Resultat dieser Kombination ist eine Aufführung auf einsam hohem Niveau. Man trauert ein wenig der Zeit nach, als die Musik und die Sänger noch das eindeutige Primat in der Oper besaßen.
Giuseppe Verdi
Falstaff
Wiener Philharmoniker
Herbert von Karajan
C-major 761504
von Peter Sommeregger
Das akustische und filmische Erbe des Stardirigenten Herbert von Karajan ist sehr umfangreich. Karajan hat praktisch sein gesamtes Repertoire mehrfach für Ton- und Bildträger eingespielt. So ist er medial auch mehr als dreißig Jahre nach seinem Tod noch äußerst präsent.
Soeben ist sein Salzburger „Falstaff“ als Mitschnitt der Festspiele von 1982 auf Blu-ray erschienen. Diese neue Technik kann die Bildqualität so alten Materials nicht entscheidend verbessern, aber akustisch ist die Aufnahme von begeisternder Präsenz und Klarheit.
Karajan, der ja meistens bei seinen Opernproduktionen selbst Regie führte, erweist sich auch in diesem Fall als kluger Arrangeur der Szene, eine markante Handschrift kann man beim Regisseur Karajan aber nicht erkennen. Und doch erweckt diese in ihrer Zeit und an ihrem Ort belassene Schilderung der Handlung nostalgische Sehnsüchte. Für diese Aufführung muss man nicht erst einen Opernführer oder Wikipedia bemühen, die pralle Handlung wird einem in authentischer Form vorgesetzt und lebt von der Persönlichkeit und der Spielfreude der Darsteller.
Die Besetzungsliste liest sich wie eine Aufzählung der großen Namen der damaligen Gesangsszene. Allen voran der perfekt geerdete Giuseppe Taddei in seiner Paraderolle als Falstaff. Er kostet alle sinnlichen Nuancen der Partie mit seinem vollen Bassbariton genüsslich aus, spielt ohne Übertreibungen und ist souveränes Zentrum der Aufführung. Ein perfekter Gegenspieler ist Rolando Panerai, dessen Ford, übrigens seine Paraderolle, von baritonalem Wohllaut und ebenfalls großer Spielfreude gezeichnet ist. Francisco Araiza als Fenton singt untadelig, bleibt als Figur aber blass.
Das Quartett der Damen führt Raina Kabaivanska mit schönem lyrischen Sopran sicher an, ebenso sicher agiert Janet Perry als ihre Tochter Nannetta, Trudeliese Schmidt bringt die schönen Farben ihres Mezzosoprans in das Quartett ein, das aber eindeutig von der überwältigenden Christa Ludwig dominiert wird. Die Künstlerin, damals bereits über 50 Jahre alt, agiert mit Witz und Temperament, stimmlich ist ihr voller, reifer Mezzosopran ideal für die sehr tief liegende Partie der Mrs. Quickly geeignet. Sie und Taddei machen ihre gemeinsame Szene zum Höhepunkt der Oper.
Die Wiener Philharmoniker spielen unter Karajan in Bestform, die permanente unausgesprochene Konkurrenz mit den Berliner Philharmonikern als Karajans erstem Orchester trieb die Musiker damals immer wieder zu Höchstleistungen an, schließlich waren die Berliner das Orchester von Karajans Osterfestspielen.
Resultat dieser Kombination ist eine Aufführung auf einsam hohem Niveau. Man trauert ein wenig der Zeit nach, als die Musik und die Sänger noch das eindeutige Primat in der Oper besaßen.
Peter Sommeregger, 6. Februar 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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