CD-Besprechung:
Joseph Haydn
Die Schöpfung
Lucy Crowe
Benjamin Bruns
Christian Gerhaher
Chor & Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Sir Simon Rattle Dirigent
BR Klassik 900221
von Peter Sommeregger
Für sein Einstandskonzert als Chef des renommierten Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks und seinen ebenso geschätzten Chores lag ein Chorwerk naturgemäß nahe.
Die Wahl fiel auf Joseph Haydns 1796 bis 1798 entstandenes Oratorium „Die Schöpfung“, dessen Text im Wesentlichen der Genesis folgt. Angeregt wurde der Komponist durch die großen Oratorien Händels, die Haydn bei seinen Londoner Aufenthalten kennengelernt hatte. Die Wiener Uraufführung wurde begeistert aufgenommen, und bis heute ist dem Werk der Erfolg treu geblieben.
Das Konzert, das hier nun als Mitschnitt auf CD erscheint, fand am 22. Und 23. September 2023 im Herkulessaal der Münchner Residenz statt.
Für die drei umfangreichen und anspruchsvollen Solopartien hatte man Sänger der ersten Garnitur verpflichtet. Christian Gerhaher als Raphael, und später als Adam, gibt seinem Bassbariton mit differenziertem Klang und größter Textverständlichkeit die nötige Dominanz. Der Tenor Benjamin Bruns bildet mit seinem virilen, klangschönen Tenor den erwünschten Kontrast. Überstrahlt werden beide von der vorzüglichen Sopranistin Lucy Crowe, die mit ihrer sicheren Höhe und sehr ansprechendem Timbre als Gabriel und Eva den stärksten vokalen Eindruck hinterlässt.
In Höchstform präsentiert sich auch der Chor des Bayerischen Rundfunks in der Einstudierung von Peter Dijkstra.
Haydns Musik, die man stilistisch als Übergang vom Barock zur „Wiener Klassik“ einordnen kann, wird von Sir Simon Rattle einfühlsam und differenziert interpretiert, wobei ihm das Spitzenorchester hoch motiviert folgt. Allen Beteiligten gelingt in ihrem Zusammenspiel eine souveräne Realisierung der Partitur.
An den Ausführenden kann es eigentlich nicht liegen, dass der Gesamteindruck am Ende Wünsche offen lässt.
Ein wenig zu glatt, zu erwartbar wird das etwa einhundertminütige Werk abgeliefert. Perfekt polierte Oberfläche, aber vielleicht ein gewisses Defizit an spiritueller Empfindung und Tiefe. Das Beglückende, das von Aufführungen dieses Oratoriums ausgehen kann, vermisst man. Es glänzt, aber es leuchtet nicht.
Peter Sommeregger, 16. Februar 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Herbert hört hin 3 klassik-begeistert.de, 16. Februar 2025, Wiener Konzerthaus und Musikverein Wien
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