Deutsche Oper Berlin © Leo Seidel
Eine grundsolide Planung, die aber letztlich doch wie eine Torte ohne Backpulver wirkt. Schade!
von Peter Sommeregger
Frei nach diesem Goethe-Zitat lud die Deutsche Oper Berlin dieses Jahr zu einer ungewöhnlichen Spielplan-Präsentation für die Saison 2025/26. In Form eines moderierten Konzertes gab es knappe Informationen, dafür erfreulich schönen Gesang.
Die nächste Spielzeit wird von Christoph Seuferle, dem bisherigen Operndirektor kommissarisch geleitet. Der Berliner Kulturpolitik ist es wieder einmal nicht gelungen, einen nahtlosen Übergang zwischen der Intendanz von Dietmar Schwarz und seinem Nachfolger Aviel Cahn zu ermöglichen. Ebenso ist ungeklärt, wer auf GMD Sir Donald Runnicles folgen wird, eine Personalie, die offenkundig halbherzig behandelt wurde, möglicherweise ein Versäumnis des inzwischen zurückgetretenen Kultursenators Joe Chialo.
Am 1. November wird es einen neuen „Tristan“ geben, womit die schwer erträgliche Inszenierung Graham Vicks entsorgt wird. Es handelt sich allerdings nur um eine Übernahme aus Genf, wo Michael Thalheimers Inszenierung 2024 Premiere hatte. Der Feinripp-Siegfried Clay Hilley und die aufstrebende Elisabeth Teige bringen zumindest einiges an Gewicht mit. An diesem Abend war Isoldes Liebestod von Maria Motolygina als ein Versprechen an die Zukunft dieser Stimme zu hören.
Als zweite Premiere ist Umberto Giordanos „Fedora“ vorgesehen. Sie wird von Christof Loy inszeniert, was auf einen spannenden Abend hoffen lässt, zumal der Tenor Jonathan Tetelman und Vida Miknevičiūtė in den Hauptrollen angekündigt sind. Tetelman ließ als Vorgeschmack die berühmte Arie des Loris als Appetithappen hören.
Nach gefühlten Ewigkeiten schafft es Albert Lortzings „Zar und Zimmermann“ wieder auf eine Bühne von Lortzings Heimatstadt Berlin. Seine Werke, und die Deutschen Spieloper insgesamt, hat leider die aktuelle Theaterästhetik in der Versenkung verschwinden lassen. Der Tenor Kieran Carrel besang das Flandrische Mädchen mit feinem lyrischen Tenor.
Händels „Giulio Cesare in Egitto“ wird in einer schon weit gereisten Inszenierung von David Mc Vicar herauskommen, mit der Arie der Cleopatra konnte Elena Tsallagova schon einmal beim Publikum punkten.
Rossinis erfolgreiche Oper „L’Italiana in Algeri“ vertraut man Rolando Villazón an, dem Mann, der sich nach dem frühen Ende seiner Gesangskarriere auf allerlei Gebieten versucht, die er alle nicht beherrscht. Vergnüglich war aber die Ensembleszene aus der Oper, die für Heiterkeit im Publikum sorgte.
„Le nozze di Figaro“ von Mozart wird zwar nur eine halbe Premiere sein, da man eine Inszenierung von Götz Friedrich revitalisiert, ein heute üblicher, aber trotzdem zweifelhafter Trend. Mit der Arie der Gräfin konnte allerding Federica Lombardi berechtigten Jubel einfahren.
Zusätzlich wird es noch eine Oper für Kinder „Die drei Rätsel“ von Detlev Glanert geben, der 2019 mit Oceane einen verdienten großen Erfolg am Haus feiern konnte.
Höhepunkt des kurzen Abends war die Verleihung der Ehrenmitgliedschaft des Hauses an die Mezzosopranistin Doris Soffel, seit 40 Jahren Ensemblemitglied, immer noch aktiv und in zahllosen Rollen ein Liebling des Publikums. Mit dem Strauss-Lied „Zueignung“ bedankte sie sich für den frenetischen Applaus.
Beim Blick in das umfangreiche Spielzeit-Heft wird allerdings sichtbar, dass auch die Deutsche Oper Berlin wohl deutlichen Sparzwängen unterliegt. Vieles im Repertoire scheint seltsam ausgedünnt, von Richard Strauss etwa gibt es nur zwei Elektra-Aufführungen, die kontrovers aufgenommenen Tobias-Kratzer-Inszenierungen der letzten Spielzeiten sucht man vergeblich. Auch setzt man weitgehend auf solide Besetzungen aus dem Ensemble, das muss kein Nachteil sein, aber zur Oper gehören eben auch die großen Namen, von denen es allerdings immer weniger gibt.
Fazit: eine grundsolide Planung, die aber letztlich doch wie eine Torte ohne Backpulver wirkt. Schade!
Peter Sommeregger, 20. Mai 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.
Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Barcelona, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.
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