Nicole Car begeistert als Antonia in der fantastischen Oper „Les Contes d’Hoffmann“

Olympia-Akt © Michael Pöhn/Wiener Staatsoper

Jacques Offenbach
Les Contes d’Hoffmann
Opéra fantastique in einem Prolog, drei Akten und einem Epilog
Text   Jules Barbier

Wiener Staatsoper, 13. Dezember 2024

von Lothar und Sylvia Schweitzer

In Schweitzers Klassikwelt: Das „Fading“ von Opernproduktionen erwähnen wir, dass in der Spielzeit 2024/25 „Dialogues des Carmélites“ nicht aufscheint, wohl aber die Sängerin der Blanche, Nicole Car, hauptsächlich in Mozart-Opern.

Wir erlebten Nicole Car jetzt in der Wiederaufnahme der Andrei Şerban-Inszenierung der fantastischen Oper Jacques Offenbachs „Les Contes d’Hoffmann“ als Antonia. „Jacques Offenbach, Les Contes d’Hoffmann
Wiener Staatsoper, 13. Dezember 2024“
weiterlesen

Thielemann erhebt Pfitzners „Palestrina“ in den göttlichen Stand

Christian Thielemann © Matthias Creutziger

Wäre er in Wien nicht bereits heilig, man müsste Christian Thielemann direkt die Ehre erweisen. Die zweite Aufführung ist kein Vergleich zur Wiederaufnahme wenige Tage zuvor. Hans Pfitzners „Palestrina“ ist schwieriger Tobak. Das Kyrie eleison erlöst dieses mal nicht nur. Es ist die Krönung eines Abends, der einer heiligen Messe gleicht. Michael Spyres ist ein ebenbürtiger Messdiener.

Palestrina, Hans Pfitzner

Wiener Staatsoper,
8. Dezember 2024

von Jürgen Pathy

Begeisterungsstürme gleich zu Beginn. Bravo von der Galerie, vom Balkon, von überall, bevor überhaupt ein Ton erklungen ist. Wien liegt Christian Thielemann zu Füßen. Dabei weiß man nicht, woran es liegt. Ob an der bedingungslosen Liebe des Wiener Publikums oder an der Tatsache, dass Christian Thielemann überhaupt unbeschadet das Pult erklimmt.

„Hans Pfitzner, Palestrina
Wiener Staatsoper, 8. Dezember 2024“
weiterlesen

„Palestrina“ in Wien: Thielemann zaubert einen hinreißend eindringlichen Pfitzner

Palestrina, Eröd, Bankl, Kraus, Ensemble  © Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Mit Pfitzners Palestrina erlebt man in Wien einen Abend, der noch lange nachklingen wird, zumal neuerliche Aufführungen wohl leider wieder lange auf sich warten lassen werden. Immerhin liegt die letzte Aufführungsserie in Wien fast ein Vierteljahrhundert zurück. Und es zeigt sich an diesem kalten Adventsabend gewissermaßen auch warum: Ein so ganz leicht verdauliches Werk ist dieser Palestrina nicht. Und dann ist da natürlich noch Pfitzners Antisemitismus, zu dem jedoch wirklich alles geschrieben ist. Jedenfalls gelingt mit seinem Palestrina in Wien ganz großes Musiktheater von einer hinreißenden Eindringlichkeit, die ihresgleichen sucht.

Hans Pfitzner (1869-1949)
Palestrina

Herbert Wernicke, Regie
Christian Thielemann,
Dirigent

Orchester der Wiener Staatsoper

Wiener Staatsoper, 8. Dezember 2024

von Willi Patzelt

„Dieses nationalistische Scheißstück!“ – Es waren diese harschen Worte eines älteren Kritikers an Christian Thielemann, die ihn am Ende aus überzeugtem Widerspruchsgeist bestärkten, den Palestrina als frischgebackener GMD in Nürnberg als erste Neuproduktion seiner Amtszeit zu dirigieren. So erzählte es der in alles Preußische verliebte Kapellmeister vor einigen Jahren in einem Interview.

Wiederum schwer in ebenjenen Preußen verliebt ist das Wiener Staatsopernpublikum. Schon vor dem Erklingen jenes wie aus dem Nichts kommenden, mit vier Sologeigen und vier Flöten so herrlich instrumentierten Beginns des ersten Akts sind laute „Bravo“-Rufe zu hören. Am Ende des Abends sind diese noch lauter. Denn Pfitzners Palestrina ist mitnichten nationalistisch und schon überhaupt kein „Scheißstück“. Und die Aufführung ist eine, die ihresgleichen sucht. „Hans Pfitzner (1869-1949), Palestrina
Wiener Staatsoper, 8. Dezember 2024“
weiterlesen

Lise Davidsen ist keine Tosca

© Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Eine Bombenstimme hat Lise Davidsen. Aber „Tosca“ ist sie keine. Eine eifersüchtige Furie, die lautstark keift, kann man im 1. Akt noch schönreden. Immerhin ist Puccinis Welterfolg beim Verismo angesiedelt, der „Realismus“ widerspiegelt. Beim „Vissi d’arte“ fehlt die Wärme und der Tiefgang. Sonst regiert auch Furcht und Schrecken statt inniger Hingabe. Die Wiener Staatsoper bebt dennoch.

Tosca, Giacomo Puccini
Wiener Staatsoper, 7. Dezember 2024

von Jürgen Pathy

„Ich hab schon schlechtere Toscas gehört“. Stimme eines Gastes, der sich zufriedengibt. Way too much, vor allem die Attacken, muss man aber sagen. Lise Davidsen gibt eine Furie, vor der man sich wirklich fürchten muss. Eifersüchtig, durchschlagend, markdurchdringend. Over the top in vielen Szenen. Brünnhilde ja, die steht da schon in den Startlöchern. Von Zärtlichkeit, die sie schon bei Liederabenden bewies, keine Spur.

„Giacomo Puccini, Tosca
Wiener Staatsoper, 7. Dezember 2024“
weiterlesen

Unerbittlich tropft die Zeit auf unsere Köpfe, unerbittlich strebt das Spiel seinem Ende zu

Philippe Sly © Wiener Staatsoper / Sofia Vargaiová

Dem auch in diesen Seiten öfters kritisierten Direktor Bogdan Roščić ist mit dieser Produktion, wie auch schon mit Ligetis “Le Grand Macabre”, ein faszinierender, sehens- und hörenswerter Beitrag zum Spielplan der Wiener Staatsoper geglückt. Ob er sich im Repertoire halten wird, bleibt abzuwarten. Das Werk ist sicher nicht leicht verständlich, regt aber unbedingt zum Nachdenken über die Rätsel unserer Existenz an. Es waren wohl einige im Publikum überfordert; die Mehrzahl dankte den Mitwirkenden freundlich, wenn auch nicht enthusiastisch.

György Kurtág
“Fin de partie”
Text: Samuel Beckett

Nagg: Charles Workman
Nell: Hilary Summers
Hamm: Philippe Sly
Clov: Georg Nigl

Orchester der Wiener Staatsoper

Musikalische Leitung: Simone Young

Inszenierung, Bühne und Kostüme: Herbert Fritsch 
Licht: Friedrich Rom

Wiener Staatsoper, 19. Oktober 2024

von Dr. Rudi Frühwirth

György Kurtágs einzige Oper verführt uns dazu, Antworten auf unlösbare Rätsel zu suchen. Wann ist ein Spiel zu Ende, in dem es keine klaren Regeln gibt? Wenn in jeder Sekunde ein Tropfen Zeit auf unsere Köpfe fällt, wann ist unsere Zeit abgelaufen? Wenn ich Hirsekorn auf Hirsekorn schichte, wann ist daraus ein Haufen geworden? „György Kurtág, Fin de partie, Text: Samuel Beckett
Wiener Staatsoper, 19. Oktober 2024“
weiterlesen

„Don Carlo“ an der Wiener Staatsoper: Philippe Jordan on fire!

Foto © Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

Jetzt erst recht, hat sich Musikdirektor Philippe Jordan vermutlich gedacht.

Nach dem Premieren-Debakel rückt der Schweizer Verdis „Don Carlo“ wieder ins rechte Licht – musikalisch zumindest. Kirill Serebrennikovs Inszenierung bleibt weiterhin undurchschaubar. Angesichts der Hochform, zu der die Wiener Philharmoniker auflaufen, gerät das aber weit in den Hintergrund. Noch dazu, weil Asmik Grigorian sich von ihrer zärtlichsten Seite zeigt. Dieser Elisabetta schenkt man gerne die Tränen, die sie zum Ende fordert.

Giuseppe Verdi, Don Carlo

Wiener Staatsoper,
6. Oktober 2024

von Jürgen Pathy

Ein Konzert mit Stimmen und bewegten Bildern im Hintergrund. So sollte man Kirill Serebrennikovs chaotische Inszenierung am Besten verfolgen. Dann bleibt genügend Raum, um sich aufs Wesentliche zu fokussieren. Philippe Jordan und die Wiener Philharmoniker in Hochform. Nach drei Vorstellungen laufe das Werkl auch wie von alleine, gibt sich Jordan bescheiden. Dass man an der Wiener Staatsoper ein musikalisches Highlight erleben darf, ist aber auch seiner Person zu verdanken. „Giuseppe Verdi, Don Carlo
Wiener Staatsoper, 6. Oktober 2024“
weiterlesen

Schlachtfeld Wiener Staatsoper: Philippe Jordan kapituliert vor Serebrennikovs „Don Carlo“

Foto © Frol Podlesnyi

„Ein rechter Schei**dreck war’s“, um es mit Monaco Franzes Worten zu schildern. Regisseur Kirill Serebrennikov fährt Verdis „Don Carlo“ an die graue Öko-Wand. An der Wiener Staatsoper regieren die Stimmen: Asmik Grigorian, Joshua Guerrero und Roberto Tagliavini müssen nur einem Vorrang lassen: Étienne Dupuis, der als Posa ein Zeichen für die Umwelt setzt.

Giuseppe Verdi, Don Carlo (PREMIERE)
Wiener Staatsoper, 26. September 2024

von Jürgen Pathy

Ein Dirigent, der kapituliert. Hat man noch nie gesehen. An der Wiener Staatsoper geschehen – kein Scherz! Philippe Jordan zückt sein weißes Stecktuch, spießt es auf den Dirigentenstab und versucht zu schlichten. Mitten WÄHREND der Vorstellung, weil der heftige Widerstand schon da entfacht. „Ooooooh!“, nachdem auf der Bühne bunte Fetzen kullern. „Weg mit dem Dreck“, von der anderen Seite „Bravo Jordan!“, um dessen Rücken zu stärken. Nicht der erste Shitstorm an diesem Abend, an dem Regisseur Kirill Serebrennikov seine „Don Carlo“ Neuproduktion im Intellekt ertränkt.

„Giuseppe Verdi, Don Carlo
Wiener Staatsoper, 26. September 2024 PREMIERE“
weiterlesen

Augen zu und durch: Die Sensation der Wiener „Traviata" steht im Graben

La Traviata © Wiener Staatsoper

Viel zu wenig Applaus für den Dirigenten. Shout-Out für Domingo Hindoyan, der Verdis „La Traviata“ an der Wiener Staatsoper in ein neues Licht rückt. Angesteckt von seiner verklärten Lesart, findet Lisette Oropesa zu ungewohnter Leichtigkeit. Juan Diego Flórez bettet er auf Zimmerlautstärke. Nur Ludovic Tézier verirrt sich in dieser mysteriösen Atmosphäre, die an Wagners Gralswelt erinnert.

Giuseppe Verdi, La Traviata

Wiener Staatsoper, 13. September 2024

von Jürgen Pathy

„Ich dachte, du magst die Oropesa nicht!“ Meine Aversion hat sich nach dieser Vorstellung fast in Luft aufgelöst. Nicht zur Gänze, weil Lisette Oropesa noch immer regelmäßig zurückfällt. In Phrasen, die nur mit einem extremen Kraftakt über ihre Lippen fließen. Doch dieser Violetta gelingen auch viele leichte Momente, klare Piani, die sie mit einer Innigkeit hinhaucht, vor der man dahinschmelzen könnte. Ohne das ständige Zittern und Beben, das ihrer Stimme sonst oft beiwohnt.

„Giuseppe Verdi, La Traviata
Wiener Staatsoper, 13. September 2024“
weiterlesen

Liebesdrama in Wien: Für Nadine Sierra stirbt Roméo zurecht

Roméo et Juliette © Michaael Pöhn

Rot ist die Liebe. Deshalb spielen bei Jürgen Flimms Regie von „Roméo et Juliette“ Kostume in Rottönen eine Rolle. Von flammender Leidenschaft sonst wenig Spur. Bertrand de Billy bleibt am Pult der Wiener Staatsoper verhalten. Saimir Pirgu setzt als Roméo überwiegend auf Lautstärke. Nur Nadine Sierra holt die Kastanien aus dem Feuer und reißt zum Ende alle vom Hocker – Leidenschaft und Facettenreichtum pur!


Charles Gounod
Roméo et Juliette

Wiener Staatsoper, 8. September 2024

von Jürgen Pathy

„Sie g’foit ma net!“. Mit dieser Meinung steht die Dame allein auf weiter Flur. Dass Nadine Sierra „zu dünn“ in den Höhen sei, könnte man schon meinen. Anfangs, da wirkte die Stimme leicht, fast ohne Stütze. Das könnte die Meinung des Gasts beeinflusst haben. Dass das alles auf Konzept basieren dürfte, einem Ausdruck der Wandlung über rund zweieinhalb Stunden Liebesdrama, sollte die Dame nicht außer Acht lassen.

„Charles Gounod, Roméo et Juliette
  Wiener Staatsoper, 8. September 2024“
weiterlesen

Ganz Wien kniet vor Cecilia Bartoli

Foto © Marco Borrelli

Der letzte Ton ist vorbei, alles nur Schall und Rauch. Nicht so bei Cecilia Bartolis Gastspiel in Wien. Bei der gebürtigen Römerin gibt es sogar an der Wiener Staatsoper einige Zugaben. Zuvor hat die 58-jährige Ausnahmesängerin bewiesen, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen zählt. In Händels „Giulio Cesare“ stiehlt ihr nur einer fast die Show: Countertenor Carlo Vistoli in der Titelpartie.

Georg Friedrich Händel, Giulio Cesare in Egitto

Wiener Staatsoper, 9. Juli 2024

von Jürgen Pathy

Das gibt’s ja gar nicht. Da denkt man sich gerade noch, die Bartoli hat’s nicht mehr drauf. Die Stimme glüht nicht mehr so wie früher. Da schaltet die quirlige Ausnahmekünstlerin plötzlich einen Gang höher. Den kompletten ersten Akt lang hat sie ihre Kräfte geschont, den zweiten auch noch. Ab der Arie „Se pietà“, in der sie ihren Schmerz auf dem Silbertablett ausbreitet, hebelt sie einen komplett aus dieser Welt. „Wenn du kein Mitleid mit mir hast, Himmel, werde ich sterben“. Cleopatras wehmütige Klage, nachdem Cesare ihr zuvor die kalte Schulter gezeigt hat. „Georg Friedrich Händel, Giulio Cesare in Egitto
Wiener Staatsoper, 9. Juli 2024“
weiterlesen