CD-Besprechung:
Eva Zalenga Sopran
Die neue CD „varia · bel“
mit Liedern von der Romantik bis hin zu Werken des 20. Jahrhunderts
Erschienen bei Genuin im Zusammenwirken mit dem Deutschen Musikrat, Feb. 2025
von Dr. Lorenz Kerscher
Die vielversprechende Sopranistin Eva Zalenga habe ich vor einem Jahr als Rising Star vorgestellt, nachdem gerade ihre mit der Liedduopartnerin Doriana Tchakarova eingespielte Debüt-CD „In Relations“ erschienen war.
Seit Februar 2025 ist nun ein zweiter Tonträger im Handel, dessen Produktion ihr als Preisträgerin des Deutschen Musikwettbewerbs 2023 ermöglicht wurde. Hierfür konnte sie neben ihrer bewährten Pianistin noch weitere Künstler engagieren, die mit Klarinette, Violine und Violoncello das Klangspektrum bereichern. Ihrer auch im Titel varia · bel ausgedrückten Absicht, sich als vielseitige Künstlerin vorzustellen, kommen die zur Verfügung stehenden zusätzlichen Klangfarben natürlich bestens entgegen.
Das ausführliche Booklet, das auch die Texte in Originalsprache enthält, gibt ihr Raum für einen selbstverfassten Vorstellungstext, doch im Wesentlichen ist ihre Visitenkarte natürlich klanglicher Natur. So setzt sie in den ersten beiden Liedern, dem naiv verliebten „In die Ferne“ von Ignaz Lachner und dem von Abschiedsschmerz geprägten „Auf dem Strom“ von Franz Schubert die substanzreiche Helle ihrer schönen Sopranstimme in einen wirkungsvollen Kontrast zum warmen Klang des von Till Schuler ausdrucksvoll gespielten Cellos.
In Giacomo Meyerbeers „Des Schäfers Lied“ und Schuberts „Der Hirt auf dem Felsen“ ist dann die Klarinette das Gegenstück in einem reizvollen Klanggewebe. Während das erstere eine lichtdurchflossene Idylle zeichnet, ist Schuberts elfminütiges Lied in drei Abschnitte von sehr unterschiedlicher Stimmung gegliedert. Da werden zunächst Höhen und Tiefen einer Gebirgslandschaft mit großen Intervallsprüngen gezeichnet, welche in den Einleitungstakten von der Klarinette intoniert und dann von Eva Zalenga sehr überzeugend zu einer Gesangslinie verbunden werden. In zurückgenommenem Tempo kommt dann der Kummer über die Einsamkeit in langen Legatobögen zum Ausdruck, bis schließlich die Vorfreude auf den Frühling in mühelos erscheinenden Koloraturen besungen wird. Im Zusammenklang mit dem feinen kammermusikalischen Ton des Klarinettisten Adam Ambarzumjan ist der Sängerin alleine schon mit diesem Lied ein sehr schöner Beweis ihrer Vielseitigkeit gelungen.
Noch einmal tritt für das melodiöse Lied „Die Sterne“ von Pauline Viardot-García das Cello als Duettpartner hinzu und es gelingt vortrefflich, eine entrückte Stimmung zu zaubern. Wie auch in den vorhergehenden Liedern trifft die stilsichere Pianistin Doriana Tchakarova den richtigen Ton und verleiht dem kammermusikalischen Klanggewebe die ideale Balance. Für die nächsten drei Stücke tritt sie nun beiseite, denn die „Three Irish Country Songs“ von Rebecca Clark werden ganz minimalistisch nur von Victoria Wong an der Violine begleitet.
Zwei getragene und ein flottes Stück im Volkston leben ganz von schöner Stimme und makelloser Artikulation und Intonation, ebenso gilt das auch für die folgenden „Two Nursery Rhymes“ von Arthur Bliss mit Klarinette, wobei nur beim ersten eine Klavierbegleitung hinzukommt, beim zweiten dann ein wild bewegter Instrumentenpart eine spritzige Humoreske entstehen lässt. Noch mehr wird die Burleske in „Quatre Poèmes de Catulle“ von Darius Milhaud auf die Spitze getrieben, die Violine erzeugt ein Gewebe immer komplexer Rhythmen, aus dem die Stimme zunehmend virtuos herausstrahlt.
Zum Abschluss ein Feuerwerk glänzen zu lassen, das war wohl die Idee hinter der Auswahl von „Je t’aime“ von Isabelle Aboulker: es ist ein hochvirtuoses Koloraturenstück, mit dem sich Eva Zalenga aufs Eindrücklichste auch für entsprechende Rollen auf der Opernbühne empfiehlt. Hierfür wurde ein Arrangement gewählt, bei dem alle beteiligten Musiker mitwirken. Natürlich geht es hier mehr um Effekt als um tiefe Empfindung, doch diese kam ja schon in vorherigen Stücken dieses Albums zur Geltung.
Mit einer facettenreichen Auswahl aus dem Liedrepertoire des 19. und 20. Jahrhunderts weist Eva Zalenga ihre eigene Vielseitigkeit nach und zeigt darüber hinaus auf, über welchen Abwechslungsreichtum das klassische Lied verfügt, insbesondere, wenn man auch die Klangfarben verschiedener Soloinstrumente hinzunimmt. Somit vermittelt dieses Album nicht nur Liedkunst auf höchstem Niveau, sondern auch eine sehr anregende Hörerfahrung, die es besonders empfehlenswert macht.
Dr. Lorenz Kerscher, 29. März 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at