Daniel Harding feiert Gustav Holst

Daniel Harding feiert Gustav Holst  Berliner Philharmonie, 25. Januar 2025

Daniel Harding © Julian Hargreaves

Fast zwei Jahrzehnte stand Gustav Holsts The Planets nicht auf dem Programm der Berliner Philharmoniker, nun brachte Daniel Harding den Orchesterklassiker endlich wieder auf die Bühne dieses Weltspitzenorchesters. An der Spitze eines feierlichen Orchesterabends standen allerdings die fünf mit überragender Klarheit musizierten Schönberg-Orchesterstücke. 

Berliner Philharmoniker
Daniel Harding, Dirigent

Damen des Rundfunkchors Berlin
Martina Batič, Choreinstudierung

Werke von Brett Dean, Arnold Schönberg und Gustav Holst

Berliner Philharmonie, 25. Januar 2025

von Johannes Karl Fischer

Ich wage mal zu behaupten, kaum jemand in der klassischen Orchesterwelt kennt Gustav Holsts energetische, grandios begeisternde Suite The Planets nicht. So zu mindestens die Stimmung auf der Bühne der Laeiszhalle, als ich dieses Werk dort vor einigen Jahren aufführte.
Doch ein Blick ins heutige Programmheft verriet „Zuletzt bei den Berliner Philharmonikern im März 2006“… Wie oft hat dieses Orchester seitdem Bruckner 8. gespielt? Oder soll man den fünften Satz nun etwa „Saturn, the bringer of scarcity“ – „Saturn, der Bringer der Seltenheit“ nennen?

Egal, zur Feier des Tages stürzte Daniel Harding die Berliner Philharmoniker schon vor den ersten Planeten-Klängen mit Feuer und Flamme in ein rundum begeisterndes Programm! Mit viel Einsatz ließ er Brett Deans musikalisches Feuerwerk namens Komarov’s Fall im Saal toben und holte die ganze musikalische Weltall-Energie souverän aus dem Orchester heraus. Die grenzenlose, doch stets sinnige Kraft dieser Klänge resonierte souverän im Raum, als wäre das Werk eigens zur feierlichen Wiederaufführung von einer gewissen spätromantischen Orchestersuite komponiert…

Zum eigentlichen Highlight des heutigen Konzertabends wurden allerdings Schönbergs Fünf Orchesterstück op. 16. Sanft sausten die Geigen durch die raschen musikalischen Vorgefühle, jede einzelne Note fand auf gänzlich natürliche Weise ihren Sinn inmitten dieser flirrenden, schimmernden Phrasen. Das war selbst in der ziemlich einsamen orchestralen Spitzenliga dieses Klangkörpers eine absolute Paradeleistung der Zwölftonmusik, völlig mühelos entschlüsselten sie die für Orchester wie Publikum sehr fordernde Partitur in eine magische Welt an wohlklingenden Schönberg-Melodien. Herr Harding ließ die zutiefst innigen Emotionen und bunten klanglichen Farben dieser Musik mit atemberaubender Klarheit im Saal brillieren!

Leider setzte sich gerade diese musikalische Klarheit mindestens mal nicht nahtlos nach der Pause fort. Ausgerechnet der fast schon überwältigende Mars-Satz geriet Harding ein wenig undifferenziert laut. Fast unüberhörbar schallte das von Holst komponierte Dauerfortissimo souverän im Blech, so richtig in Fahrt kommen wollte der musikalische Kriegsbringer aber irgendwie nicht. Einige Einsätze gerieten ungewohnt unpräzise, das Orchester schien sich an der einen oder anderen Stelle erst einmal warm spielen zu müssen. Auch die äußerst ausgelassene Fröhlichkeit im Jupiter bremste Harding immer wieder durch einige leicht überspitzt gedehnte Phrasen ein wenig aus.

Also sollte es heute bei einer sehr guten, nicht aber überragend souveränen Aufführung der im Rampenlicht stehenden Planeten-Suite bleiben? Von wegen: Zum Ende des Abends zündeten alle Beteiligten nochmal ordentlich den musikalischen Turbo. Die wuchtig mitreißenden Melodien des Uranus-Zauberers paukten souverän und wuchtig in die Ohren des Publikums, selbst das mächtigste Klassik-Instrument namens Orgel stellten sie dabei ziemlich in den Schatten. Auch die reinste, höchste Kraft der innig atmenden Posaunen-Melodien ließ einen souveränen Sog im Saal resonieren.

Schlussapplaus ©  Johannes Fischer

Besonders effektvoll gelang der fast unmerklich komponierte Choreinsatz am Ende des Werks, wie ein funkelndes Echo des musikalischen Universums segelte dieser wunderbar flüsternde Gesang durch eine Seitentür in den Saal. Die Schlusstakte verschwanden zauberhaft in der schweigenden Stille des absoluten Nichts, da hatte auch kein halber Hauch eines Papierraschelns mehr Platz. Fast spürte man das Publikum mit dem Orchester mitatmen…

Die Philharmonischen Planeten-Festspiele in Berlin gingen also ebenso souverän zu Ende wie sie begannen. Seinen Vorgänger Rattle und dessen souveräne Einspielung dieser Suite konnte Harding zwar mit Holst nicht überbieten, wohl aber mit diesen die Zwölftonmusik entschlüsselnden Schönberg-Stücken!

Johannes Karl Fischer, 26. Januar 2025 für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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