Ein spannendes Jugendwerk Meyerbeers

CD-Rezension: Giacomo Meyerbeer, „Romilda e Costanza“

CD-Rezension: Giacomo Meyerbeer, „Romilda e Costanza“
NAXOS 8.660495-97

Górecki Chamber Choir
Passionart Orchestra
Luciano Acocella

von Peter Sommeregger

Lange bevor der deutsch-jüdische Komponist Giacomo Meyerbeer mit seinen Grands Opéras zum Beherrscher der Pariser Opernszene wurde, hatte der als Jakob Liebmann Meyer Beer in Berlin geborene Sohn eines Unternehmers und Bankiers bereits zwei deutsche Opern komponiert, ehe er nach ausgedehnten Studien in Wien, London und Paris schließlich in Italien inspiriert durch Rossini erneut Bühnenwerke komponierte.

Sein erstes erfolgreiches italienisches Werk war die Oper „Romilda e Costanza“, die 1817 in Padua mit großem Erfolg uraufgeführt wurde. Mit dieser Oper löst er sich weitgehend vom Einfluss Rossinis, obwohl an einzelnen Stellen des Werkes noch Anklänge an Rossinis Stil aufblitzen. Als „Genius von der Spree“ wurde der 26-jährige Komponist gar gepriesen, ein großes Lob, das beim Hören dieser ersten Einspielung der Oper doch ein wenig hoch gegriffen scheint.

Der Mitschnitt einer konzertanten Aufführung im Rahmen des Rossini-Festivals in Bad Wildbad entstand in Co-Produktion mit dem SWR im Sommer 2019. Aufgeboten wurde ein Ensemble noch eher unbekannter Sänger, das Passionart Orchestra und der Górecki Chamber Choir wurden von Luciano Acocella geleitet.

Die intrigenreiche Handlung spielt in und um Aix in der Provence, es geht um einen Fürsten, der um die Nachfolge seines verstorbenen Vaters gebracht werden soll und der aus höchster Gefahr von zwei Frauen gerettet wird, die um seine Liebe konkurrieren. Die Musik ist weitgehend durchkomponiert, an einigen wenigen Stellen enthält sie aber als Relikt der Opera seria noch kurze Rezitative mit Pianoforte-Begleitung, die eher als Fremdkörper wahrgenommen werden.

Als Fürst Teobaldo erfreut der kongolesische Tenor Patrick Kabongo mit seinem klangschönen lyrischen Tenor in der leider nicht sehr umfangreichen Rolle. Seinen bäuerlichen Milchbruder Pierotto gibt Giulio Mastrototaro mit etwas wobbeligem Bariton. In der gleichen Stimmlage mit mehr Beweglichkeit und sicherer Höhe ist Javier Povedano als der böse Bruder Retello zu hören.

Die beiden titelgebenden Rollen der Konkurrentinnen um Teobaldos Gunst werden von der Mezzosopranistin Chiara Brunello (Romilda) und der Sopranistin Luiza Fatyol verkörpert. Verfügt Brunello über einen warmen, farbenreichen Mezzo, so sind bei Fatyol doch erhebliche stimmliche Defizite auszumachen. Ihr Sopran „klirrt“ in der Höhe gelegentlich und hat ein wenig ansprechendes Timbre. Darunter leiden auch die gemeinsamen Szenen der beiden Sängerinnen, Duette Sopran/Mezzosopran, die beinahe wie eine Vorwegnahme der Szenen Norma/Adalgisa aus Bellinis wenige Jahre später komponierten „Norma“ wirken.

Speziell in den Ensembles zeichnet sich bereits Meyerbeers spätere Meisterschaft ab, den Arien fehlt es noch an markanten melodischen Einfällen.

Eine Lücke im Meyerbeer-Katalog schließt diese Einspielung aber auf alle Fälle und ist schon deshalb zu begrüßen.

Peter Sommeregger, 25. Dezember 2020, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Giacomo Meyerbeer, Dinorah, Deutsche Oper Berlin, 4. März 2020

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