CD-Live-Präsentation "Imagination": Nah, intensiv, intim und entspannt

CD Live Präsentation, Imagination von Raphaela Gromes, Kaufhaus Beck, 23. Oktober 2021

Foto: Musikbühne im fünften Stock des Kaufhaus Beck, Raphaela Gromes und Musiker

Musikbühne im fünften Stock des Kaufhaus Beck, München,
23. Oktober 2021

von Frank Heublein (Fotos und Text)

Endlich ist es soweit! Alle im Raum feiern es enthusiastisch. Das erste Musikevent auf der Musikbühne im fünften Stock des Kaufhauses Beck in München, seit zwanzig Monaten. Raphaela Gromes präsentiert ihre neue CD „Imagination“ live.

Ich habe diese kleine Bühne sehr vermisst. Bietet sie mir doch größte Nähe. Raphaela Gromes und ihre Mitmusizierenden sitzen zwei Meter vor mir zum Greifen nah. Es ist kein Klangwunder, diese kleine Bühne. Doch ich empfange unmittelbare Emotionalität durch Nähe. Ein sehr spezielles Musikmitfühlen. Wie sonst nirgendwo im musikalisch bekannten München.

Vor Corona waren diese kostenfreie Events Magneten, die Kunden der Musikabteilung manchmal ganz zufällig und zugleich stark angezogen haben. Ein wunderbar niederschwelliges Angebot. Neues zwanglos entdecken, den Musikern und Musikerinnen nah wie nirgendwo auf die Finger schauen und sich CDs signieren lassen.

Für heute musste ich mich vorab anmelden, um das bei Raphaela Gromes tun zu dürfen. In ihrem Gesicht spüre ich die Töne als Verstärker, die sie mit Fingern und Bogen erzeugt. Das Album „Imagination“ soll die Vorstellung der Zuhörenden öffnen.

Julian Riem als Begleiter am Piano und Arrangeur hat wesentlichen Anteil an der CD. Er spricht vom gemeinsamen Arbeitsprozess. Raphaela Gromes hält es nicht auf dem Sitz, lächelnd zieht sie das Mikrophon an sich: nein, nein, nein! Julian Riem hat arrangiert. Ganz alleine! Darauf er: und doch gemeinsam! Haben sie sich doch beide durch Berge von Kompositionen während des Lockdowns durchgearbeitet. Unter anderem hat das Archiv „Frau und Musik“ aus Frankfurt Notenblätter übermittelt. Margarete Schweikert ist eine dieser Entdeckungen.

Sowohl die CD als auch die Präsentation ist eine gelungene Mischung aus bekannten und für „mit Cello“ arrangierten Stücken und Entdeckungen unbekannter Komponisten und Komponistinnen.

Foto: Raphaela Gromes und Julian Riem

Für das erste Stück, den Walzer aus Tschaikowskys „Dornröschen“ wird sogleich der erste Gast auf die Bühne geholt: Violinist Daniel Dodds aus Zürich. Also: Violine, Cello und Piano. Ich er-kenne das Stück und höre es zugleich neu. Ich schaue auf Gromes’ Bogenschwung, die flinken Finger, das Gesicht, das jede Note spürt, die intensive Aufmerksamkeit des Blicks, der häufig nach rechts zum Geiger geht. Kraftvolle Intensität spüre ich in mir.

Ein zweites Stück in gleicher Besetzung ist eine von Schumanns Märchenerzählungen. Deutlich weicher als Tschaikowskys Walzer. Bei Franz Liszts „Gnomenreigen“ habe ich den Eindruck, dass die Komplexität des Klaviersolos bewältigbarer ist, wenn wie hier die Noten auf zwei Instrumente, neben dem Piano das Cello, verteilt werden. Es bleiben teuflische atemraubende Läufe, die aus der großen Nähe das Spiel der Cellistin auch visuell imposant und eindrucksvoll erleben lassen. Als nächstes folgt eine meiner Neuentdeckungen auf der CD. Margarete Schweikert ist eine Zeitgenossin von Richard Strauss. Ihre kurze „Märchenstunde“ ist zart und wird sanft auf dem Piano ausgehaucht.

Im letzten Teil der Präsentation treten weitere Gäste auf. Das Arcis Saxophon Quartett. Sopransaxophonist Claus Hierluksch übernimmt die Einführung. Anatoly Lyadov scheint ein vergleichsweise fauler Sack gewesen zu sein, so erzählt er anekdotisch. Das Arrangement seines Stückes über die russische Hexe Baba Yaga hingegen hat Julian Riem schnell geliefert. Das Cello ist der Nukleus, etwa der brodelnde Feuerkessel der Hexe? Die zuckenden Saxophone unterstützt vom Piano spiegeln Baba Yagas magische Aktionen in meinen Kopf hinein.

Im zweiten Stück mit dem Arcis Saxophon Quartett wird das Piano durch ein zweites Cello ersetzt. Gespielt wird es durch die langjährige Freundin Angela Chang. Die Einführung des musikalischen Gastes wird sehr persönlich durch Raphaela Gromes gestaltet. Engelbert Humperdincks „Abendsegen“ aus „Hänsel und Gretel“ gewinnt durch die unorthodoxe kammermusikalische Besetzung ebenfalls die Spannung, ein sehr bekanntes Stück neu zu entdecken.

Wie auf der CD auch heute Abend eine Zugabe: „Leias Thema“ aus dem Film „Krieg der Sterne“ von John Williams. In der Kernbesetzung Piano und Cello sehe ich als Filmliebhaber auch in dieser Version Carrie Fisher vor mir und höre im Kopf „…mein Bruder!“ Die Macht ist stark in diesem Moment.

Am Ende unterhalten sich bei der Signierstunde die Künstler mit Bekannten. Autogramme? Ja, immer gern. Miteinander sprechen? Warum nicht? Wenn ich genau hinhöre in die Kommunikation während und nach der Präsentation, höre ich die eine oder persönliche Note und Schwingung. Das macht dieses Event aus. Familiär, intim, nah und entspannt.

Frank Heublein, 23. Oktober 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

 

Programm

Stücke aus der CD „Imagination“ von Raphaela Gromes
Pyotr Ilyich Tchaikovsky Walzer aus Dornröschen, Op. 66
Robert Schumann Märchenerzählungen, Op. 132/3
Franz Liszt Gnomenreigen, S.145/2
Margarete Schweikert Märchenstunde
Anatoly Lyadov Baba Yaga, Op. 56
Engelbert Humperdinck Abendsegen aus Hänsel und Gretel
John Williams Leias Thema aus Krieg der Sterne

Besetzung

Raphaela Gromes  Cello
Julian Riem  Piano
Daniel Dodds  Violine
Angela Chang  Cello

Arcis Saxophon Quartett (Claus Hierluksch Sopransax, Ricarda Fuss Altsax, Edoardo Zotti Tenorsax, Jure Knez Baritonsax)

Ein Gedanke zu „CD Live Präsentation, Imagination von Raphaela Gromes,
Kaufhaus Beck, 23. Oktober 2021“

  1. Zwei Meter von den Künstlern entfernt? Dann sind wir wohl ganz nahe beieinander gesessen! Aber mit Maske haben wir uns auch nicht erkennen können. Jedenfalls potenzieren sich bei Raphaela Gromes Begeisterung und Können und dazu kommt noch das Gespür für die idealen Gefährten auf den Expeditionen ins musikalische Neuland. Ein Künstlerin, die man unbedingt auf der Radar haben muss!

    Dr. Lorenz Kerscher

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