Skurrile Belcanto-Ausgrabung: "Matilde di Shabran" vom Festival Rossini in Wildbad

CD-Rezension: Gioachino Rossini, „Matilde di Shabran“, José Miguel Pérez-Sierra, Passionart Orchestra

CD-Rezension: Gioachino Rossini, „Matilde di Shabran“
NAXOS 8.660492-94

Górecki Chamber Choir
Passionart Orchestra
José Miguel Pérez-Sierra, Dirigent

von Peter Sommeregger

Diese Oper fällt in die reife Schaffensphase des Komponisten, die er bereits mit weniger als dreißig Lebensjahren erreicht hatte. Geschrieben für ein römisches Theater gehört sie allerdings nicht zu den häufig gespielten Werken des produktiven Opernkomponisten, dem wir über vierzig Opern verdanken.

Im Jahr 2019 blieb es dem engagierten Rossini-Festival in Wildbad vorbehalten, das Werk einem größeren Publikum zu präsentieren. Dieses 2019 bereits zum 31. Mal stattfindende Festival ist über die Jahre zu einer Institution geworden, die nicht wenige Opern Rossinis erst wieder zum Leben erweckte. Auch die Matilde di Shabran gelangt dank dieser Aufführung zum ersten Mal auf Tonträger. In diesem Jahr hat das Werk den 200. Jahrestag seiner Uraufführung.

Das etwas verwirrende Dramma giocoso hat eine etwas unübersichtliche Handlung; auch wenn von Mord und Totschlag die Rede ist, löst sich das Drama um den frauenfeindlichen Ritter Corradino und das adelige Fräulein Matilde schließlich doch in Wohlgefallen auf, nicht bevor es zu einigen halsbrecherischen Koloraturarien und stürmischen Finali gekommen ist. Rossini verwendet wie in vielen seiner Opern musikalische Einfälle mehrfach. So klingt einmal ganz deutlich die Arie des Figaro aus dem „Barbier von Sevilla“ an, ein Ensemble hat er Note für Note für die spätere „Viaggio a Reims“ übernommen.

Die Besetzung ist, wie in Wildbad gewohnt, international und lässt zum Teil aufhorchen. In der Titelrolle glänzt die katalanische Sopranistin Sara Blanch mit gestochenen Koloraturen, eine internationale Karriere dürfte der Sängerin wohl bevorstehen. Bereits an ersten Häusern angekommen ist der Tenor Michele Angelini, der als Frauenfeind Corradino mit beweglichem, höhensicherem Rossini-Tenor auf der ganzen Linie überzeugt. Die Besetzung seines Gegenspielers Edoardo mit einem Alt ist dramaturgisch gesehen nicht unproblematisch, obwohl sich Victoria Yarovaya erfolgreich um diese Rolle bemüht. Der Poet Isidoro, so etwas wie die komische Figur der Oper, findet in Giulio Mastrototaros leider schlecht fokussiertem Bariton einen zumindest engagierten Interpreten.

Bekannte Größen sind in Wildbad bereits der Górecki Chamber Choir und das Passionart Orchestra, beide in Polen beheimatet. Bei ihnen ist die spritzige Musik Rossinis in den besten Händen, was auch für den spanischen Dirigenten José Miguel Pérez-Sierra zutrifft, der immerhin bei den Rossini-Spezialisten Alberto Zedda und Gabriele Ferro in die Schule gegangen ist. Auch die Nebenrollen sind gut besetzt, insgesamt tragen alle ihren Teil zu einer gelungenen Wiederentdeckung dieser Oper bei.

Ein wenig problematisch für Plattenaufnahmen scheint die Akustik der Trinkhalle in Wildbad zu sein, die sich leider etwas dumpf auf das Klangbild auswirkt. Streckenweise klingt der Mitschnitt wie aus größerer Distanz aufgenommen. Vielleicht lässt sich bei künftigen Einspielungen daran etwas ändern. Zu empfehlen ist die Aufnahme in jedem Fall, schließt sie doch eine weitere Lücke im Katalog der Rossini-Einspielungen.

Peter Sommeregger, 14. Januar 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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2 Gedanken zu „CD-Rezension: Gioachino Rossini, „Matilde di Shabran“, José Miguel Pérez-Sierra, Passionart Orchestra“

  1. Der Autor ist schlecht informiert. Der Tenor erkrankte und Juan Diego Florez sprang ein (Einschub, 1996 in Pesaro)
    , er war gerade 23 Jahre alt. Falls Sie diesen fantastischen Sänger nicht kennen sollten, er sang noch im gleichen Jahr an der Scala unter Muti, sollten Sie vielleicht etwas Nachhilfeunterricht nehmen. Es gib eine DVD seit 2013! Mitlerweile schaut er auf 25 Jahre einer makellosen Karriere zurück. Die DVD wurde ebenfalls in Pesaro aufgenommen, Michele Mariotti dirigierte, Flórez sang wiederum den Corradino. Schwer vorstellbar, dass es einen besseren Belcantotenor gibt.

    Ruth Moeller

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