazmi, Bass

Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia – Roma
Wiener Singakademie (Choreinstudierung: Heinz Ferlesch)

Daniel Harding, musikalische Leitung

von Herbert Hiess

Giuseppe Verdis Abgesang auf das Leben ist (man könnte sagen naturgemäß) die opernhafteste Vertonung eines Requiems; sie bietet auch demzufolge einen fast dramaturgischen Ablauf durch die sieben Sätze. Und es ist kein Zufall, dass man hier des Öfteren „gute Bekannte“ aus seinem meisterlichen Schaffen trifft. So hört man vermeintlich Stellen aus „Don Carlos“, „Aida“ und anderen Opern. „Giuseppe Verdi, Messa da Requiem
Konzerthaus Wien, 7. Dezember 2024 “
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Martin Haselböck zaubert auf der Rieger-Orgel des Wiener Konzerthauses

Foto: Martin Haselboeck (c) Meinrad Hofer

Anlässlich seines 70. Geburtstags gab Martin Haselböck im Wiener Konzerthaus einen Orgelabend mit bemerkenswerten Werken des 20. Jahrhunderts. Der Höhepunkt war zweifellos Ligetis bahnbrechende Komposition Volumina.

Arnold Schönberg
Variationen über ein Rezitativ, op. 40
Zwei Fragmente aus der Sonate für Orgel

Ernst Křenek
Orga-Nastro für Orgel und Tonband, op. 212

György Ligeti
Volumina

Gladys Nordenstrom-Křenek
Signals from nowhere

 Ernst Křenek
Vierter Satz (Boreas) der Four Winds Suite (Die vier Winde) für Orgel, op. 223

Martin Haselböck
Orgel

Wiener Konzerthaus, Großer Saal, 10. November 2024

von Dr. Rudi Frühwirth

Martin Haselböck ist nicht nur ein anerkannter Dirigent und Verfechter der Originalklangbewegung, sondern auch ein meisterhafter Orgelspieler. Anlässlich seines 70. Geburtstags gab er ein Konzert, das die gewaltige Bandbreite seines Repertoires wie auch seine enorme technische Virtuosität unter Beweis stellte. Es war auch ein Rückblick auf seine Laufbahn, denn alle Stücke des Abends hat er in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten im Konzerthaus aufgeführt. „Martin Haselböck, Orgel
Wiener Konzerthaus, 10. November 2024“
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„Symphonie der Tausend“: Philipp Jordan zelebriert Mahler 8 in Wien

WSY Philippe Jordan © Amar Mehemdinovic

Schon eigenartig: Da geht man in ein Konzert mit einem der opulentesten Werke der Musikgeschichte, hört ein exzellentes Orchester, eine wahrhaft luxuriöse Sängerbesetzung, großartige Chöre und einen sehr bekannten Dirigenten. Man ist stellenweise sehr beeindruckt – und man hatte danach trotzdem das Gefühl, dass etwas gefehlt hat.

Gustav Mahler
Symphonie Nr. 8 in Es-Dur „Symphonie der Tausend“

Elisabeth Teige, Johanni von Oostrum, Regula Mühlemann, Tanja Ariane Baumgartner, Noa Beinart, Benjamin Bruns, Christopher Maltman, Tareq Nazmi

Wiener Sängerknaben
Wiener Singverein
Wiener Singakademie

Wiener Symphoniker
Dirigent: Philippe Jordan

Wiener Konzerthaus, 7. November 2024

 von Herbert Hiess

Aber schön der Reihe nach: Hauptperson an diesem Abend war doch Maestro Philippe Jordan, der auch Chef der Wiener Symphoniker war und nun seine letzte Saison an der Wiener Staatsoper als Musikdirektor hat.

Der exzellente und souveräne Dirigent beging heuer seinen 50. Geburtstag; und Zufall oder nicht – man programmierte im Wiener Konzerthaus Mahlers „Symphonie der Tausend“; ein Werk, das aufgrund des enormen Aufwandes sehr selten auf den Konzertprogrammen zu finden ist. „Gustav Mahler, Symphonie Nr. 8 in Es-Dur
Wiener Konzerthaus, 7. November 2024 “
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Andris Nelsons legt aus wunderschönen Puzzleteilchen ein verzerrtes Bild

Midori © Nigel Parry  2022

Nach einem guten und interessanten Beginn mit dem Violinkonzert von Prokofjew fällt der Dirigent Nelsons wieder in sein altes Fahrwasser – leider schaffte er es nicht, der fünften Symphonie von Mahler seinen interpretatorischen Stempel aufzudrücken.

Sergej Prokofjew
Konzert für Violine und Orchester Nr. 1 in D-Dur op. 19

Gustav Mahler
Symphonie Nr. 5 in cis-moll

Wiener Philharmoniker

Solistin: Midori, Violine
Dirigent: Andris Nelsons

Wiener Konzerthaus, 18. Oktober 2024

von Herbert Hiess

Das Violinkonzert von Prokofjew war sowohl von der unglaublichen Geigerin Midori als auch von den Philharmonikern unter Nelsons ein großer Wurf. Der Maestro konnte das Orchester mitreißen und würzte orchestral dieses großartige Violinkonzert mit einer besonderen Note. Und mit der Geigerin Midori hatte der Dirigent eine der besten Geigerinnen zur Verfügung. „Wiener Philharmoniker, Midori, Nelsons
Wiener Konzerthaus, 18. Oktober 2024 “
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Wiener Konzerthaus: Bunt gemischt ist halb gewonnen

William Garfield Walker und das Nova Orchester Wien (NOW!) © Vanja Pandurevic

Das Programm von William Garfield Walkers Konzert im Konzerthaus war so vielfältig wie sein Nova Orchester Wien: es erklangen Werke von Verdi, Debussy und Bruckner. Walker konnte sein stilistisches Einfühlungsvermögen zeigen, und unter seiner Leitung brillierte das Orchester sowohl mit romantischer als auch mit impressionistischer Musik.

Giuseppe Verdi
Ouvertüre zu “La forza del destino”

Claude Debussy
Prélude à l’aprés-midi d’un faune

Anton Bruckner
Symphonie Nr. 4 Es-Dur “Romantische”

Nova Orchester Wien (NOW!)
Dirigent: William Garfield Walker

Wiener Konzerthaus, Großer Saal, 27. September 2024

von Dr. Rudi Frühwirth

William Garfield Walker ist der Gründer des Nova Orchester Wien (NOW!), mit dem er nun im Großen Saal des Wiener Konzerthauses musiziert hat. Das Programm wirkte auf den ersten Blick etwas ungewöhnlich, wurde aber sicher mit Bedacht zusammengestellt. Einerseits erlaubte es dem jungen, charismatischen Dirigenten, seine stilistische Vielfalt und sein musikalisches Einfühlungsvermögen in ganz konträren Werken zu zeigen; andererseits konnten die Musikerinnen und Musiker von NOW! ihr beeindruckendes Können im romantischen wie auch im impressionistischen Kontext unter Beweis stellen. „Nova Orchester Wien / Walker BRUCKNER NOW!
Wiener Konzerthaus, 27. September 2024“
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Das Antrittskonzert von Petr Popelka lässt auf viele schöne Stunden mit Musik hoffen

Credit: © Wiener Symphoniker / Amar Mehmedinovic


Petr Popelka ist der neue Chefdirigent der Wiener Symphoniker. Unter seiner präzisen und inspirierenden Leitung boten sie in seinem Antrittskonzert eine erstklassige Leistung, weitgehend ohne Schwachpunkte. Auf ihr kann der Dirigent aufbauen, und ich traue Popelka zu, das Orchester noch näher an die Weltspitze zu führen. Ich hoff­e, hier den Beginn einer wunderbaren musikalischen Freundschaft miterlebt zu haben. Das Publikum war jedenfalls hellauf begeistert und dankte mit rauschendem Beifall.

Großer Saal des Wiener Konzerthauses, 18. September 2024

Peter Iljitsch Tschaikowsky
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 b-moll op. 23
Béla Bartók
Konzert für Orchester Sz 116

Wiener Symphoniker
Klavier: Anna Vinnitskaya
Dirigent: Petr Popelka

von Dr. Rudi Frühwirth

Petr Popelka hat zwar schon in der vergangenen Woche mit großem Erfolg Schönbergs Gurre-Lieder dirigiert, sein offizielles Antrittskonzert als Chefdirigent der Wiener Symphoniker fand jedoch am Mittwochabend im Wiener Konzerthaus statt. Das Programm vereinte Peter Iljitsch Tschaikowsky mit Béla Bartók, den Popelka als einen seiner Lieblingskomponisten bezeichnet. „Wiener Symphoniker, Anna Vinnitskaya, Klavier, Petr Popelka, Dirigent
Großer Saal des Wiener Konzerthauses, 18. September 2024“
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Das bayerische Meisterorchester demonstriert Strauss aufs Feinste

BRSO Harding, Wien Konzerthaus (c) BR-Astrid Ackermann

Dieses Konzert stand eigentlich im Zyklus Franz Welser-Möst; der österreichische Dirigent ist bekanntermaßen an Krebs erkrankt und musste eben unter anderem dieses Konzert absagen. Aber mit dem „Einspringer“ Daniel Harding hat man einen exzellenten Ersatz gefunden. Der Brite ist aber viel mehr als ein Ersatz.

Ludwig van Beethoven
Klavierkonzert Nr. 5 in Es-Dur op. 73

Richard Strauss
Tod und Verklärung, Tondichtung für großes Orchester op. 24
Don Juan, Tondichtung nach Nikolaus Lenau op. 20
Tanz der sieben Schleier (aus „Salome“ op. 54)

Leif Ove Andsnes, Klavier
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks

Daniel Harding, Dirigent

Wiener Konzerthaus, 15. Juni 2024

von Herbert Hiess

Daniel Harding hat einen Karriereweg hinter sich, den man getrost als „vorbildlich“ bezeichnen kann. Er war unter anderem auch Schüler von Claudio Abbado, was man aufgrund seiner Schlagtechnik bis heute noch sieht. Oft wirkt es fast wie eine Kopie des allseits beliebten italienischen Maestros und Ex-Direktor der Wiener Staatsoper. „Leif Ove Andsnes, Klavier, Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Daniel Harding, Dirigent
Wiener Konzerthaus, 15. Juni 2024“
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Philippe Herreweghe zelebriert Bachs ultimatives sakrales Werk, das man selten so brillant, schwebend und berührend hören konnte

Philippe Herreweghe © Wouter Maeckelberghe

In Zeiten wie diesen ist das Wort „Frieden“ zu Recht in aller Munde. Es wird gern und viel ausgesprochen und gesungen; in Frieden leben ist leider nicht überall auf dieser Welt möglich. Umso wichtiger ist es, ein so grandioses sakrales liturgisches Werk wieder zu hören – in einer Aufführung, von der man noch lange wird zehren können.

Johann Sebastian Bach, Messe h-moll

Dorothee Mields, Hana Blažíková, Alex Potter, Guy Cutting, Krešimir Stražanac

Chor und Orchester Collegium Vocale Gent

Dirigent: Philippe Herreweghe

Wiener Konzerthaus, 10. Juni 2024

von Herbert Hiess

Es war faszinierend zu sehen und zu hören, wie ein Chor aus bloß 19 SängerInnen mit einer fulminanten Pracht und Klangschönheit Bachs ewig gültige h-moll Messe im großen Konzerthaus erklingen ließ.

Dieser Chor ist ziemlich gleichwertig mit dem Monteverdi-Choir und lässt die Wiener Chöre (vor allem den Singverein aber auch den Schoenberg Chor) etwas blass und unscheinbar aussehen. Man weiß gar nicht, welche Stimmgruppe besser war. Die sanft klingenden Soprane, die exzellenten Altstimmen oder die phantastischen Tenöre und Bässe. Das besondere war, dass die Solisten des Konzertes gleichwertig im Chor mitsangen. „Johann Sebastian Bach, Messe h-moll, Chor und Orchester Collegium Vocale Gent, Dirigent Philippe Herreweghe
Wiener Konzerthaus, 10. Juni 2024“
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Im Aufwind: Mit Brahms steigt Mäkeläs Kurve nach oben

Klaus Mäkelä © Marco Borggreve

Er kam, sah und siegte? Zumindest lässt Klaus Mäkelä selbst alteingesessene Klassikfans in Enthusiasmus ausbrechen. „Der beste Brahms, den ich je gehört habe“, hallt es durchs Wiener Konzerthaus. Energetisch: nachvollziehbar. Klangqualität: ausbaufähig! Das Oslo Philharmonic ist nun mal kein Chicago Symphony oder Concertgebouw Orchester.

Johannes Brahms, Symphonie Nr.1 & Doppelkonzert für Violine und Cello

Oslo Philharmonic

Klaus Mäkelä, Dirigent
Daniel Lozakovich, Violine

Wiener Konzerthaus, 6. Juni 2024

von Jürgen Pathy

Der trägt ja sein Cello, schießt mir durch den Kopf. Gewundert hätte es niemanden, wenn Klaus Mäkelä dem Solisten sein Instrument hinterherschleppt. Auf Augenhöhe mit dem Orchester – das ist Mäkeläs „USP“, sein Alleinstellungsmerkmal als Dirigent. An diesem Abend klemmt der finnische Shootingstar das Cello aber selbst zwischen die Beine.

Brahms, Doppelkonzert, das klingt unter Mäkeläs feiner Bogenführung fast wie eine Bach Partita. Anfangs zumindest, dann himmlisch leicht gebettet. Brahms – von jeglichem Gewicht befreit. „Johannes Brahms, Symphonie Nr.1 & Doppelkonzert für Violine und Cello, Oslo Philharmonic, Klaus Mäkelä, Dirigent
Wiener Konzerthaus, 6. Juni 2024“
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Wiener Philharmoniker: Nelsons Interpretation hinterlässt keine nennenswerten Spuren

Wiener Philharmoniker / Andris Nelsons © Daniel Dittus 

Zugegebenerweise wurde das Konzert mit einer gewissen Skepsis besucht; Andris Nelsons ist wie Klaus Mäkelä oder Peltokoski, ein Dirigent der zum „Stardirigenten“ gepusht wurde und wie die beiden Kollegen einiges schuldig bleibt. Dieses Konzert war insgesamt (dank des Orchesters) ausgezeichnet – eine nachhaltige Wirkung hatte es nicht.

Dmitri Schostakowitsch: Konzert für Violoncello und Orchester Nr. 1 in Es-Dur, op. 107

Jean Sibelius: Symphonie Nr. 2 in D-Dur, op. 43

Gautier Capuçon, Violoncello

Wiener Philharmoniker
Dirigent: Andris Nelsons

Wiener Konzerthaus, 3. Juni 2024

von Herbert Hiess

Maestro Nelsons ist ein äußerst freundlicher Mann, der ursprünglich als Trompeter ausgebildet wurde und durch viele „Connections“ (so sagt man ja heute!) es schaffte, vor Luxusorchester zu dirigieren und dann reüssierte – wobei seine Interpretationen selten herausragend waren und bei einigen Konzerten vieles fehlte. „Gautier Capuçon, Violoncello, Wiener Philharmoniker, Andris Nelsons
Wiener Konzerthaus, 3. Juni 2024 “
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